
So viele Tränen habe ich vergossen. Denn ich wollte es. Ich wollte es so sehr. Doch das Stillen meines Sohnes hat leider nicht so richtig geklappt. Die Gründe waren vielfältig. Doch am Ende hatte ich zu wenig Milch und die Milchmenge ließ sich auch nicht steigern. Egal, was ich versuchte. Doch bis ich das akzeptieren konnte, verging eine Menge Zeit. Ich habe alles gegeben, jeden Trick ausprobiert. Meine Hebamme genauso, indem sie jede mögliche Technik mit mir testete. Doch manchmal können Mamas einfach nicht (voll) stillen. Oder wollen es nicht. Da bin ich nur eine von vielen, doch kaum jemand traut sich, darüber zu sprechen.
Letztendlich habe ich sechs Monate lang den Mix aus Abpumpen, Stillen, Fläschchengeben (Muttermilch und Pre-Milch) gelebt – oder sollte ich besser sagen überlebt? Denn, ja, es war ein Ritt der Gefühle. Doch das i-Tüpfelchen an dieser emotionalen Problematik: die übergriffigen Kommentare Dritter, die wie ein Messer in einer bereits vor Blut triefenden Wunde herumstocherten. STOPP: Das muss nicht sein. Ein paar Beispiele für verletzende Sätze, die sich andere (nicht involvierte) Personen lieber verkneifen sollten, findet ihr hier …
Über den Druck, stillen zu müssen
Auch ich kenne diesen Druck. Er kann ziemlich schwer auf der Seele einer jungen Mama wiegen. Denn das Bild einer (scheinbar) perfekten Mutter zeigt eine Frau, die ihrem Kind die Brust gibt. Aber ist dieses Bild nicht etwas veraltet? Nicht jede Frau kann oder will ihr Baby stillen. Doch von gesellschaftlicher Akzeptanz ist häufig nicht die Spur. Und wenn eine Mutter sich mal traut, offen darüber zu sprechen, dass ihr Kind keine Muttermilch bekommt oder unterwegs die Flasche zum Füttern hervorholt, hagelt es verständnislose Blicke und verletzende Kommentare. Emanzipation wird zwar in unserer heutigen Gesellschaft großgeschrieben, doch trotzdem werden nicht stillende Frauen noch oft von anderen Frauen oder Männern dafür verurteilt. Oder mehr noch: Es wird einfach davon ausgegangen, dass jede Neu-Mama stillen wird. Ob im Geburtsvorbereitungskurs, in der Krabbelgruppe oder beim Kinderarzt.
Doch nicht alle Frauen können den Druck ertragen, ihr Baby allein mit ihrem Körper zu ernähren. Seinen Körper teilen, ständig verfügbar sein, Schmerzen haben: Andere Mütter wählen von Anfang an die Option Fläschen. Und das ist doch auch okay so. Auch das Füttern mit der Flasche hat Vorteile, denn so kann beispielsweise auch der Partner diesen wichtigen Part erleben – und Frau bekommt ihren Körper nach Schwangerschaft und Geburt wieder zurück. Allerdings kommen durch das "nicht stillen" oft auch Gefühle des Versagens und ein schlechtes Gewissen zum Vorschein. Mamas, die ihrem Baby keine Muttermilch geben, denken schnell, sie seien eine schlechte Mutter. Der gesellschaftliche und psychische Druck ist einfach zu groß.
"Ähm, ja, es tut weh. Aber durch die Schmerzen muss jeder durch!"
Starke Schmerzen beim Stillen, wunde Brustwarzen, Milchstau, Brustentzündungen, Risse in den Brustwarzen: Nicht jede Frau kann solche Stolpersteine einfach so verkraften. Und nicht jede Mama kann es sich leisten, sich dann auch sofort Hilfe zu holen (z. B. Stillberatung oder Brustwarzen lasern). Der Satz "Da muss man eben durch“ sagt doch eigentlich eines ganz deutlich aus: Stillen kann eine starke Überwindung sein. Denn nicht bei jeder Frau verschwinden die Schmerzen nach einer Zeit. Vielleicht auch mal eine Möglichkeit, zu kontern …
"Aber Muttermilch ist doch das Beste für dein Kind"
Ja, das stimmt. Seinem Baby die Brust zu geben, hat viele Vorteile. Und alles kann auch die beste Pre-Milch nicht ersetzen. Stillen ist am gesündesten. Punkt. Aber was hinter dem Satz noch stecken kann: "Willst du nicht das Beste für dein Kind?" Vielen Menschen fehlt das Verständnis dafür, dass das Stillen nicht immer der beste Weg für Mutter und Kind ist. Und einige Mütter können einfach nicht voll stillen, wollen es aber gern. Das kann sehr viele Gründe haben. Dann tut dieser Satz doppelt weh.
"Dann hast du es nicht genug versucht/gewollt"
Personen, die so einen Satz von sich geben, wissen vielleicht einfach nicht, dass es viele Gründe geben kann, warum das Stillen manchmal nicht klappt. Das können Schmerzen oder Stress sein, ein komisches Körpergefühl, psychischer Druck, eine traumatische Geburt oder körperliche Probleme. Manchmal verweigert ein Baby auch aus anderen Gründen die Brust und/oder schreit und brüllt sie nur an. Es kann verletzend sein, dann als Mutter zu hören, dass man nicht alles gegeben hat.
"Willst du eine Bindungsstörung riskieren?"
Ähm, Entschuldigung, nein. Aber auch beim Fläschchengeben können Mama und Baby ordentlich kuscheln und Nähe lässt sich auch auf viele andere Arten aufbauen. Dass das Stillen eine ganz besondere Beziehung zwischen Mutter und Kind fördert, stimmt zwar, doch diese lässt sich auch anders unterstützen. Und manchmal kann der Aufbau dieser magischen Beziehung tatsächlich gestört sein, weil es der Mutter psychisch oder körperlich nicht gut geht. Doch die Entscheidung, nicht zu stillen, kann dann zur großen Erleichterung werden. Und das Risiko einer Bindungsstörung ist dahin. Erst nachdenken, dann sprechen, liebe Leute. Ihr wisst nicht, welche Geschichte dahintersteckt …