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Warum du ruhig alles glauben kannst, was du über Elternabende gehört hast
Sicher kennst du längst einige lustige, irritierende oder nahezu unglaubliche Anekdoten über Elternabende. Es gibt ganze Bücher, die Geschichten erzählen von Müttern und Vätern, die sich selbst auf Kita-Ausflüge einladen, vorgewärmte Klobrillen für ihre Kinder einfordern oder direkt in der ganzen Einrichtung ein Fruktose-Verbot erlassen wollen. Zu all diesen Storys kann ich aus eigener Erfahrung nur eines sagen:
IT’S TRUE. ALL OF IT.
Auch ich habe auf diversen Elternabenden in drei verschiedenen Kitas, einer Vorschule und nun der ersten Klasse schon so ziemlich alles erlebt. Von kleinen Lächerlichkeiten ("Ich frage mich, ob die Kinder sich wirklich frei entfalten können, wenn sie nur die Wahl zwischen Yoga und Capoeira haben") über große Peinlichkeiten ("Mir ist wichtig, dass ich nichts verpasse, was hier passiert. Können Sie ein Videotagebuch führen?") bis hin zu richtigen Unverschämtheiten ("Die drei Euro für die Kaffeekasse zahle ich nicht. Ich finde nicht, dass die Erzieher Kaffee trinken sollten während der Arbeitszeit."). Und dennoch: Es fällt mir (zumindest manchmal) schwer, diese Aussagen, Fragen und Forderungen zu verurteilen. Wenn es um unsere Kinder geht, können wir Mütter und Väter nun mal einfach überbehütend, superkritisch und mega-engagiert sein. Oder, um es zusammenzufassen: komisch.
Und außerdem bin ich mir sicher: Auch ich habe auf Elternabenden schon Dinge gesagt, die für alle Anwesenden befremdlich waren. Denn, Hand aufs Herz, wenn man auf dem viel zu kleinen Sitzmöbel im stickigen Kita- oder Klassenraum hockt, dann ist man selbst nicht objektiver als die Väter und Mütter, die rechts und links von einem sitzen. Klar, man möchte das Beste für die Gruppe, aber vor allem möchte man das Allerbeste für das eigene Kind. Und diese Priorisierung kann oftmals nicht einhergehen mit einem rundweg harmonischen Diskurs zwischen allen Eltern, Erzieherinnen und Erziehern zu sämtlichen Tagesordnungspunkten. Dafür sind die Vorstellungen und die Umsetzungsmöglichkeiten einfach zu unterschiedlich beziehungsweise eingeschränkt. Und allein dadurch hat jeder Elternabend mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Potenzial, sich den Zusatz "aus der Hölle" zu verdienen. Also: Augen zu und durch. Oder noch besser: Mund zu und durch. Dann ist das Ganze auch schneller vorbei. PS: Dass es auch anders gehen könnte, hat Corona gezeigt. Ohne Live-Versammlungen. Und ich kann mit Inbrunst sagen: Virtuell ist das alles viel besser zu ertragen. Im Zweifel mithilfe der Stummschalttaste.
"Papa ist ein Kakaloch!" – Warum du bald ganz neue Wörter lernen wirst
Aus der Kita und Grundschule bringen Kinder nicht nur neue Zeichentrickhelden mit ins Kinderzimmer. Sie lernen hier auch ganz neue Beleidigungen. Denn mit Schimpfwörtern ist es wie mit Läusen: Sie verbreiten sich unaufhaltsam. Und ja, es ist erschütternd, wenn der eigene kleine Kita-Krümel plötzlich vor einem steht und einem ein beherztes "Assloch!" an den Kopf wirft. Ich erinnere mich auch noch zu gut an unser erstes unbeholfenes "Fack juh!", das vom Grundschulhof mit nach Hause gebracht wurde. (Natürlich ohne eine Ahnung, was das bedeuten könnte.)
Auf der anderen Seite eröffnet diese neue Welt des Vokabelaufgreifens auch eine ungeahnt praktische Ausflucht auf Familienfesten und in anderen prekären Situationen. Wenn Junior laut "Scheiße!" ruft (das ganz sicher von Mama oder Papa gelernt wurde, was aber natürlich keiner von beiden zugeben möchte), dann reicht ein kopfschüttelndes "Schlimm, was die heute alles in der Kita aufschnappen!", um die Sympathien wieder ganz auf seiner Seite zu haben. Gerade noch mal gut gegangen.
"Sie müssen bitte ihr Kind abholen. Sofort." – Warum du lernen wirst, neue Prioritäten zu setzen
"Keine Sorge, wir haben hier sehr viele Eltern – jeder von uns kennt den Anruf von der Kita um 11:42 Uhr: 'Ihr Kind hat Fieber, können Sie es bitte abholen?' Kein Problem, von unserer Arbeit hängen keine Menschenleben ab." Diesen großartigen Text habe ich vor zwei Jahren in der Stellenausschreibung einer Hamburger PR-Agentur entdeckt. Zum einen ist es natürlich super, dass es solche Zeilen in Jobangeboten gibt. Zum anderen aber ist es schade, dass sie einem sofort als "Best Case" ins Auge springen – eben, weil sie noch so, so selten sind.
Der Anruf aus der Kita wird kommen. Und das nicht nur um 11:42 Uhr, sondern zu jeder denkbaren Uhr- und Arbeitszeit. Ja, auch auf dem Weg zum unverschiebbaren Geschäftstermin, mitten in der wichtigen Präsentation, die du seit Wochen vorbereitet hast, und kurz vor dem Team-Meeting mit der Arbeitsgruppe, die sowieso schon genervt ist, weil du "immer so früh Feierabend" machst. Natürlich kann man sich mit dem Partner oder der Partnerin absprechen, Oma und Opa einbeziehen oder Notfall-Babysitter engagieren. Aber diese Pläne gehen eben nicht immer auf. Und dann passiert etwas – wie ich finde – Furchtbares: Anstatt sich Sorgen um das kranke Kind zu machen, ist das mütterliche Gehirn damit beschäftigt, ein schlechtes Gewissen Arbeitgebenden, Kundinnen und Kunden oder Kolleginnen und Kollegen gegenüber zu haben.
Ich weiß, es ist leichter gesagt als getan, und ich habe selbst mehrere Jahre gebraucht, bis ich es endlich verinnerlicht hatte – dafür sage ich es heute sogar als Selbstständige aus voller Überzeugung: Wenn dein Kind zu krank ist, um in der Kita oder Grundschule zu bleiben, dann ist es absolut legitim und wichtig, dass deine Gedanken und deine Aufmerksamkeit einzig und allein deinem Nachwuchs gelten, das Handy aus und die E-Mails ungelesen bleiben. Und natürlich bist du trotzdem keine schlechtere Mutter, wenn du das nicht schaffst! Ich will dir nur Mut machen, es zu probieren. Denn die große, weite Arbeitswelt dreht sich – so ernüchternd das auf der anderen Seite auch ist – in der Regel auch ohne dich weiter. Für dein Kind aber bist du (in diesen Jahren noch) das Zentrum seines Universums.
Buchtipp

Bin ich eine schlechte Mutter?
Silke Schröckert hat für sich herausgefunden: Nein, ist sie nicht. Denn die Zweifach-Mama hat festgestellt: Nur weil sie nicht immer vorbildlich handelt, ist sie noch lange keine Rabenmutter. Und wenn sie aufhört, immer gut oder gar perfekt sein zu wollen, geht es nicht nur ihr besser, sondern der ganzen Familie.
Mehr Geschichten einer (schl)echten Mutter gibt es in "Bad Mom“ , Junior Medien, ca. 19 Euro