Geborgenheit schenken

Wieso Kuscheln so wichtig für Kinder ist

Pandemie, Krieg, unsichere Zeiten: Unsere Autorin hat aufgeschrieben, wieso es jetzt wichtiger als je zuvor ist, sich einzukuscheln und den Kleinen ganz viel Nähe und Geborgenheit zu schenken.

Gerade in unsicheren Zeiten brauchen Kinder viele Kuscheleinheiten.© Foto: Getty Images/Catherine Delahaye
Gerade in unsicheren Zeiten brauchen Kinder viele Kuscheleinheiten.

"Probier's mal mit Gemütlichkeit, mit Ruhe und Gemütlichkeit jagst du den Alltag und die Sorgen weg ..." Der kluge Balu aus dem Dschungelbuch hat ja so recht. Nach einem Tag voller Arbeit, Terminen, Erledigungen, Haushalt, Kindergarten oder Schule fühlt es sich ganz wunderbar an, endlich frei zu haben und Zeit mit den Liebsten zu verbringen. Und das am besten ganz gemütlich. Das tut Körper und Seele gut, den Kleinen wie den Großen. Ich nehme meine Kinder am liebsten auf den Schoß, schlinge die Arme um sie und schnuppere an ihren Haaren. Wenn ich dann noch einen Kuss bekomme, ist das Glück perfekt.

Nähe schafft Bindung und Vertrauen

Dabei ist Kuscheln mehr als nur Gemütlichkeit; körperliche Nähe ist elementar. "Neugeborene entwickeln durch den Körperkontakt die erste Bindung zu ihrer Familie und ein Urvertrauen in die Welt“, erklärt Diplom-Sozialpädagogin Dana Mundt. "Für die weitere positive Entwicklung des Kindes ist Kuscheln enorm wichtig. Nähe schafft Vertrauen – zu sich selbst und in die Umwelt. Das Kind spürt: Ich werde gesehen; ich bin gut, so wie ich bin. Um diese positive Einstellung zu stärken, können Familien Rituale schaffen, schöne Momente ausbauen." So ein Kuschel-Ritual muss dabei nichts Ausgeklügeltes oder Ausgefallenes sein. Aufmerksamkeit und Gelassenheit sind viel wichtiger als das weltbeste Vorlesebuch oder das perfekt dekorierte Umfeld. "Miteinander zur Ruhe kommen, auch gedanklich ganz da zu sein schafft ein Gefühl von Geborgenheit. Dabei können Eltern und Kinder wieder auftanken", so die Sozialpädagogin. Neben der körperlichen ist natürlich auch emotionale Nähe wichtig für Kinder. Sozusagen kognitives Kuscheln. "Bei Neugeborenen wird diese Nähe durch Blickkontakt hergestellt. Ist das Kind älter, ist die Stimmlage bei Gesprächen ebenso wichtig wie die ungeteilte Aufmerksamkeit der Eltern", sagt Dana Mundt.

Einkuscheln in besonders herausfordernden Zeiten

"Kinder spüren natürlich auch, dass die Welt sich durch die Pandemie verändert hat. Und das kann für sie beängstigend sein. Deshalb brauchen Kinder, auch die großen, gerade in solchen Momenten mehr Nähe und Zärtlichkeit als in normalen Zeiten. Denn Kuscheln gibt Sicherheit und bietet Geborgenheit. Wenn das Leben unberechenbar zu sein scheint, ist eine Umarmung der beste Schutz", sagt Expertin Mundt. 

Gleiches gilt für klassische Kinderängste wie Dunkelheit oder Monster unter dem Bett: Wenn Mama oder Papa da sind und ihren kleinen Schatz in den Arm nehmen, ist die Welt (meistens) bald wieder in Ordnung.

Keine Lust auf Schmusen? Auch Auszeiten sind okay

Ich bin sicher, dass alle Eltern gern mit ihren Kindern schmusen. Aber nicht immerzu. Und das ist auch völlig okay. Gerade wenn die Familie viel Zeit gemeinsam zu Hause verbringt, ist es deshalb wichtig, dass Mütter und Väter sich Auszeiten nehmen. "Schon Kinder ab zwei Jahren verstehen klare Ansagen wie: 'Jetzt macht mal jeder was für sich', und können sich dann bis zu einer halben Stunde allein beschäftigen. Die Zeitspanne wächst, je älter das Kind ist", erklärt die Sozialpädagogin. "Sollte das nicht klappen – was wohl ebenfalls jedes Elternteil kennt – können die Erwachsenen sich gegenseitig unterstützen, indem sie dem Partner freie Zeit gönnen." Auch für Alleinerziehende gilt: Holt euch Hilfe, wenn ihr zur Abwechslung mal das Gegenteil von Nähe braucht. Spannt Oma, Opa, Freunde, Nachbarn mit ein, soweit es die Corona-Lage zulässt.

Dieses Jahr ist anstrengender für viele von uns. Umso mehr sollten wir versuchen, die guten Dinge zu sehen. Wenn ich mich mit meinen Kindern und der extragroßen Kuscheldecke auf das Sofa fläze, dann denke ich oft, wie viel Wahrheit in diesem berühmten Satz steckt: Zu Hause ist es doch am schönsten.

Die Känguru-Methode: Kuscheleinheiten mit Babys

Schon Kuscheleinheiten mit Babys sollen sich laut einer Studie (2017) der American Academy of Pediatrics entscheidend auf die Intelligenz der Kinder auswirken.
 
In der Langzeitstudie wurde die Entwicklung von Säuglingen untersucht, die mit der sogenannten Känguru-Methode für einige Stunden am Tag mit direktem Hautkontakt zur Mutter an die nackte Brust angelegt wurden. Durch die unmittelbare Nähe können Babys ihre Eltern mit allen Sinnen erfahren. Sie hören den Herzschlag der Mutter oder des Vaters, sie können den Geruch aufnehmen und die Wärme und Atmung spüren. 

Da die Probanden in einer Zeitspanne von 20 Jahren betrachtet wurden, kann die Studie signifikante, lang anhaltende soziale und verhaltensbezogene Auswirkungen dieser Känguru-Methode im jungen Erwachsenenalter bestätigen: Im Vergleich zu Kindern, die wenig Hautkontakt zu ihren Müttern hatten, zeigt sich eine positive Entwicklung bezüglich des Intelligenzquotienten, sowie des Lern- und Sozialverhaltens.

Autorin: Merle von Kuczkowski 

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