Baby da, Lust weg

Sex-Pause bei jungen Eltern

Bei frischgebackenen Eltern gibt es auch mal Zoff um das Thema Sex – zum Beispiel, wenn der Eine mehr will und die Andere weniger. Drei Expertinnen geben in diesem Artikel Tipps für die "Durststrecke im Bett".

Er zu ihr: "Du hast überhaupt keine Lust mehr auf Sex!"

Ihr Problem:

Seit Monaten hat sie das Gefühl, ihr Körper gehört nicht mehr ihr. Zuerst die Schwangerschaft, jetzt das Stillen und ständig das Baby am Hals. Dazu der Schlafentzug. Wenn sie ein Bett sieht, denkt sie nur an das eine… Schlafen! Und: Eigentlich will sie nur in den Arm genommen werden. Andererseits: Wenn heute auch nur noch ein einziges Mal jemand etwas von ihr will, dann garantiert sie für nichts.

Sein Problem:

Seit Wochen schon blockt sie sämtliche Verführungsversuche ab. In der Schwangerschaft hatte sie oft Lust auf Sex, aber seit das Baby da ist, ist alles anders. Nicht einmal umarmen darf er sie an manchen Tagen. Er fühlt sich zurückgewiesen.

Die Paartherapeutin Anja Schleiermache weiß, was Paare nun tun können:

Zuerst mal zuversichtlich sein: Das hier ist eine extreme Phase. Vielleicht die extremste überhaupt. Wenn man rund um die Uhr im Einsatz ist, ist es nur logisch, dass der Sex erst mal hinten runterfällt. Aber diese Zeit geht vorbei. Sobald das Baby nicht mehr den ganzen Tag an ihrer Milchbar liegt, wird sie sich daran erinnern, wozu ihre Brüste sonst noch gut sind. Und auch das Schlafzimmer werden die beiden eines Tages zurückerobern. Zuerst wird sie im Bett vielleicht nur dankbar ins Koma fallen, aber nach der größten Erschöpfung erwacht ihre Lust oft von ganz alleine. Vor allem, wenn mal wieder mehr als ein paar Minuten Zeit zu zweit drin sind. Im besten Fall landen eines Tages beide im Bett und denken das Gleiche… Manchmal kann es auch befreiend sein, einfach mal wieder Sex zu haben, auch wenn man selbst gerade nicht vor Lust glüht. Zumindest ist damit der Druck weg, dass es endlich mal wieder fällig wäre. Und man erinnert sich wieder, wie gut es tut.

Das kann er tun:

Für mehr Entlastung und Ausgleich in ihrem Alltag sorgen. Sie ausschlafen lassen. Ihr Auszeiten gönnen und das Kind schaukeln. Oder sie mit dem neuen Kleid überraschen, das sie im Schaufenster so schön fand. Ihren Nacken massieren, ohne gleich einen erneuten Versuch zu starten. Ihr sagen, dass er sie immer noch unglaublich sexy findet. Sie fragen, was sie in Stimmung bringt. Über seine Gefühle, Sehnsüchte, Nöte sprechen, wenn sie nicht mit ihm schläft.

Das kann sie tun:

Ihrem Körper so oft es geht, etwas Gutes gönnen. Ihm sagen, dass sie ihn immer noch liebt, aber dass sie gerade nicht Herr über ihren Körper ist und sich alles andere als sexy fühlt. Ihn bitten, Geduld mit ihr zu haben, statt ihn für seine Lust zu verurteilen. Ihn weiterhin küssen, umarmen, streicheln, auch wenn sie nicht mit ihm schläft. Sich erinnern, was sie früher erregt hat. Falls sie alleine aus der spaßbefreiten Zone nicht mehr herausfindet, überlegen, ob sie sich einem Profi anvertraut. Das kann im ersten Schritt die Gynäkologin sein (manchmal hat Unlust hormonelle Gründe) oder eine Paartherapeutin/ein Paartherapeut. Für Gabriele Loos, Sportphysiotherapeutin und staatlich anerkannte Masseurin, findet: "Für Frauen ist es normal, dass sich ein Handwerker bei der Arbeit schmutzig macht. Der eigene Körper hingegen, der neun Monate Schwerstarbeit geleistet und das Wunder Leben zustande gebracht hat, soll gleich nach der Geburt wieder so aussehen wie früher! Niemand", so glaubt sie, "verlangt das." Männer betrachten ihre Frauen meist viel wohlwollender, bestätigt auch die Psychologin Helga Kramer-Niederhauser.

Wann kommt die Lust wieder?

Oft dauert es ein halbes oder sogar ganzes Jahr, bis Paare einen neuen und befriedigenden Weg für ihre Intimität gefunden haben. Eine lange Durststrecke sei aber ganz normal, sagt Helga Kramer-Niederhauser. Sie ist Leiterin der Psychologischen Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen der Diözese Augsburg. In der Liebesflaute sieht sie allerdings auch eine Chance, die Sexualität gemeinsam neu zu entdecken. Dazu gehört es, ohne Scheu über Gefühle, Ängst und Wünsche zu reden.

Helga Kramer-Niederhauser rät Frauen: "Macht eurem Mann klar, dass ihr gerne mit ihm zusammen seid, nur im Moment einfach zu müde seid. Er spürt: Ich habe meine Chance, ich muss meiner Frau einfach nur Zeit lassen. Denn es ist eine Tatsache, dass Frauen nach der Geburt ihres Kindes meist eine Weile brauchen, bis sie die Liebe wieder genießen können. Sie sehnen sich vor allem nach Zärtlichkeit und Entlastung, weil das Baby und das Stillen ihre ganze Kraft aufzehren. Die Lust auf Intimität und Sex erwacht erst allmählich wieder."

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