
Manchmal ist die Welt doch noch in Ordnung. Das denke ich immer, wenn ich auf dem Land bin und kleine Verkaufsstände am Straßenrand sehe. Saftige Kirschen oder goldene Honiggläser stehen dort, daneben eine Preisliste und ein Marmeladenglas als Kasse.
Das Erstaunliche: Obwohl kein Bauer in Sichtweite ist, klappt alles wunderbar. Keiner würde auf die Idee kommen, das Vertrauen des Bauern zu missbrauchen und Obst oder gar die Kasse zu stehlen, obwohl die Gelegenheit perfekt wäre. Im Gegenteil: Man gleicht die Vorleistung des Bauern durch die Bezahlung gerne wieder aus. Und alle sind zufrieden.
Wie schön wäre es, wenn dieses einfache Prinzip auch in Partnerschaften gelten würde. Jeder packt freiwillig mit an und achtet darauf, dass der Partner nicht zu viel tut. Bis beide das Gefühl haben: Läuft doch alles prima! In der Realität ist das bei Weitem nicht immer der Fall. Und eines ist klar: Wenn eine Beziehung auf Dauer unausgewogen läuft, geht es auch mit der Liebe schief. Meike und Nils sind dafür ein Paradebeispiel.
Meike ist unzufrieden, denn sie kümmert sich fast rund um die Uhr um die Tochter und erledigt auch den Haushalt alleine. Räumt Nils mal den Tisch ab, ist er stolz, dass er Meike "geholfen" hat. Das ärgert sie, schließlich ist der Haushalt die Aufgabe von beiden. Sie fordert zunehmend mehr und in immer unfreundlicherem Ton Dinge von Nils, die er jedoch nicht erledigt. Darum gibt es fast täglich Streit und die Stimmung ist seit Jahren auf dem Gefrierpunkt. Da fragt man sich schon, wie lange die beiden es noch miteinander aushalten.
Die Probleme von Meike und Nils sind die sehr vieler anderer Paare. Denn keiner liebt Wäscheberge, das Wegputzen von hartnäckigen Breiflecken oder durchwachte Nächte. Aber das alles MUSS erledigt werden. Nur eben nicht ausschließlich von einem der Partner. Besser ist es, man erledigt alles Hand in Hand. In guter Stimmung. Und fair. Was aber ist fair?
Rollenteilung und Aufgabenteilung
Um die Frage, wie die Arbeit fair aufzuteilen ist, zu beantworten, muss man wissen, dass es in einer Beziehung um zwei wichtige Themen geht: um die Rollenaufteilung und um die Aufgabenteilung.
Rollenteilung: Wer bleibt zu Hause beim Kind, wer geht arbeiten?
Früher war es einfach: Die Mutter blieb beim Kind und kümmerte sich um die drei "K"s (Kinder, Küche, Kirche), der Mann verdiente das Geld. Mittlerweile gibt es viel mehr Möglichkeiten. Sei es, dass beide in Teilzeit arbeiten und sich tageweise abwechseln mit der Kinderbetreuung. Oder sei es, dass erst der eine und dann der andere für einenlängeren Zeitraum im Beruf pausiert und sich um das Kind kümmert.
Die dritte Variante: Beide arbeiten, das Kind wird fremdbetreut. Wofür auch immer ihr euch entscheidet: Prüft gut, ob das gewählte Modell euch auch wirklich entspricht. Fest steht: Die Zufriedenheit mit eurer Rollenaufteilung ist die Basis für ein gutes Miteinander. Wenn die Rollenaufteilung sich nicht gut anfühlt, wird auch die Aufgabenteilung schwer zu lösen sein. Redet unbedingt miteinander und sucht nach Alternativen, wenn ihr euch unwohl fühlt oder Neid auf Ihren Partner verspürt.
Die täglichen Aufgaben fair aufteilen
Viele Paare streiten sich darum, wer aufräumt, nachts aufsteht oder für Gäste kochen muss. Wenn ihr und euer Partner in diesen Punkten auch öfters Meinungsverschiedenheit habt, hilft die folgende Rechenaufgabe weiter. Am besten besprecht ihr einen Schritt nach dem anderen.
1. Bestandsaufnahme
Führt zwei Wochen lang genau Buch darüber, was rund ums Kind, den Haushalt und das soziale Netz an Aufgaben anfällt und wie lange die einzelnen Tätigkeiten dauern. Zum Beispiel: Aufräumen: 20 Minuten. Autowerkstatt anrufen: 10 Minuten. Mittagessen vorbereiten: 25 Minuten.
2. Summa Summarum
Addiert diese ganzen Aufgaben zusammen und schaut, was pro Woche anfällt. Überlegt genau, welche dieser Aufgaben derjenige, der beim Kind bleibt, "nebenbei" erledigen kann (z. B. Aufräumen, kleinere Einkäufe, Essen zubereiten). Markiert das grün. Die Aufgaben, die mit dem Kind nicht oder nicht gut zu erledigen sind, markiert ihr rot (z. B. Auto zur Werkstatt bringen, Großeinkauf, ungestörte Schreibtischtätigkeit).
3. Aufgabenteilung
Teilt die rot markierten Aufgaben fair auf, und zwar nach ihrer Dauer (Nick: zwei Stunden Gartenarbeit und Reparaturen pro Woche, Jana: zwei Stunden Bügeln und Telefonate). Wenn ihr euch nicht einigen könnt, wer welche Aufgabe bekommt: abwechseln oder eine Münze werfen.
4. Aufgaben erledigen
Hierbei gibt es zwei Varianten. Erste Variante: Jeder teilt sich frei ein, wann in der Woche er oder sie diese Aufgaben erledigt. Bedingung: Die Aufgabe sollte wirklich am Ende der Woche erledigt sein, sonst verliert der Partner das Vertrauen und fängt an zu drängeln.
Zweite Variante: Es gibt bestimmte Arbeitszeiten, während denen beide gleichzeitig ihre Aufgaben erledigen. Vorteile: Ihr habt gemeinsame Freizeit. Nachteile: Es muss geklärt werden, wer unterdessen das Kind betreut. Am besten, ihr probiert eine der beiden Möglichkeiten aus und wechselt zur anderen, wenn es nicht klappen sollte.
5. Woran man merkt, dass die Aufgaben fair verteilt sind
Es gibt eine ganz einfache Regel: Unter dem Strich sollte jeder gleich viel Freizeit haben. Sehr gut ist es, wenn jeder feste Ausgehzeiten hat. Ebenso wichtig sind Ruhezeiten innerhalb der Wohnung, in denen man keine Aufgaben erledigen muss.
6. Regelmäßige Bilanz
Setzt euch alle paar Wochen zusammen und unterhaltet euch über die Aufgabenteilung. Wie hat es geklappt? Was könnte man noch einfacher gestalten? Wie kann man dringend benötigte Freiräume einrichten? Versucht, dabei flexibel zu sein und für jede Frage eine gute Antwort zu finden.
7. Die richtige Haltung
Ob im Job oder in der Partnerschaft: Anerkennung motiviert jeden Menschen. Und je langweiliger, schmutziger oder anstrengender eine Aufgabe ist, desto mehr Zuspruch braucht man. Ihr könnt sehr viel für eine gute Stimmung tun, wenn ihr die Leistungen eures Partners würdigt. Ein nettes Wort, ein großes Lob und kleine Aufmerksamkeiten wirken Wunder.
Autorin: Evelyn Fohrmann