
Liebe Mama,
ich will dich nicht ärgern, wenn ich im Supermarkt einen Fruchtriegel hole, obwohl du "Nein" dazu gesagt hast. Ich will dir auch keine Angst machen, wenn ich mit meinem Laufrad noch ein kleines Stück weiterfahre, obwohl du "Stopp" gerufen hast. Und ich will dich auch nicht nerven, wenn ich dich morgens nach einem Eis frage und du "Nicht vor dem Mittagessen" antwortest.
Aber mal ganz ehrlich, Mama: Zähle mal deine "Neins" und Verbote. Das sind ganz schön viele! So viele, dass ich sie mir nicht ansatzweise alle merken kann. Und das ist auch ziemlich frustrierend, wenn ich den ganzen Tag nur höre, was ich nicht machen kann oder soll. Manchmal habe ich das Gefühl, alles, was ich machen will, ist verboten. Dann denke ich nur: "Menno! Ich will doch nur Sachen ausprobieren, Dinge lernen und die Welt entdecken." Wenn von dir dann ständig nur ein "Nein" kommt, höre ich einfach irgendwann nicht mehr zu, weil du eh die ganze Zeit nichts anderes sagst.
Ich weiß ja, dass du mich nur beschützen willst, es gut meinst oder manchmal einfach keine Lust hast – aber sind wirklich alle deine Regeln sinnvoll? Warum kann man morgens kein Eis essen? Und warum darf ich nicht mein Lieblings-Sommerkleid tragen, wenn es draußen schneit?
Wenn du nicht möchtest, dass ich bestimmte Dinge tue, sage oder esse, dann schlag mir doch mal eine bessere Alternative vor. Vielleicht finde ich die ja sogar besser. Oder du erklärst mir, worum es dir wirklich in der Situation geht. Wenn ich die Regel oder das Verbot verstehe, dann kann ich es mir auch besser merken. Und wenn ich Quatsch mache, dann sieh das doch mal etwas entspannter und lass mich einfach machen. Oder ist es wirklich so schlimm, wenn ich in tiefe Pfütze springe oder die Joghurt-Reste über den Tisch verteile? Und vielleicht hast du dann auch ein bisschen Spaß daran, wer weiß …
Denn mit ein bisschen mehr "Ja" ist das Leben viel schöner! Lass uns das mal ausprobieren! Ok, Mama?
Ich hab dich lieb.
Deine Tochter