StarsBox

Übernachten auf dem Berggipfel: Dem Himmel so nah

Mit den Kindern zum Sonnenuntergang auf den Gipfel steigen – und erst am nächsten Morgen wieder runter: Das geht in den Schweizer Bergen mit Übernachtung in sogenannten "Starboxen", die man nachts aufklappen kann, um in die Sterne zu schauen. Unsere Autorin hat es ausprobiert – und dabei eine kleine Portion Abenteuer mehr abbekommen als ihr lieb war ...

Übernachten in der StarsBox auf dem Monte Gambarogno© privat
Room with a view: Der Blick aus der "StarsBox" auf dem Monte Gambarogno ist umwerfend. 

Stellt euch vor, es ist kurz vor Mitternacht und euer Kind muss aufs Klo. Groß. So weit, so normal. Aber wenn ihr in dieser Situation in einem hundehütteartigen Holzhaus liegt, das auf der Spitze eines Gipfels steht, und es um euch herum nicht nur ziemlich steil bergab geht, sondern auch tiefschwarze Nacht herrscht, es außerdem weder elektrisches Licht noch eine Toilette gibt, dann muss man (wie so oft als Mama) irgendwie kreativ werden ...

Aber von vorn: Seitdem ich denken kann, urlaube ich mindestens einmal im Jahr an meinem Lieblingssee, dem Lago Maggiore, der sich zu einem Fünftel in der Schweiz und mit dem restlichen Teil in Italien befindet. Ich liebe diese Gegend, wie schon meine Oma Elfi und mein Opa Karl sie geliebt haben. Die Tessin-Leidenschaft wurde mir quasi in die Wiege gelegt, ich kenne hier jeden Berg und jedes Tal. Seit etwa drei Jahrzehnten klettere ich fast jedes Mal, wenn ich hier bin, auf den Monte Gambarogno, von dem aus man einen herrlichen Blick hat über den Lago. Und hier oben, auf gut 1700 Metern, stehen seit neustem sogenannte "Starboxen", die man für eine Übernachtung mieten kann.

Für 120 Franken (etwa 122 Euro) buchte ich die Hütte unter starsbox.it, schenkte es meinem Liebsten zum Geburtstag. Und beschloss, auch die Kinder mitzunehmen.

An einem traumhaften Sommertag treten wir gegen 17 Uhr die Wanderung an. Wir haben ein bisschen geschummelt, sind mit dem Auto ins Bergdörfchen Indemini gefahren und starten auf rund 950 Meter Höhe, von hier sind es nur noch knapp drei Stunden bis zum Gipfelkreuz – machbar für unsere achtjährigen Zwillinge. Im Gepäck haben wir Picknick für die nächsten 18 Stunden, mehrere Flaschen Wasser (die immerhin bis zum Vormittag ausreichen müssen), außerdem Schlafanzughosen, Zahnbürsten, Taschenlampen, Schlafsäcke, Fernglas und eine Powerbank.

Die StarsBox auf dem Monte Gambarogno im Tessin
Die "StarsBox" steht auf einem Gipfel in gut 1700 Meter Höhe, ist auf Stelzen gebaut.

Super-Sundowner mit Schweizer Käse

Der Aufstieg führt erst durch den Wald, dann über kleine Trampelpfade. Kein Mensch weit und breit, dafür begegnen wir Kühen und Bergziegen, hören Grashüpfer zirpen, Schmetterlinge flattern um uns herum. Die Luft ist herrlich klar und frisch, die Aussicht auch tagsüber schon wunderschön; aber jetzt in der Abenddämmerung haut sie nicht nur uns, sondern auch die Kinder um. Der Farbverlauf am Himmel verändert sich minütlich. Noch bevor die Sonne hinter den Bergen gegenüber abtaucht, haben wir das Gipfelkreuz erreicht. Wir trinken unsere Lieblingslimo, zum Abendbrot gibt es Baguette mit Schweizer Käse – und einen Sonnenuntergang deluxe.

Nachts in der StarsBox

Bevor das Licht schwindet, treten wir den letzten Fußmarsch für heute an. Mit einem Zahlencode, den ich nach der Buchung per Mail bekommen habe, öffnen wir das Schloss, mit dem die Hütte verriegelt ist, machen es uns gemütlich.

Eingekuschelt in unsere Schlafsäcke bewundern wir durch die geöffneten Dachklappen die Sterne, die immer mehr werden. Der Mond geht auf, sieht riesig aus. Wir werden müde – und machen das Dach zum Schlafen wieder zu. Mücken sind hier oben zwar keine unterwegs, aber für die Vorstellung, dass sich Greifvögel oder andere tierische Genossen zu uns gesellen könnten, bin vor allem ich offenbar zu sehr Stadtkind.

Ich bin gerade auf dem Weg ins Land der Träume, da höre ich den "Ich-muss- mal"-Satz. Ich überlege kurz: Jetzt noch einmal die Hütte zu verlassen, erscheint mir mit einem schlaftrunkenen Kind lebensgefährlich: Es ist zu dunkel, geht ringsum viel zu steil bergab. Es gibt zwar ein kleines Klohäuschen, aber das ist etwa 15 Wanderminuten entfernt.

Und an dieser Stelle möchte ich nicht unappetitlich werden, ich erspare euch die Details. Nur so viel: Mülleimer gibt es hier oben keine – die Picknickabfälle müssen aber natürlich trotzdem wieder mit ins Tal. Nie zuvor war ich dankbarer, eine sehr stabile (gut verschließbare!) Plastiktüte dabei zu haben ...

Autorin: Claudia Weingärtner

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