Wenn die Schwiegermutter bei der eigenen Tochter besitzergreifend wird.© Foto: iStock/monkeybusinessimages
Wenn die Schwiegermutter bei der eigenen Tochter besitzergreifend wird.

Als ich zu Hause verkündete, mit dem zweiten Kind schwanger zu sein, war meine Schwiegermutter außer sich vor Freude. Und seit unsere Tochter auf der Welt ist, ist sie Omas erklärter Liebling. Vielleicht auch, weil meine Schwiegermutter selbst „nur“ Söhne bekommen hatte. Unser Großer kann ihr gegenüber nicht viel richtig machen, er ist nicht mehr so verspielt und lieb wie seine kleine Schwester. Wenn er weint, dann habe ich ihn als Baby zu sehr verhätschelt. Wenn die Kleine weint, ist es der Weltuntergang.

"Ja, ja, die Mama..."

Als Baby hätte meine Schwiegermutter unsere Tochter am liebsten gar nicht hergegeben - im Wortsinn! Wenn die Maus auf Omas Arm weinte und mir ihre kleinen Arme entgegenstreckte, wandte sie sich mit dem Kind ab und sagte: „Ja, ja, immer die Mama!“.
Manchmal musste ich ihr mein Baby regelrecht aus dem Arm zerren. Und die Oma ging aus dem Zimmer, mit Tränen in den Augen.
Vor allem als ich noch gestillt habe, waren das für mich ziemlich emotionale Situationen und ich muss gestehen, ich hatte mehr als einmal Angst, mein Kind nicht wiederzubekommen.

"Diese Ähnlichkeit..."

Als das Mädchen älter wurde, betonten mein Mann und seine Mutter ständig, wie ähnlich unsere Tochter ihrer Oma sei. Und viele Fotoalben wurden gewälzt zum Beweis. Eine Ähnlichkeit ist auch unbestritten und meine Tochter hängt sehr an dieser Oma, was mich für beide freut.
Doch dann will die Kleine trotzdem, dass ICH die Gute-Nacht-Geschichte vorlese und nicht die Oma, die doch extra dafür gekommen ist. Oder sie soll gemeinsam mit der Oma essen, bleibt aber lieber länger im Hort. Und die Mama soll sie abholen. Und wieder fällt dieses abfällige: „Ja, ja, immer die Mama!“
Ich weiß nie, was schlimmer ist für meine Schwiegermutter: Dass sie zurückgewiesen wird oder dass ich bevorzugt werde. 

Ist die Schwiegermutter neidisch auf die Familien-Zeit?

Vielleicht ist sie auch einfach nur neidisch auf die Zeit, die ich mit den Kindern verbringen kann. Da sie alleinerziehend war, wuchs mein Mann vor allem bei den Großeltern auf. Aber oft fange ich Blicke meiner Schwiegermutter auf, die mir zu sagen scheinen: „Das hast du nicht verdient: dieses Kind, das dich mehr liebt als mich, dieses Glück!“ Und an manchen Tagen vermute ich hinter jedem netten Wort eine Falle. 

Mir graut es schon vor der nächsten Familienfeier, aber ich darf es mir natürlich nicht anmerken lassen. Denn mit meinem Mann kann ich über dieses Thema nicht reden. Ich bin nur froh, dass meine Tochter mittlerweile groß genug ist, um selbst mit der Oma zu diskutieren. Und ich nicht mehr im Verdacht stehe, das Kind "negativ zu beeinflussen". Aber eines ist klar: Harmonisch ist etwas anderes.

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