
Bevor ich Kinder hatte, bedeutete "Urlaub" für mich vor allem zwei Dinge. Erstens: Ausschlafen. Zweitens: leckeres, entspanntes, langes Essen. Nun kommt es wenig überraschend, dass diese beiden Dinge nicht auf der Ferien-To-do-List kleiner Kinder stehen. Statt Restaurant-Geheimtipps in der Umgebung aufzutun, scanne ich heute also die Hotelinfos nach Babyausstattung, Spielangeboten und Kindermenüs ab. Liegt der hoteleigene Spielplatz in Sichtweite der Terrasse? Perfekt – dann kann man zumindest den ersten Morgenkaffee in Ruhe trinken, während die Kinder im Sand buddeln. Und dabei vermutlich den Sonnenaufgang genießen. Denn statt die "Langschläfer"-Angebote bis zur letzten Minute auszureizen und um 10:56 Uhr zum Büfett zu schlurfen (das um 11 Uhr abgeräumt wird), gehöre ich dank der kleinen Frühaufsteher in meiner Familie mittlerweile zu den allerersten Gästen im Speisesaal, die gequält fragen, ob die Kaffeemaschine schon läuft.
Und trotzdem möchte ich keinen einzigen Familienurlaubstag missen!
Ja, das wirbelt erst mal die eigenen Urlaubserwartungen ganz schön durcheinander. Aber ganz im Ernst: Ich möchte keinen einzigen Familienurlaubstag, den ich bereits erleben durfte, missen. Denn nach dem viel zu frühen Aufstehen folgt ein langer Tag mit jeder Menge kleiner und großer Abenteuer: Die selbstgebaute Sandburg voller Muschel-Deko, der erste Schwimmversuch im Meer, der Wasserrutsch-Wettbewerb oder der neu aufgestellte Schaukel-Schubs-Rekord und der Vorlese-Marathon im Strandkorb (auf den im besten Fall ein gemeinsamer Mittagsschlaf folgt). Und die vielen Mikro- und Mega-Abenteuer gibt es nicht nur im Strandurlaub: Mit Kindern gemeinsam eine fremde Stadt zu entdecken, ihnen die wichtigen Sehenswürdigkeiten zu erklären und gleichzeitig zu erfahren, welche "Sehenswürdigkeiten" ihnen wichtig sind, ist eine großartige Erfahrung. In Lissabon habe ich meinem Sohn die historische Straßenbahn und das Oceanário gezeigt – und er mir vier verschiedene bunte Käferarten, die er auf dem Weg von der Haltestelle zum Aquarium am Straßenrand entdeckt hat. (Wofür wir uns fast eine Stunde Zeit genommen haben.) Man sieht eine Stadt einfach in einem völlig neuen Licht, wenn man sie nicht nur durch die eigenen, sondern auch durch Kinderaugen betrachtet. Und wenn Zeit und Handys keine Rolle spielen.
Der beste Tipp:
Irgendwo habe ich mal gelesen, dass man mit den Kindern Urlaub machen solle und nicht trotz der Kinder. Und ich finde: Das ist der beste Tipp für eine Reise, die allen Familienmitgliedern guttut. Egal ob Action-Bewegungs-Spaß-Tag am Meer oder Erkundungs-Abenteuer-Tour in einer fremden Stadt – es sind genauso wunderbare Urlaubserlebnisse wie die ehemals faulen Ausschlaftage. Vielleicht, um ehrlich zu sein, sind sie sogar noch ein bisschen wunderbarer.
PS: Okay, ich gebe es zu: Hin und wieder wünschen wir uns doch das Programm "Ausschlafen und gemütlich Essengehen". Dafür kann ich nur empfehlen, Oma und/oder Opa mit in den Urlaub zu nehmen – und während die einen Strandtag mit den Enkelkindern genießen, noch einmal eine große Mütze voll Schlaf zu nehmen.