Ab nach draußen!

Mikroabenteuer mit Kindern – direkt vor der Haustür

Zu Hause bleiben statt Fernreise? Unser Autor Birk Grüling setzt auf Mikroabenteuer mit seinem vierjährigen Sohn. Was genau das ist, woher der Trend kommt und wie seine Top 6 aussehen, verrät er uns hier.

Vor allem mit kleineren Kinder muss der Urlaub noch nicht in die Ferne gehen. Hauptsache: Matsch!© Foto: Getty Images/ stefandavidson
Vor allem mit kleineren Kinder muss der Urlaub noch nicht in die Ferne gehen. Hauptsache: Matsch!

Was sind Mikroabenteuer eigentlich?

In der ersten Corona-Hochzeit, kurz nach der Schließung der Kindergärten und Schulen, haben wir einen Entschluss gefasst: Solange kein Impfstoff gegen das Coronavirus gefunden wurde, bleiben wir zu Hause. Natürlich gingen wir vor die Tür, aber wir verreisten nicht. Nicht im Sommer und auch nicht im Winter.

Das klingt jetzt erst mal ziemlich langweilig. Doch zum Glück gibt es hier bei uns in der schönen Heide ein paar tolle Tierparks, auch Hamburg ist nah. Und ich habe endlich mal die Chance genutzt, einen neuen Trend auszuprobieren: Mikroabenteuer.

Die Idee stammt von dem britischen Abenteurer und Buchautor Alastair Humphreys. Die Besonderheit: "Microadventures" kann jeder vor der eigenen Haustür erleben. Sie sind weder aufwendig noch teuer, dafür aber aufregend und bieten tolle Erlebnisse in der Natur. In einem Artikel in der "New York Times" schlägt Humphreys zum Beispiel vor, im eigenen Garten zu übernachten, am Waldrand zu zelten oder die eigene Stadt bei Mondlicht zu erkunden.

Auf der Suche nach Mini-Abenteuern, die ich gemeinsam mit meinem vierjährigen Sohn erleben kann, spreche ich mit Jana und Patrick Heck. Das Paar lebt mit seinen beiden Kindern in Trier, die Familie büxt regelmäßig zusammen aus – so nennt die Familie ihre eigenen kleinen Mikroabenteuer in der Natur. "In erster Linie geht es uns darum, in die Natur zu kommen und unseren Kindern Erlebnisse zu ermöglichen, die in der Stadt so nicht möglich sind", erklärt Patrick.

Längst nicht immer planen sie dabei "echte" Abenteuer, oft genügen freies Spiel und kindliche Neugier an der Natur. Entsprechend bequem umsetzbar sind auch ihre Tipps. Mein Sohn und ich haben die ersten schon getestet und für gut befunden ...

1. Skulpturen aus (Schnee und) Matsch

Im Hamburger Speckgürtel kennen wir hohen Schnee nur aus Erzählungen. Okay, das ist ein wenig übertrieben. Aber die letzten dicken Flocken fielen, als mein Sohn noch im Kinderwagen lag. Schneemännerbauen kennt er also nur aus dem "Conni"-Buch (und einem verrückten Aprilmorgen im Lockdown). Meine Hoffnung auf echte Eis-Kunstwerke ist auch in diesem Jahr eher nicht so groß. Eine tolle Alternative haben wir neulich an einem nahe gelegenen Bächlein ausprobiert: Matsch-Skulpturen. Matsch lässt sich wunderbar formen und stapeln – am besten gelingt das mit einer Kinderschaufel und Förmchen. Ganz nebenbei liebt es mein Sohn, mit Gummistiefeln und Regenhose durch das seichte Wasser zu waten und schöne Steine einzusammeln. Und Matsch gibt es in Deutschland das ganze Jahr über. 

Noch mehr Ideen für kleine und große Abenteuer mit den Kids gesucht?

© Verlag

Alle Gesellschaftsspiele sind gespielt, die Streamingdienste leergeschaut und keine anderen Kinder greifbar? Dann noch eine kreative Antwort auf die Frage "Was machen wir heute?" zu finden, fällt vielen Eltern nicht leicht. Bis jetzt! 

Denn mit seinem neuen Buch hat Birk Grüling 100 Tipps zusammengetragen, mit denen Langeweile garantiert keine Chance mehr hat. Gespickt sind sie mit herrlichen Anekdoten von anderen Vätern und Müttern, die von Abenteuern, gescheiterten Ideen und gemeinsamer Zeit erzählen. Für jede Jahreszeit und alle Wetterlagen gibt es zahlreiche Ideen für kleine und große Abenteuer, die meistens wenig bis gar nichts kosten – und an die ihr noch jahrelang zurückdenken werdet, mit gutem Gefühl in der Herzgegend und einem Lächeln auf den Lippen. 

Birk Grüling: "Mama! Papa! Was machen wir heute" (18,95 Euro, Junior Medien)

2. Kochen in der Natur

Matschen im Bach, Bogenbauen und dazu noch die kalte Luft: Mikroabenteuer machen schnell hungrig. Gerade im Winter aber auch an kühlen Frühlings- und Herbsttagen darf die Stärkung ruhig schön warm sein. Umso besser also, wenn man sich im Wald etwas kochen kann – einen Tee zum Beispiel oder eine kleine Suppe. Keine Angst, das geht auch mit einer Abenteuer-Light- Variante: Ich habe mir Wasser in einer Flasche, zwei Teebeutel und ein Glas unserer Lieblingssuppe aus dem Supermarkt mitgenommen. Das geht schnell und strapaziert die nicht allzu große Geduld eines Vierjährigen kaum. Auch auf ein Feuer im Wald verzichte ich lieber – erstens weiß ich noch immer nicht so genau, wie das angeht, und zweitens ist mir ein Feuer zu viel Risiko. Stattdessen besorgte ich mir einen einfachen Campingkocher aus dem örtlichen Outdoor-Geschäft. PS: Nehmt euch eine Mülltüte mit – als Mikroabenteurer solltet ihr den Wald schonen und nicht vollmüllen.

Das braucht ihr für eure Mikroabenteuer:

Wirklich notwendig sind, vor allem im Winter, wetterfeste/wasserdichte, warme Kleidung und festes Schuhwerk. Alles andere ist eher optional: Taschenmesser, Fernglas für Kinder, Kompass, Campingkocher mit Topf, Schutzplane (Tarp), Isomatte, ein Müllbeutel. Viel Spaß!

3. Bogenbauen wie Robin Hood

"Nimm ruhig ein paar Dinge mit in den Wald. Zum Beispiel ein bisschen Schnur und ein Taschenmesser, damit kann man viel bauen", rät mir Patrick Heck am Telefon. Gesagt getan. Auf einem nahe gelegenen Spielplatz mit hohen Bäumen entdecken mein Sohn und ich den abgebrochenen Ast einer Weide. Sofort fühle ich mich an die eigene Kindheit erinnert. Als großer Fan der Abenteuer von Robin Hood besaß ich unzählige selbst gebaute Bogen. Bogenbauen geht schnell und einfach. Man schneidet an beiden Seiten des langen Astes eine tiefe Kerbe für die Schnur. Dann wird die Schnur um das eine Ende des Stocks gebunden und an das andere Ende eine Schlaufe geknotet. Nun kann man den Stock zum Bogen biegen, das Seil spannen und die Schlaufe verknoten. Ach ja: Bringt euren Kids am besten direkt bei, weder auf Menschen noch auf Tiere zu schießen. Vielleicht baut ihr euch eine Zielscheibe am Baum?

4. Ein Lager bauen

Nicht nur beim Lagerfeuer fehlt es mir etwas an Abenteuerlust. Auch zum Übernachten im Wald sind mir der norddeutsche Herbst und Winter etwas zu kalt und zu nass. (Vielleicht im Frühling? Oder noch besser im Sommer!) Deshalb beschränken wir uns auf den Bau eines gemütlichen Lagers zum Ausruhen zwischen den Abenteuern. Als ideale Sitzgelegenheit bei Wind und Wetter nehme ich meine alte Isomatte aus Festival-Tagen mit – gefunden in Omas Keller. Und gegen den Regen schützt uns ein einfaches Tarp – ebenfalls ein toller Tipp der Ausgebüxt-Experten. Im Prinzip ist das eine wasserdichte Plane, die sich mit Seilen und Ösen zwischen ein paar Bäumen aufspannen lässt. Die Profivarianten kosten schnell um die 100 Euro. Wir haben uns für eine wasserdichte und gut faltbare Abdeckplane mit Ösen aus dem Internet entschieden. Kostenpunkt: 10 Euro.

5. Weihnachtsbaum schmücken für Tiere

Eine besonders schöne Idee von Patrick und Jana konnte ich noch nicht umsetzen. Ich möchte sie euch aber trotzdem nicht vorenthalten: Sie schlugen vor, einen Weihnachtsbaum für die Tiere im Wald zu bauen. Gemeinsam mit ihrer Ausgebüxt-Familiengruppe haben sie eine Tanne mit Meisenknödeln und mit Fett und Nüssen verzierten Tannenzapfen geschmückt. Dazu sangen sie Weihnachtslieder, tranken warmen Tee und Kakao. Werde ich mit Jori noch nachholen!

6. Baumstamm-Balancieren und Spurensuche

Der letzte Mikroabenteuer-Tipp von Jana und Patrick ist sehr einfach: rausgehen, einfach Zeit im Wald verbringen. Das klingt jetzt ziemlich unspektakulär, doch für ein Kleinkind ist genau das schon ein riesiges Abenteuer. "Wir Erwachsenen neigen schnell dazu, die Wald-Ausflüge zu überfrachten. Dabei braucht es wenig, um die Kinder für die Natur zu begeistern", sagt Patrick. Und tatsächlich: Mein Sohn vergisst beim Sammeln von Tannenzapfen und Kastanien völlig die Zeit. Wenn dann noch ein Baumstamm zum Klettern und Balancieren gefunden wird, ist sein Glück vollkommen. Letztens haben wir am matschigen Wegesrand sogar ein paar Rehspuren entdeckt. Vielleicht gehörten sie aber auch Wildschweinen. So genau kann ich das als Vorstadt-Mikroabenteurer noch nicht auseinanderhalten. Aber für eine spannende Anekdote bei der Oma und im Kita-Morgenkreis reicht es allemal.

Autor: Birk Grüling

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