
Erinnert ihr euch noch an den "Trend" im letzten Frühjahr, aus Fertig-Käsekuchen kleine Mini-Schultüten am Stiel zu kreieren? Man schnitt den Kuchen in zwölf Teile, tunkte sie in Schokolade und streute bunte Deko darüber. Das ist nicht kompliziert, dauert aber natürlich trotzdem ein bisschen. "Nette Idee, aber für sowas haben Mütter keine Zeit", war der Grundtenor darunter.
Oder kennt ihr Sabine von Pausenbrotjunkie? Sie ist auf Instagram und Tiktok mit Reels erfolgreich geworden, in denen sie richtig kreative Brotboxen zubereitet. Ich habe sie und einige ihrer Ideen in einem Artikel vorgestellt und diesen bei Facebook gepostet. Die häufigsten Kommentare dazu: "Und ICH soll jetzt ein schlechtes Gewissen haben, weil ich das nicht mache?" und "Na ja, wer sonst nichts zu tun hat …"
Egal, ob jemand eine kunterbunt verzierte Torte zum dritten Geburtstag backt, eine kunstvolle Dschungellandschaft ins Kinderzimmer pinselt oder die Brotdose in ein essbares Blumenbeet verwandelt: Anstatt das als Inspiration zu verstehen, wenn man selbst mal wieder komplett unkreativ ist oder keine Zeit hat, selbst Ideen auszutüfteln, schreiben viele Mamas abschätzige Kommentare darunter, fragen sich, wie man "für sowas Zeit haben kann" oder, noch schlimmer, fühlen sich von den Werken unter Druck gesetzt. Das beobachte ich übrigens nicht nur im Internet, sondern auch im echten Leben. Kaum legt sich jemand mal etwas mehr ins Zeug als unbedingt nötig, sind die ersten Unkenrufe nicht weit. WAS SOLL DAS?!
Was haben Dinge, die man FÜR ein Kind tut, mit anderen Erwachsenen zu tun? Warum fühlen sich Mamas (Väter entdecke ich tatsächlich so gut wie nie in diesen Kommentaren) sofort davon angegriffen, wenn sich jemand Mühe gibt? Das tun wir doch alle jeden Tag auf irgendeine Weise – und jede auf ihre Art. Nur weil man es nicht sehen kann, ist es kein bisschen weniger wert!
Die eine schnitzt und bastelt Gemüse-Gesichter. Die andere spielt stundenlang Rollenspiele mit den Kindern. Die nächste begleitet ihre Fünfjährige noch immer jeden Abend 1,5 Stunden in den Schlaf ohne die Geduld zu verlieren. Ich selbst nähe nächtelang ganze Kollektionen für mein Kind. Und ja, manchmal schnitze ich Gemüse-Gesichter. Warum ich das mache? Weil ich weiß, dass sich meine Tochter richtig doll darüber freut und es ihr den Start in den Kita-Tag erleichtert. Will ich damit anderen Mamas ein schlechtes Gewissen machen? Sicher nicht.
Können wir bitte aufhören, alles madig zu machen, womit sich andere Mamas viel Mühe geben, egal ob es die Einschlafbegleitung, allabendliches Herumtoben oder die 12-teilige DIY-Kollektion ist? Nur weil wir etwas nicht gut können, keine Lust darauf haben oder keine Zeit, heißt das doch nicht, dass es auch sonst niemand machen darf. Jede Mama ist anders – und übrigens auch jedes Kind. Was das eine Kind glücklich macht, kann einem anderen total egal sein. Ich hätte meiner Tochter wirklich mit Vergnügen eine fette Geburtstagstorte gebaut, sie bestand aber auf die Benjamin-Blümchen-Torte aus dem Tiefkühler.
Wie schrieb eine unserer Followerinnen auf Instagram so schön: "Egal, was wir machen: Es geht doch einfach darum, dass wir alle unsere Kinder (und auch uns als Mama) glücklich machen wollen." Lasst uns also lieber wieder mehr auf UNS schauen und stolz auf das sein, was wir selbst jeden Tag so leisten. Das ist nämlich, Gemüsegesichter hin oder her, eine ganze Menge!