Schicksalsgeschichte

Vera erfuhr kurz nach der Geburt von ihrem Tumor

Ihr jüngstes und drittes Kind ist erst ein paar Wochen alt, da bekommt die junge Mutter Vera die Schock-Diagnose: Sie hat Krebs. Ein harter Kampf gegen den Tumor beginnt – doch das ist noch nicht alles, was das Schicksal für sie bereithält. Für uns hat die 34-Jährige ihre Geschichte aufgeschrieben, die glücklicherweise gut ausgeht.

Vera erfuhr kurz nach der Geburt ihres dritten Kindes, dass sie Krebs hat. Das Bild zeigt sie nach der großen Operation 2014.© Foto(s): Käflein Fotodesign, privat
Vera erfuhr kurz nach der Geburt ihres dritten Kindes, dass sie Krebs hat. Das Bild zeigt sie nach der großen Operation 2014.

Ein Sonntag im Juli 2014. Während gefühlt ganz Deutschland euphorisch vor den Bildschirmen saß und dem Finale der Fußball-Weltmeisterschaft folgte, stand ich wie versteinert vor dem großen Spiegel im Schlafzimmer und starrte auf meinen Hals. Aus dem Wohnzimmer drang fröhliches Gelächter meiner zwei älteren Kinder und aufgeregtes Stimmengewirr der Gäste, die zahlreich zu unserer "WM-Finale & Baby-Begrüßungsparty" gekommen waren. Ich selbst aber war mit einem Schlag weit entfernt von der Feierstimmung nebenan. Schweiß lief meinen Rücken herunter. Mein Herz raste. Ich drehte und wendete meinen Kopf panisch in unterschiedlichste Positionen vor dem Spiegel, in der verzweifelten Hoffnung, der eben entdeckte Knoten sei bloß eine optische Täuschung gewesen. Doch egal aus welcher Richtung ich guckte, der Knoten am Hals blieb. Panik pochte in meinem Körper. Ich hob meinen kleinen, neugeborenen Sohn von der Wickelkommode und legte ihn sanft in meinen Arm. "Das wird schon nichts Wildes sein!" redete ich mir ein und versuchte mit aller Kraft, mein lautstark widersprechendes Unterbewusstsein zu ignorieren. Doch egal wie sehr ich mich wehrte: Die Angst blieb.

Zuerst Entwarnung, dann die Einlieferung ins Krankenhaus

Selbst als sowohl meine Hebamme als auch kurze Zeit später meine Hausärztin Entwarnung gegeben hatten und der Meinung waren, die Wölbung an meinem Hals sei bloß eine harmlose Zyste, setzte bei mir nicht die erhoffte Erleichterung ein. Sträubte sich innerlich zwar alles gegen den Gedanken, dass der erste, lang herbeigesehnte Sommer zu fünft nun ganz anders verlaufen sollte als geplant, spürte ich insgeheim doch von Anfang an, dass mein schlechtes Bauchgefühl recht behalten würde ... 

Meine Frauenärztin war die Erste, die meine Sorgen ernst nahm. Ich war ursprünglich nur in ihre Praxis gekommen, um meine frische Kaiserschnittnarbe kontrollieren zu lassen. Doch sie erschrak beim Anblick meines Halses zutiefst und konnte sich nicht erklären, warum nicht schon früher weitere Abklärungen veranlasst wurden. Sie schickte mich sofort zum gegenüberliegenden HNO-Arzt, der mich noch am selben Tag ins Krankenhaus überwies. Dort wurde nach zwei weiteren langen Untersuchungstagen beschlossen, dass eine Operation unumgänglich sei. Der Gedanke, mich für die paar Stunden der ersten Operation von meinem wenige Wochen alten Baby trennen zu müssen, war für mich unvorstellbar grausam. Ich ahnte zum Glück noch nicht, dass das nur der Beginn eines langen, beschwerlichen Weges sein würde.

Strahlentherapie mit Isolation von den Kindern

Der entnommene Knoten stellte sich letztendlich als Metastase eines bösartigen Tumors auf meiner Schilddrüse heraus. Bestürzte Blicke, Räuspern. "Frau Käflein, Sie haben Krebs", schallte es in meinen Ohren. Mein Säugling auf der Brust, Krebs im Hals, Todesangst im Bauch. Das Leben stand still. Anstatt wie andere Familien in den Sommerurlaub zu fahren, stillte ich mein Baby ab und unterzog mich erneut einer großen Operation, in der 60 weitere Lymphknoten und die Schilddrüse entnommen wurden. Bei der anschließenden, inneren Strahlentherapie, bei der ich radioaktives Jod schluckte und ich mich für über eine Woche von meinen drei Kindern isolieren musste, sollte der Krebs verjagt und mein Leben gerettet werden. Das war der Plan. Die Umsetzung war langwieriger und schmerzhafter als gedacht. 

Der Albtraum schien von Neuem zu beginnen

Nach vielen Monaten konnte ich zwar endlich das Krankenhaus verlassen, doch das Zurückfinden in den Alltag war schwer. Ich war so erschöpft, hatte kaum Kraft – und total verunsicherte Kinder. Die Folgen der Operationen und Strahlentherapie waren taube Hände und ein gelähmtes Stimmband. Extremer Kalziummangel und Hormonchaos plagten mich zusätzlich, und die innere Sicherheit wackelte gewaltig nach diesem heftigen Sturm der letzten Wochen ... 

Meine Beziehung hat den Krebs nicht überlebt. Kurze Zeit später kam es zur Trennung. Gerade als ich mich nach dieser erneuten Krise langsam besser fühlte, es auch gesundheitlich endlich aufwärts ging und ich dachte, es gehe nun nach dieser langen schweren Zeit wieder bergauf, entdeckte ich an einem Sommermorgen 2016 – genau zwei Jahre nach meiner Krebsdiagnose – plötzlich einen Knoten am Hals meines vierjährigen Sohnes. An der gleichen Stelle wie damals bei mir. Der Albtraum schien von Neuem zu beginnen. 

Überraschende Nachricht

© Foto: privat
Ihre Kids sind Veras ganzer Stolz! Bei diesem Ausflug wechselten sie sich mit dem Kinderwagenschieben ab.

Ich kann nicht in Worte fassen, wie froh ich bin, dass nicht nur ich, sondern vor allem mein Kind überlebte: Sein Tumor war gutartig. Heute ist er acht Jahre alt – und topfit. Was mir extrem geholfen hat, ist, all meine teilweise grausamen, aber auch immer wieder hoffnungsvollen und lehrreichen Erfahrungen aufzuschreiben. An dem Tag, an dem ich fertig war mit der Dokumentation meiner Lebensgeschichte, erfuhr ich völlig überraschend, dass ich entgegen aller medizinischer Prognosen nach meiner Krebserkrankung schwanger von meinem neuen Partner geworden war. Deutlicher hätte mir das Leben nicht aufzeigen können, dass nun tatsächlich neue und viel gesündere Zeiten angebrochen waren und das alte Kapitel Krebs endgültig beendet war. 

Sonnenschein nach dunklen Zeiten

© Foto: privat
Tom, das kleine Wunder: Kaum ein Arzt hätte gedacht, dass Vera noch einmal Mama wird.

Vor drei Monaten ist Tom gesund und munter auf die Welt gekommen, und ich erlebe seither mit meinem Freund und meinen vier Kindern das schönste und friedlichste Wochenbett, das ich mir nur hätte wünschen können – ganz unabhängig davon, dass die Welt da draußen gerade verrückt zu spielen scheint. Nach alldem, was uns in den letzten Jahren widerfahren ist, können wir dieses Familienglück heute noch intensiver genießen und schätzen. Ich glaube, ich war noch nie in meinem Leben so dankbar ,wie ich es heute als wieder gesunde und überglückliche Mama von meinen vier wunderbaren Kindern bin. Und nie zuvor wurde mir klarer vor Augen gehalten, dass selbst nach dunkelsten Stunden irgendwann die Sonne wieder scheint. 

Unser Buchtipp: "Ihr wart mein Licht an dunklen Tagen"

Wenn ihr die ganze, beeindruckende Geschichte von Vera Käflein lesen und sie unterstützen wollt, lest gerne auch ihr Buch: "Ihr wart mein Licht an dunklen Tagen – meine drei Kinder, der Krebs und ich". Es ist 2020 kurz vor der Geburt ihres vierten Kindes bei Lübbe erschienen.

285 Seiten, 10 Euro, über Amazon*
 

Autorin: Vera Käflein

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