
Nur viereinhalb Stunden Schlaf pro Nacht. Diesem Selbstversuch unterzog sich ein Redakteur des Portals buzzfeed.com. Eine Woche lang hielt er die Extremsituation aus. Damit es nicht zu heftig wurde, legte er tagsüber zwei zwanzigminütige Schläfchen ein. Zusätzlich. Der Arzt, der das Experiment begleitete, warnte dennoch vor den gesundheitlichen Folgen.
Niemand interessiert sich für Mamas Schlaf
Viereinhalb Stunden Schlaf am Stück? Ich bin sicher nicht die einzige Mutter, die das in den ersten Babymonaten als Luxus empfunden hätte. Und ich nehme den erschreckend ignoranten Buzzfeed-Beitrag zum Anlass, um eine traurige These aufzustellen: Keine Sau interessiert sich dafür, wie wir Mütter schlafen.
Das geht schon los bei den Elternratgebern. Warum heißen die überhaupt so? Babyratgeber wäre viel treffender. Schließlich geht es darin ausschließlich um das Wohlbefinden des Kindes. Wie schläft es am sanftesten ein? Und am besten durch? Wie wecke ich es am zärtlichsten auf? Die Selbstfürsorge für uns Mamas wird zwischen all der liebevollen Schlummerbegleitung von Anfang an auf "Snooze" gestellt.
Baby schläft. Mama nicht. Na und?
Noch eindeutiger ist es im Internet: Der Suchbegriff "Babyschlaf" bringt bei Google mehr als 480.000 Einträge hervor. Bei Bing sind es über 3.500.000! Die Artikel überschlagen sich mit Tipps und Tricks, die helfen sollen, das Baby besonders schnell, besonders lang, besonders tief schlafen zu lassen. Suche ich nach "Mutterschlaf", verweist Bing mich auf eBay-Anzeigen für ausgewachsene Mutterschafe. Bei Google wird es noch absurder. Hier führt der erste Eintrag zu einem Artikel mit der Überschrift: "Darum sind Väter immer müder als Mütter". Natürlich, die armen Väter! Die fühlen sich sicher in ihrer Nachtruhe gestört, wenn wir Mütter alle 90 Minuten das gemeinsame Baby stillen. (Entschuldigung, bei dem Thema muss ich kurz sarkastisch werden.)
Kein Kaffee ist auch keine Lösung
Doch natürlich gibt es sie in den Unweiten des Internets: die ernst gemeinten Tipps für müde Mamas. Und wer hätte das gedacht, ganz oben auf den Not-to-do-Listen für erholsamen Schlaf steht das Lieblingsgetränk aller Eltern – der Kaffee.
Ich bin ehrlich: Einer Elternratgeber-Website, die mir als Mutter empfiehlt, auf Kaffeekonsum zu verzichten, traue ich keine zwei Klicks weit. Sicher, es mag Mütter geben, die den Familienalltag ohne Koffein überstehen. Ich habe nur noch nie eine kennengelernt. Aber ich habe in den letzten Jahren ganz andere Entdeckungen gemacht, die mir die kurzen Nächte wirklich versüßt haben. Und weil ich finde, dass die Lobby der müden Mamas dringend gestärkt werden muss, teile ich sie hier von Herzen gern.
Von Mutter zu Mutter: Das hilft bei Schlafstörungen
- Dunkelheit: Mit unserem Sohn zog bei uns die nächtliche Beleuchtung ein. Zuerst ein Stilllämpchen für mich. Dann ein Nachtlicht für ihn. Auch sieben Jahre später brennt nachts immer noch irgendwo eine Lampe für ihn und seine kleine Schwester. Dabei kann der Mensch erwiesenermaßen in richtiger Dunkelheit nicht nur schneller ein-, sondern auch besser durchschlafen. Ich habe mir deshalb eine hochwertige Schlafmaske angeschafft. Die Nachtlichter für die Kids bleiben an, bei mir ist es trotzdem zappenduster. Und wie kurz die Nacht auch sein mag: Durch die Dunkelheit bildet mein Körper mehr Melatonin – und auch kurzer Schlaf wird automatisch erholsamer.
- Umzug: Ich habe es aufgegeben, auf meinen Platz im "großen Bett" zu bestehen. Wenn die Dreijährige dort besser schlafen kann: soll sie doch! Aber das heißt nicht, dass ich mich zusammengekauert neben sie quetschen und mehrmals nächtlich von einem Kinderfuß im Gesicht wecken lassen muss. Ist mein Platz belegt, ziehe ich um. Auf die Couch im Wohnzimmer. Oder in die Kuschelecke im Kinderzimmer. Egal wo: Überall schlafe ich besser als auf dem 20 Zentimeter breiten Streifen, der mir auf "meiner" Seite bleibt, wenn erst einmal ein Kind (oder beide) das Ehebett gestürmt hat.
- Kapitulation: Wenn die Nacht so kurz war, dass gar nichts mehr geht, greift mein Nachmittags-Notfall-Plan: Die Kinder dürfen eine Folge ihrer Lieblingsserie gucken. Und ich habe währenddessen volle 20 Minuten Zeit, mit einem Power-Nap die Reserven aufzuladen. Und nein, lieber Buzzfeed-Redakteur: Das mache ich nicht zweimal täglich. Aber zwei-, dreimal im Monat gönne ich mir diesen Mama-Luxus. Und das ganz ohne ärztliche Aufsicht – und ohne schlechtes Gewissen.
Wenn Mama nicht schlafen kann – hier helfen Experten
Wenn Schlafstörungen länger als einen Monat dauern und mindestens dreimal pro Woche auftreten, solltet ihr diese abklären lassen. Eventuell bringt eine Nacht im Schlaflabor Aufschluss. Dort werden unter anderem die Gehirnströme sowie die Herz-Kreislauf-Funktion gemessen. Die Adresse eines Schlaflabors oder eines Schlafspezialisten in deiner Nähe erhaltet ihr bei der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin.
Autorin: Silke Schröckert