Vereinbarkeit von Kind und Karriere

"Ich bin keine schlechtere Mutter, weil ich arbeite, sondern eine bessere!"

Unserer Gastautorin war vor der Geburt ihres Kindes selbstständig, führte ein Mittagsrestaurant. Für mehr Zeit mit ihrem Kind verkaufte Nora Pinck es – und merkte nach diesem Schritt schnell: Sie braucht ihre Karriere, auch um ihrem Kind eine gute Mutter zu sein. Nora startete ihren eigenen Mama-Podcast und teilt hier mit uns ihre Erfahrungen.

Nora Pinck lebt in Hamburg, hat eine kleine Tochter – und einen Mama-Podcast.© Foto: privat
Nora Pinck lebt in Hamburg, hat eine kleine Tochter – und einen Mama-Podcast.

Ich hielt mich immer für eine selbstbestimmte, meist gut organisierte junge Frau, die weiß, was sie will und – ja, ok – auch weiß, dass sie hin und wieder mehr will, als vielleicht an einem Tag zu schaffen ist. Bis… ja, bis ich ein Baby bekam und anerkennen musste, dass es tatsächlich stimmt, dass von nun an ein anderes kleines Wesen über meinen Zeitplan für den Tag bestimmt.

Mitarbeiterführung der anderen Art

Glücklicherweise hat die Natur es schon gut eingerichtet, dass man dieses andere kleine Wesen so zum Fressen findet, dass man all das gern in Kauf nimmt. Aber daran gewöhnen, dass ich von nun an ein anderes Tempo fahre, musste ich mich schon. Schließlich war ich sieben Jahre lang selbstständig, war für jede Entscheidung in meinem Laden selbst verantwortlich, musste niemanden fragen oder mich abstimmen. Meine Salatbar habe ich letztes Jahr kurz vor der Geburt meiner Tochter verkauft und damit das Thema "Mittagsgastronomie" vorerst an den Nagel gehängt. Mittagsgastronomie bedeutet, zackig zu sein – im Kopf und mit den Händen. Unsere Kunden hatten nur begrenzt Zeit und wollten in ihrer Mittagspause zackig und unkompliziert bedient werden. "Zackig und unkompliziert" – zwei Worte, die sich in meinem neuen Leben oft ausschließen. Entweder bin ich jetzt zackig, dann könnte mein Baby aber etwas dagegen haben oder es läuft alles unkompliziert, dann hab ich mir aber ausreichend Zeit genommen. Mitarbeiterführung war ich ja eigentlich gewohnt, aber diese Personalie erfordert ganz neue Herangehensweisen

Entschleunigen und wieder Fahrt aufnehmen

Ok, duschen und Co. – das bekam ich schon hin, aber die heißgeliebten Häkchen hinter meinen gewohnten 20 To Do’s für den Tag schrumpften schnell auf ein Zehntel.

Nach ein paar Wochen des Eingroovens wusste ich erstens, was alle immer mit diesem "Kennenlernen" meinten – und entschleunigte (für meine Verhältnisse zumindest). Zweitens wurde mir aber klar, dass ich schon wieder dieses Kribbeln in der Bauchgegend spürte. Da war es wieder…

Inspiration holen und Input schaffen

Als absoluter Podcast-Junkie hatte ich schon länger den Gedanken, selbst einen zu machen. So beschloss ich genau jetzt einen eigenen zu starten – ganz kurz vor der Corona-Phase, in der ja "jeder" nochmal schnell einen Podcast ins Leben rief. Und da ich mich mittlerweile am häufigsten mit dem Thema Vereinbarkeit von Kind und Karriere auseinandersetzte, war die Idee schnell geboren und im Februar startete ich "THE MOMPANY – Die Balance zwischen Baby und Business" (übrigens überall zu hören, wo es Podcast gibt). Warum? Weil ich Inspiration brauche und mich zwar sehr gern mit anderen Mamis unterhalte, aber einfach nicht mehr über Windeln und Brei reden wollte. Außerdem war es mit einem sechsmonatigem Baby eine erste Übung, mich zu strukturieren und organisieren. Aber vor allem auch für Input zu sorgen. 

Klartext aus dem Alltag von Business-Mamis

Begonnen mit dem Gedanken, "ich mach erstmal zehn Folgen und gucke, wie es mir gefällt und ob es sich jemand anhört", habe ich mittlerweile über 130 Gespräche aufgenommen und mit Katharina Fegebank von Bündnis 90 / Die Grünen, Agnes Fritz von Viva con Agua oder Anne Lemcke von Ankerkraut gesprochen. Man findet aber nicht nur Gründerinnen in meinem Repertoire. Ich habe zum Beispiel auch mit Vanessa Hartmann gesprochen, die innerhalb von 13 Monaten Zwillinge und Drillinge bekam – wie das geht, müsst Ihr Euch einfach anhören! Aber auch Franka Mantei, eine echte Tatortreinigerin hat mir erzählt, wie sie die Abgründe, die sie in ihrem Arbeitsalltag sieht, mit der heilen Welt ihrer Kinder zu Hause mental balanciert. Ihr merkt, die Bandbreite ist wirklich enorm und die Frauen sehr unterschiedlich
Die Folge "THE MOMPANY" mit Anne Lemcke von Ankerkraut könnt ihr euch hier anhören.

Auch dafür sorgen, dass es einem selbst gut geht

Und so unterhalte ich mich jetzt also mit anderen Mamis darüber, dass sie all diese Gefühle auch kennen. Mamis, die Bock darauf haben in den Nächten, in denen das Baby gut schläft, Überstunden für ihr Business zu schrubben. Apropos: Mit einem Schlafcoach habe ich übrigens auch gesprochen und zur Abwechslung mal nicht nach Tipps für den Schlaf des Babys sondern für den eigenen gefragt. Denn darum geht's: Auch dafür zu sorgen, dass es einem selbst gut geht, damit es dem Baby gut geht. Ich zumindest bin keine schlechtere Mutter für mein Baby, weil ich arbeite, sondern eine bessere!

Ehrlich statt einfach

Vor allem möchte ich all den tollen Frauen eine Plattform für ihre Geschichten geben, ihre Ideen vorstellen, ihre Lebenskonstrukte zeigen und offen und ehrlich abbilden lassen, dass das alles auch oft gar nicht so einfach ist, wie es auf Instagram und Co. immer aussieht – und dass das mehr als OK, nämlich völlig normal ist!

Autorin: Nora Pinck

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