
Hallo kleiner Bruder,
endlich lerne ich dich kennen! Neun Monate lang haben Mama und Papa von dir erzählt. Seit letztem Weihnachten. Zum Beispiel dass du im Bauch lebst. (Verrückt!) Und immer größer wirst. Erst warst du eine Weintraube. Dann eine Pflaume. Und irgendwann eine Wassermelone. Also natürlich nicht in echt. Aber so konnte ich mir ganz gut vorstellen, wie du wächst. Und du solltest da drin sogar schon hören und sehen können. Nur was eigentlich? Hab ich mich immer gefragt. Was sieht man denn da drinnen? Ist das nicht ganz schön dunkel? Hast du Mama Schmatzen hören? ☺️
Jetzt kannst du auf jeden Fall endlich auch mich sehen. Und das finde ich wirklich toll. Ich durfte dich sogar schon halten – und dabei habe ich mich selbst ganz groß und stark gefühlt. Alle wollten davon ein Foto: Mama und Papa, Oma und Opa und sogar unsere Nachbarin. Das muss wohl ein ziemlich besonderer Moment gewesen sein ... Jetzt steht eines der Fotos auf unserem Regal. Direkt neben meinem Babybild.
Weißt du was, Mama und Papa haben gesagt, dass du erst mal gar nicht mit mir spielen wirst. Dass du noch zu klein dafür bist. Und eigentlich nur nuckeln und pupsen kannst. Und ganz viel schlummerst. Das finde ich irgendwie schade. Zu gern wollte ich dir eigentlich meine Lego-Eisenbahn zeigen. Und meine Dino-Sammlung präsentieren. An die lass ich eigentlich niemanden so gern ran. Das sind nämlich meine Lieblingsspielzeuge. Aber wenn du so weit bist, lass ich dich auch mal damit spielen. Versprochen!
Bis dahin kuschel ich mit dir. Und guck dir zu, wie du so lustige Gesichter machst, wenn du schläfst. Mama sagt, dass hab ich damals auch gemacht. Und ich seh genauso aus wie du als Baby. Also fast genauso. Der Gedanke gefällt mir und ich fühle dabei sowas Kribbeliges in meinen Bauch.
Und letztens hast du mich sogar angelächelt, als ich dir immer wieder die Zunge rausgestreckt hab.
Ich muss dir aber auch etwas beichten: Ein paarmal schon war ich wirklich doll eifersüchtig auf dich. Weil Mama dich immer wieder stillen muss und Papa dich andauernd auf dem Arm trägt, statt mit mir zu spielen. Die beiden haben jetzt viel weniger Zeit für mich. Und sind immer so müde. "Ich brauch' jetzt erst mal einen Kaffee!" oder "Ich komm' ja gleich!" höre ich im Moment echt oft.
Du musst mir versprechen, dass du das wieder gut machst, okay!? Und du dafür ganz bald mein allerbester Spielkumpel wirst. Und ich verspreche dir dafür, dass ich immer auf dich aufpasse.
Ich hab dich lieb,
dein großer Bruder