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Das Telefon klingelte. Es war Schwester Gabi aus der Notaufnahme. Sie berichtete mir über eine fünfzehnjährige Patientin, die zur Abklärung ihrer starken, kolikartigen Bauchschmerzen in die Klinik gekommen war. "Internistisch haben wir keine Auffälligkeiten feststellen können. Wir sind uns eigentlich sicher, dass die Ursache eher in euren Bereich fällt. Sie hat jedoch alle Nachfragen, die in diese Richtung gingen, zurückgewiesen." "Fünfzehn Jahre, sagtest du? Ist das Mädchen in Begleitung seiner Eltern?", erkundigte ich mich bei der Ambulanzschwester. "Sie war wohl zu Besuch bei ihrer Freundin, als die Schmerzen begannen. Gemeinsam haben sie sich dann auf den Weg in die Klinik gemacht. Ihre Mutter haben wir bereits telefonisch informiert. Es kann aber einige Zeit dauern, bis sie eintrifft, da ihr Weg von der Arbeit hierher wohl recht lang ist. Die Patientin heißt Anna Reimers."* "Gut, dann schick sie mir schon mal hoch und ich verständige währenddessen die Gynäkologin. Bitte seid so lieb und kümmert euch um die Mutter, sobald sie ankommt. Es wäre wohl nicht gut, sie so ganz unvorbereitet bei uns im Kreißsaal zu empfangen. Zumal ja auch noch gar nichts feststeht."
Überrollt von einer Schmerzwelle
Wenige Minuten später klingelte es an der Tür und ich öffnete den beiden Teenagern. Sie sahen etwas verunsichert aus, als ich sie bat, mir in das Aufnahmezimmer zu folgen. Die Ärztin musste auf der Station noch einige Blutabnahmen durchführen, hatte aber versprochen, direkt im Anschluss zu kommen. Ich wollte diese Zwischenzeit nutzen, um bei der Patientin schon einmal etwas vorzufühlen. Bevor ich allerdings dazu kam, ihr eine erste Frage zu stellen, wurde sie von einer heftigen Schmerzwelle erfasst. Ängstlich versuchte sie Halt in den Armen ihrer Freundin zu finden, doch diese war von der Situation völlig überfordert und blieb wie angewurzelt stehen. Ich reichte dem Mädchen, das sich nun hilfesuchend im Raum umsah, meine Hand. Als es ihm schließlich wieder besser ging, forderte ich es auf, sich zu setzen, und wandte mich an seine Freundin. "Es ist sehr lieb von dir, dass du mitgekommen bist. Vielleicht kannst du aber zunächst für den Zeitraum der Untersuchung in unserem Wartebereich Platz nehmen. Du darfst dich gerne an den Getränken bedienen und etwas zum Lesen findest du dort auch." Ich konnte von ihrem Gesicht ablesen, dass sie froh war, den Raum verlassen zu dürfen.
Anna spielt die Symptome herunter
"Hallo, Anna, ich darf dich noch duzen, oder?" Anna nickte zaghaft. "Seit wann hast du diese Schmerzen und in welchen Abständen kommen sie?" "Eigentlich begann alles erst heute Mittag. Wir sind direkt nach der Schule zu Saskia gegangen, um bei ihr für die Englischarbeit zu lernen. Dann fingen die Schmerzen plötzlich an. Sie sind furchtbar unangenehm und ziehen mittlerweile von meinem Bauch bis in den Rücken hinein."
Ich musterte Anna mit einem flüchtigen Blick. Sie war circa einen Meter siebzig groß, leicht untersetzt und trug weite Kleidung, die ihren Körper umhüllte. Ihre wahre Kontur konnte ich nur erahnen. Wirklich schwanger sah sie eigentlich nicht aus. "Hast du in der letzten Zeit Veränderungen an dir wahrgenommen, eine Gewichtszunahme, Übelkeit oder das Ausbleiben deiner Periode?" Ich erkannte, wie unwohl sie sich fühlte, und dennoch war es wichtig für mich, Antworten zu erhalten.
"Wozu stellen Sie mir all diese Fragen? Ich bin doch nicht schwanger!", erwiderte sie und klang dabei fast ein wenig sauer. "Ich wiege mich zwar nur selten, habe aber ganz bestimmt nicht viel zugenommen. Schließlich trage ich die Kleidung, die ich auch früher getragen habe. Übel war mir allerdings in letzter Zeit etwas häufiger. Ist ja auch wohl kein Wunder bei dem ganzen Schulstress. Und meine Periode? Na ja, die habe ich immer sehr unregelmäßig und schwach."
Die Schmerzen sind Geburtswehen
Anna wehrte sich auch bei uns gegen die erkennbar eindeutigen Fragen. Ihrem Redeschwall nach zu urteilen, schien sie sich jedoch auch selbst nicht sicher zu sein, ob unsere Vermutung tatsächlich so unberechtigt war. Sie erweckte den Anschein, als versuche sie, den Zeitpunkt der gefürchteten Gewissheit unbewusst hinauszuzögern.
"Anna, ist es in Ordnung, wenn ich dich kurz untersuche? Ich würde dabei auch gerne deinen Bauch abtasten. Kannst du dich vielleicht an das Datum deiner letzten Periode erinnern?" Sie legte sich hin, überlegte und starrte dabei bwesend an die Zimmerdecke. "Das ist schon einige Zeit her", antwortete sie dann leise, sodass ich sie kaum noch verstehen konnte. Die Angabe war nötig, damit ich im Fall einer Schwangerschaft berechnen konnte, in welchem Monat sich Anna befand.
"Ich glaube, es war die erste Maiwoche. Eine Klassenkameradin hatte mich zu ihrer Geburtstagsfeier ins Schwimmbad eingeladen und ich konnte nicht hingehen." Vorsichtig schob ich nun Annas Pullover hoch, wärmte meine Hände, indem ich meine Handflächen aneinanderrieb, und tastete mit einigen Handgriffen ihren Bauch ab. Es waren eindeutig die Konturen eines Babys zu erspüren, welches offensichtlich auch nicht mehr ganz klein war. Ich sah Anna, die nun angespannt auf der Untersuchungsliege lag, tief in die Augen und nahm ihre Hand in meine. Behutsam teilte ich ihr das vorläufige Untersuchungsergebnis mit. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass du schwanger bist, Anna. Bei deinen Schmerzen handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Geburtswehen."
Die Geburt hat bereits begonnen
Abrupt, nahezu panisch, richtete sie sich auf. Ihr Blick war dabei jetzt beschämt nach unten gerichtet. "Das ist nicht wahr. Bitte sagen Sie mir, dass es einen anderen Grund für meine Schmerzen gibt. Ich hatte doch nur zweimal ..." Sie war plötzlich gespenstisch bleich, ihre Stimme zitterte und ihre Augen füllten sich mit Tränen der Verzweiflung.
"Möchtest du ein Glas Wasser? Ich werde dir etwas zu trinken besorgen und im Anschluss nachschauen, ob wir die Herztöne deines Kindes hören können." Ich verließ für einen Moment das Zimmer und kehrte mit einem Glas Mineralwasser und dem CTG-Gerät zur Beurteilung der kindlichen Herztöne zurück. Kurz darauf hörten wir dann zum ersten Mal den Herzschlag des Babys. Anna begann zu weinen. Nun kam auch die Gynäkologin in den Kreißsaal. Nachdem sich Anna wieder etwas gefangen hatte, brachte ich meine Kollegin auf den aktuellen Stand. Anna bekam erneut eine kräftige Wehe. Intuitiv atmete sie tief in ihren Bauch und fand Halt an einem Seil über ihr, welches an einem Deckenhaken befestigt war. Ihr Schmerz ließ allmählich nach. Die Ärztin begrüßte sie freundlich und erklärte den weiteren Ablauf: "Wir möchten gerne noch eine Ultraschalluntersuchung und eine Tastuntersuchung des Muttermundes durchführen. Es sieht ganz danach aus, als seist du bereits unter der Geburt."
Völlig überfordert mit der Situation, schwanger zu sein und gleich ein Kind zu gebären
"Oh, mein Gott! Was soll ich jetzt tun, und wie kann ich das nur alles meiner Mutter beibringen? Sie hat eigentlich schon genug eigene Probleme am Hals seit der Scheidung von Papa." Ich konnte spüren, wie sehr die Entwicklung der Situation Anna emotional forderte und ihr kaum die Möglichkeit ließ, sich zu sammeln und wirklich zu begreifen, was gerade vor sich ging. "Bitte mach dir nicht zu viele Gedanken. Das erste Gespräch mit deiner Mutter können wir übernehmen. Du solltest versuchen, dich erst mal auf dich selbst zu konzentrieren. Die nächsten Stunden werden ohnehin anstrengend genug werden." Ich versuchte sie zu beruhigen und ihr Mut zuzusprechen. "Wir haben ausreichend Zeit, zu entscheiden, was nach der Geburt passieren wird. Heutzutage gibt es etliche Hilfsangebote für junge Mütter. Du wirst also mit deinen Sorgen nicht allein gelassen. Auch für den Fall, dass du keine Möglichkeit sehen solltest, dein Baby zu behalten, kannst du mit ausreichend Unterstützung rechnen. Wir sollten zunächst die notwendigen Untersuchungen abschließen und dann gehen wir einfach einen Schritt nach dem anderen."
Die Ultraschalluntersuchung zeigte ein gut entwickeltes Baby, dessen Maße ungefähr der 38. Schwangerschaftswoche entsprachen. Letztendlich stimmte dieses Ergebnis auch mit unserer Berechnung überein. Der Muttermund war knapp zwei Zentimeter weit geöffnet.
Schritt für Schritt ins neue Leben
"Ich werde nun erst einmal deine Freundin nach Hause schicken. Du kannst ihr später ganz in Ruhe berichten, sobald du dir selbst darüber klar geworden bist, wie es für euch weitergeht. Anschließend werde ich mich erkundigen, ob deine Mutter schon in der Klinik eingetroffen ist, und auch mit ihr sprechen. Ist das für dich in Ordnung?"
Anna stimmte meinen Vorschlägen erleichtert zu. Ich informierte ihre Freundin, dass wir noch einige Untersuchungen durchführen müssten und Anna sich zeitnah bei ihr melden werde. Durch einen anschließenden Anruf in der Notaufnahme erfuhr ich, dass die Mutter soeben eingetroffen war. Es folgte ein langes, bewegendes Gespräch mit ihr, welches deutlich die Selbstvorwürfe der Mutter erkennen ließ. Sie wirkte bestürzt und ebenso verunsichert. Auch wir waren überrascht, dass sie während der vergangenen Wochen nicht den leisesten Verdacht geschöpft hatte.
"Ich habe sie in der letzten Zeit häufig gefragt, ob etwas mit ihr nicht stimme. Sie kam mir seltsam vor, oftmals in sich gekehrt und gar nicht mehr fröhlich. Sie hat aber immer nur gesagt, dass der Schulstress sie belaste. Ich wusste bis heute nicht einmal, dass sie einen Freund hatte." Sie wirkte traurig und mir tat es leid, dass kein Vertrauter an ihrer Seite war, um ihr in diesem Augenblick Halt zu geben. "Ich habe einfach immer viel zu wenig Zeit für sie. Hat sie selbst denn auch nichts von ihrer Schwangerschaft geahnt? Das kann doch eigentlich gar nicht sein. Sie muss doch Kindsbewegungen gespürt haben."
"Wir denken, dass sie zumindest befürchtet haben muss, schwanger zu sein. Vielleicht wollte sie Ihnen, solange es irgend ging, die Sorgen ersparen. Sie sagte, dass Sie momentan ohnehin ziemlich belastet seien. Es gibt aber das Phänomen der Schwangerschaftsverdrängung tatsächlich. Äußerlich sieht man Ihrer Tochter ihren Zustand ja auch kaum an."
Frau Reimers war blass und in ihre Gedanken versunken. "Es wäre jetzt sicherlich hilfreich, wenn Sie Anna bei ihrer Entbindung begleiteten und versuchten, ihr möglichst wenig Vorwürfe zu machen. Danach werden wir alle gemeinsam weitersehen. Könnten Sie das schaffen?" Die Mutter wischte sich die Tränen mit ihrem Handrücken fort und befeuchtete ihr Gesicht am Waschbecken mit kühlem Wasser.
Anna hatte ihre Schwangerschaft verdrängt – bis zum Tag der Geburt
"Sie ist meine Tochter. Ich werde sie jetzt sicherlich nicht noch einmal allein lassen. Das habe ich offensichtlich schon viel zu lange getan." Ihre Stimme klang nun fest und entschlossen. Ich führte sie in den Kreißsaal. Unsicher sahen sich Mutter und Tochter in die Augen und ich verließ zügig den Raum, um ihnen Zeit zu zweit zu geben.
Als ich später zurückkehrte, saß Anna mit ihrer Mutter auf dem Entbindungsbett. Ich konnte deutlich erkennen, dass beide geweint hatten, doch sie wirkten erleichtert und einander zugewandt. "Geht es Ihnen ein wenig besser?" Frau Reimers streichelte liebevoll die Hand ihrer Tochter. Dann sagte sie mit ruhiger Stimme: "Wir werden jetzt alles dafür tun, dass wir die anstehende Geburt meistern. Über die Zukunft machen wir uns später Gedanken." "Hast du eigentlich noch Kontakt zu dem Vater deines Kindes?", wollte ich wissen. "Er geht auf meine Schule und ist eine Klasse über mir. Ich war mit Nick aber eigentlich nie wirklich zusammen. Er wird nicht begeistert sein, zu erfahren, dass er Papa wird." Sie seufzte. "Aber daran denke ich jetzt erst einmal nicht."
Die Entbindung verlief unkompliziert. Die werdende Großmutter unterstützte ihre Tochter tatkräftig und wich, mit der Ausnahme einiger kurzer Toilettengänge, nicht mehr von ihrer Seite. Nach zehn Stunden brachte Anna eine kleine, gesunde Tochter zur Welt.
Happy end – new beginning
Ich musste die eigentliche Geburt damals leider an die Kollegin des Nachtdienstes abgeben, besuchte Anna aber während meines nächsten Dienstes auf unserer Wochenstation. Hier wurden sie und ihr Kind noch einige Tage lang versorgt und Anna konnte sich unter fachkundiger Aufsicht langsam an ihre neue Rolle als Mutter gewöhnen. Es freute mich, dass sie sich dazu entschlossen hatte, ihr Baby zu behalten.
Anna saß in ihrem Bett. Ihre kleine Tochter lag in eine kleine Wolldecke eingewickelt in ihren Armen. Glücklich lächelte sie mich an. "Sie ist ziemlich süß, oder?" "Oh ja, das ist sie. Sie sieht dir ähnlich. Ich habe gehört, wie tapfer du warst." Anerkennend zwinkerte ich ihr zu. "Es tat höllisch weh. Aber das ist ja jetzt zum Glück vorbei." Zärtlich streichelte sie ihr Baby. "Mama hat mir sehr geholfen. Ich war froh, dass sie bei mir war." Ich warf einen Blick auf das rosafarbene Namensbändchen des Kindes. "Jule, das ist ein sehr schöner Name." "Danke ... Auch für Ihre Hilfe."
Ich nahm in dem Besuchersessel neben Annas Bett Platz. Sie berichtete mir, dass ein erstes Gespräch mit dem Jugendamt bereits stattgefunden habe. Ihre Mutter würde die Vormundschaft für ihr Kind übernehmen, bis sie selbst volljährig sei. "Alle haben so toll reagiert. Mama hat sich für die nächsten Wochen Urlaub genommen, um mir mit dem Baby zu helfen, und auch Oma war regelrecht begeistert, jetzt unerwartet so jung Urgroßmutter zu sein." Sie schmunzelte. "Meine Klassenlehrerin weiß übrigens auch Bescheid und ist zum Glück ziemlich optimistisch, dass ich die Schule trotzdem beenden kann." "Hast du mit dem Vater von Jule gesprochen?" "Ja, Nick weiß seit gestern von seiner Tochter. Er war ehrlich gesagt ziemlich fertig. Vielleicht kann er sich aber ja irgendwann doch noch freuen. Falls nicht, schaffen wir es auch ohne ihn." Die Worte sprudelten nur so aus Anna heraus und neben ihrer spürbaren Freude zeigte sich, dass die Lüftung des lang gehegten Geheimnisses ein befreites Gefühl in ihr hervorgerufen hatte.
In den folgenden Wochen wurde Anna von einer sehr netten Nachsorgehebamme begleitet. Ihre Familie kümmerte sich liebevoll um sie und auch das Jugendamt stand ihr mit hilfreichem Rat zur Seite.
Trotz verdrängter Schwangerschaft wurde aus Anna eine liebende Mutter
Anna besuchte uns ein gutes Jahr später noch einmal im Kreißsaal. Sie hatte zu diesem Zeitpunkt ihre Schulausbildung wieder aufgenommen und Jule konnte bereits einige Schritte laufen. Laut ihrer Mutter war sie ein fröhliches, völlig unkompliziertes Kind. Anna erzählte, dass Nick gelegentlich bei ihr vorbeischaue, sich jedoch anders als seine Eltern nur wenig in Jules Erziehung einbringe.
Während unseres Gesprächs entdeckte das kleine Mädchen den großen Pezziball in der Ecke des Flurs. Es lief auf ihn zu und klopfte mit seinen kleinen Händchen lautstark auf ihm herum. "Komm, Mäuschen! Wir gehen besser schnell wieder, bevor du hier noch alle Schwangeren und Hebammen in den Wahnsinn treibst." Anna schnappte sich ihre Tochter und kitzelte sie liebevoll mit ihrer Nase unter dem Kinn, bis Jules fröhlich-quietschen- des Kinderlachen erklang. Das Mädchen von damals war plötzlich erwachsen geworden und ganz offensichtlich auch eine verantwortungsbewusste, liebende Mutter.
Und der Vater?
Es war das erste Mal, dass ich eine Schwangerschaftsverdrängung bis zum Entbindungstermin erlebte. Ich war damals davon begeistert, wie Anna und ihre Mutter mit dieser belastenden Situation umgingen, nach dem ersten Schock zusammenrückten und die mutige Entscheidung trafen, das Baby mit vereinten Kräften großzuziehen.
Die Zahl minderjähriger Mütter sinkt in Deutschland immer weiter ab. Laut dem Statistischen Bundesamt waren bereits im Jahr 2017 nur noch 0,5 Prozent der Frauen zum Zeitpunkt ihrer Entbindung unter achtzehn Jahren. In diesem jungen Alter stellt die Mutterrolle zweifelsfrei eine erhebliche Herausforderung für die betroffenen Frauen dar. Eine gute Unterstützung ist für sie besonders wichtig, damit sie und ihre Kinder in eine positive Zukunft blicken dürfen. Ich war froh, dass Anna Liebe und Verständnis von ihrer Mutter erfuhr, denn die Fürsorge vonseiten des Kindsvaters war ihr zum damaligen Zeitpunkt nicht sicher.
Hilfsangebote für junge Mütter
Heutzutage gibt es zahlreiche Beratungsstellen und Informationsmöglichkeiten für junge Mütter. Die Internetseite "Jung und Schwanger" der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung fasst die unterschiedlichen Hilfsangebote für sie zusammen. Ebenso finden ratsuchende Mütter hier Kontaktdaten wohnortsnaher Hilfseinrichtungen. Zu ihren möglichen Anlaufstellen gehören unter anderem das Jugendamt, die Caritas, das Deutsche Rote Kreuz und die Diakonie.
Gerade junge Mütter haben aufgrund ihrer Unerfahrenheit viele Ängste und Sorgen und benötigen zuverlässigen Rat und Begleitung. In den meisten Fällen ist die Inanspruchnahme einer Familienhebamme sinnvoll. Diese kann schon während der Schwangerschaft hilfreich zur Seite stehen und die junge Mutter nicht nur in den ersten zwölf Lebenswochen, wie es normalerweise der Fall ist, sondern bis zum ersten Geburtstag ihres Kindes besuchen. Die Kosten für eine Familienhebamme werden vom Jugendamt, der Gemeinde oder dem Sozialamt übernommen.
Für minderjährige Mütter gibt es verschiedene geförderte Wohnmodelle. Sind Eltern, anders als Annas Mutter, nicht dazu bereit oder in der Lage, ihrem Kind mit dem Enkelkind Wohnraum zur Verfügung zu stellen, können diese Frauen in der Regel in einer Mutter-Kind-Einrichtung unterkommen.
Der Einsatz eines Vormundes, so wie in Annas Fall, ist gesetzlich vorgeschrieben und dient der Kontrolle wesentlicher Entscheidungen zugunsten des Kindeswohls. Auch das Jugendamt selbst kann Vormund sein, sollte sich innerhalb der Familie niemand für diese Aufgabe finden. Unterhalt für ihr Kind erhält die Mutter vom Vater des Kindes oder, bei dessen Zahlungsunfähigkeit, vom Jugendamt in Form eines Vorschusses. Der Mutterschutz und die Elternzeit gelten auch für minderjährige Mütter. Schülerinnen haben zwar keinen Anspruch auf eine Elternzeit, können jedoch die Befreiung von ihrer Schulpflicht erwirken, sollte kein Angehöriger die Betreuung ihres Kindes übernehmen können. Interessant und hilfreich zu wissen ist sicherlich auch, dass seit 2009 auch Großeltern die Möglichkeit geboten wird, eine "Großelternzeit" zu beantragen, wenn ihre Kinder minderjährig sind oder während ihrer Schul- beziehungsweise Ausbildungszeit ein Kind bekommen. Geschichten wie die von Anna zeigen, wie wichtig es im Leben ist, in schwierigen Situationen die Fürsorge und Unterstützung anderer Menschen zu erfahren. Sie können helfen, an den eigenen Herausforderungen zu wachsen und davor schützen, voreilig aufzugeben und später mit falschen Entscheidungen leben zu müssen.
Die zahlreichen Hilfsangebote erleichtern es jungen Frauen heute, sich für ihr Kind entscheiden zu können, ohne dabei die eigenen Lebensplanungen vollständig verwerfen zu müssen. Häufig sind es ihre eigenen Mütter, die ihnen Kraft spenden, sie ermutigen und die ihnen vermitteln, dass sie selbst dazu in der Lage sind, eine gute Mutter werden zu können.

In ihrem Buch "Neugeborgen. Berührende Momente aus dem Leben einer Hebamme und Sterbebegleiterin"* (Brendow Verlag, 16 Euro) erzählt die Hebamme und Sterbebegleiterin Miriam Steinhauer bewegende Geschichten, die sie in ihrem Arbeitsalltag bei der Begleitung ins oder aus dem Leben selbst erfahren hat. Daraus stammt auch die Geschichte, die ihr oben gelesen habt.
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