Grenzüberschreitend

Sätze, die Eltern von Einzelkindern nicht mehr hören können

Kann es sein, dass es möglicherweise Gründe gibt, warum jemand (gewollt oder ungewollt) "nur" ein Kind hat? Und dass das eigentlich niemanden etwas angeht? Wir haben euch Sätze aufgelistet, die man gegenüber Einzelkind-Eltern besser nicht äußert.

Klare Sache: In den meisten Fällen sind Nachfragen, wann denn Nummer 2 geplant sei, schlimmstenfalls unbedacht, aber keineswegs böse gemeint. Dennoch: Für Eltern eines Einzelkindes wird es mitunter anstrengend und nervig, wenn sie immer dieselben Fragen beantworten müssen. Daher lest ihr hier, welche Sätze ihr lieber vermeidet.

Kinder brauchen andere Kinder.

Natürlich brauchen Kinder andere Kinder. Aber das müssen nicht zwangsläufig Geschwister sein. Bis zu einem Alter von etwa zweieinhalb Jahren spielen sie ohnehin mehr nebeneinander her als miteinander. Und dann sind viele Kinder in einer Einrichtung und haben in der Kita täglich Kontakt zu anderen Kindern.

Ihr verwöhnt euer Kind viel zu sehr.

Zumindest im Babyalter gibt es kein Verwöhnen. Und auch später kann ungeteilte Aufmerksamkeit dem Kind vermitteln, dass es wichtig ist und wertgeschätzt wird. Das ist gut fürs Selbstbewusstsein, das wir bekanntlich alle gebrauchen können. Und – ich selbst habe auch ein Einzelkind – es muss nicht sein, dass Einzelkinder alles bekommen, was sie wollen und nichts selber machen. Bei uns gibt es klare Aufgaben, unser Sohn ist für sein eigenes Zimmer zuständig und auch die Geschenke halten sich in Grenzen. Für ihn ist es selbstverständlich, dass er anderen – zum Beispiel auf dem Spielplatz – etwas abgibt, wenn er was zu Knabbern dabei hat. So etwas lernen die Kinder ja auch, wenn man es ihnen als Erwachsene vorlebt.

Einzelkinder sind egoistisch.

Siehe oben. Gerade weil dies ein so gängiges Vorurteil ist, achten wohl die meisten Einzelkind-Eltern besonders darauf, dass ihr Kind nicht egoistisch wird. Und vielleicht fällt es ja sogar leichter, freiwillig etwas abzugeben und anderen zu helfen, wenn man im Alltag zu Hause durch andere Geschwister nicht ständig dazu gezwungen wird ...

Es ist egoistisch, nur ein Kind zu bekommen.

Echt jetzt? Und wer hat das Recht, das zu beurteilen? Es gibt doch keine gerechtfertigte Grundlage, die besagt, wie viele Kinder Eltern bekommen müssten. Vielleicht sprechen medizinische Gründe gegen ein weiteres Kind oder man ist einfach im Alltag ausgelatet genug und möchte auch noch etwas Energie für sich selbst haben? Abgesehen davon ist es auch sinnvoll, dem Kind etwas Selbstfürsorge vorzuleben. Das hat nichts mit Egoismus zu tun. Vielleicht würde ein weiteres Kind auch der Partnerschaft nicht guttun oder man fühlt sich inzwischen zu alt? Und kann es nicht sein, dass man sich mit einem Kind einfach komplett zufrieden und als Familie vollständig fühlt?

Ach so, deshalb ist sie/er so schüchtern.

Schüchternheit hängt wohl kaum damit zusammen, ob ein Kind Geschwister hat oder nicht. Vielmehr ist es ein Persönlichkeitsmerkmal, das man ebenfalls nicht bewerten sollte. Es gibt eben schüchterne Kinder und kleine Draufgänger. Einige sind von Natur aus eher zurückhaltend, andere stehen gerne im Rampenlicht und können mit ihrer Begeisterung andere mitreißen. Beides hat Vor- und Nachteile (ist aber unabhängig davon, ob man Einzelkind ist oder Geschwister hat).

Euer Kind wirkt ja gar nicht wie ein typisches Einzelkind.

Siehe oben. Was bitte ist ein "typisches Einzelkind"? Alle Kinder sind verschieden und das ist auch gut so. Es ist unglaublich, wie hartnäckig sich die Vorurteile halten, Einzelkinder seien sozial inkompetent, empathielos, können nicht teilen etc. Vielmehr machen doch alle Kinder verschiedene Entwicklungsphasen durch und erleben die verschiedensten Stimmungen, sind mal trotzig, mal liebevoll, dann wieder aufbrausend oder kuschelig. Zudem gab es schon in der Achtzigern Untersuchungen, die zeigten, dass Einzelkinder keine Nachteile haben, sondern in den wenigen Punkten, die sie von anderen Kindern unterscheiden, sogar besser abschneiden und beispielsweise oft eher Verantwortung übernehmen. Schließlich sind sie es gewöhnt, für sich einzustehen, da sie zu Hause niemand anderem die Schuld in die Schuhe schieben können.

So lernt euer Kind ja gar nicht, wie man Konflikte austrägt.

Das lernt es sehr wohl: In der Kita, in der Schule, nachmittags mit Freunden, aber durchaus auch zu Hause mit den Eltern. Und in manchen Fällen ist es sogar sehr hilfreich, wenn man gelernt hat, Dinge eigenständig und mit sich selbst ausmachen und sich auch alleine beschäftigen zu können. Diese Gelegenheit haben Einzelkinder tendenziell öfter als Kinder mit Geschwistern.

Das muss so einfach sein mit nur einem Kind ...

Ach ja? Natürlich muss man keine Geschwisterstreitereien schlichten und muss sich auch nicht überlegen, welches Auto man braucht, in das (bspw.) drei Kindersitze nebeneinander reinpassen. Klar, man hat auch sämtliche Formalitäten für Behörden wie Kita und Schule nur einmal zu erledigen. Auf der anderen Seite höre ich von vielen Eltern, die mehrere Kinder haben, dass der Unterschied von keinem zu einem Kind mit Abstand die größte Lebensumstellung bedeutete. Zudem haben wir auch mit einem Kind sicher dieselben Ängste und Sorgen wie Eltern mit mehreren Kindern. Und wenn man denkt, dass einem mehrere Kinder zu anstrengend sind und man mit einem ausgelastet genug ist, kann man sich ja bewusst dafür entscheiden, "nur" ein Kind zu bekommen.

Dann bekommt ihr ja gar keine Enkel, wenn euer Sohn/eure Tochter keine Kinder will.

Klar, damit muss man rechnen, das man später nicht Oma oder Opa sein wird. Aber auch bei zwei oder mehreren Kindern gibt es darauf keine Garantie. Ich selbst habe drei Geschwister, nur eins von ihnen hat ebenfalls Kinder. Und nach wie vor sollte doch jede/r für sich selbst entscheiden können, ob man Kinder in die Welt setzen will oder nicht. Dabei sollten die Wünsche und Erwartungen der eigenen Eltern einen möglichst nicht beeinflussen, denn es ist und bleibt doch eine ganz individuelle und private Entscheidung. Zugegeben, ich hätte auch gerne mal Enkel, aber dennoch wünsche ich meinem Sohn, dass er die Entscheidung, ob er später Vater werden will, ganz aus sich heraus treffen kann – ohne äußere Beeinflussung oder Erwartungsdruck.

Dann ist euer Kind ja ganz alleine, wenn es sich später um euch kümmern muss.

Ja, da ist was dran. Aber 1. hoffe ich, dass wir es schaffen, uns selbst so weit abzusichern, dass unser Sohn keine große (finanzielle) Last schultern muss, wenn wir alt sind.
2. erzählte mir eine Bekannte, die selbst Einzelkind ist, dass sie es sehr früh gelernt hat, sich auf enge Freunde zu verlassen und sich ihre Ersatzgeschwister quasi selbst gesucht hat. Die gehen dann mit einem durch Dick und Dünn, ähnlich wie Geschwister, wenn es gut läuft.
3. gibt es auch hier bei Geschwistern keine Garantie, dass sie sich gemeinsam um die alten Eltern kümmern.

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