(Zu) enge Bindung?

Endless Parenting: Wenn erwachsene Kinder ständig mit ihren Eltern in Kontakt sind

Erwachsene, die ständig, mitunter mehrmals am Tag, mit ihren eigenen Eltern in Kontakt sind, haben vielleicht eine sehr enge Bindung. Es wird ihnen aber oft auch mangelnde Selbstständigkeit vorgeworfen. Was es mit "Endless Parenting" auf sich hat.

Erwachsene Frau mit ihrer Mutter.© iStock/Little City Lifestyle Photography
Viele junge Erwachsene sind in engem Kontakt mit ihren Eltern.

Ich erinnere mich noch daran: Bevor ich selbst ein Kind bekam, wusste meine Mutter ziemlich genau über mich Bescheid. Was ich vorhatte, mit wem ich zu tun hatte, was mich bedrückte oder wenn ich Schmerzen hatte – meine Mutter war immer für mich da und erreichbar. 

Letzteres ist auch heute noch so, nur nehme ich es weitaus weniger in Anspruch. Wohl hauptsächlich deshalb, weil sich mein Leben seit der Geburt meines Kindes komplett geändert hat und dadurch auch der Tagesablauf ein anderer geworden ist. Dass es für den ständigen Kontakt mit den erwachsenen Kindern einen Begriff gibt, fand ich erst kürzlich heraus: Endless Parenting.

Endless Parenting – was ist damit gemeint?

Endless Parenting heißt übersetzt sinngemäß erst mal so viel wie endlose oder nicht endende Erziehung. Es handelt sich dabei nicht um einen wissenschaftlichen Begriff. Wir haben ihn auf dem englischen Elternportal "Good to know" gefunden. 

Tatsächlich gibt es Studien zum Thema, welche Beziehung junge Erwachsene zu ihren Eltern haben. Und inwieweit sie finanziell oder emotional noch immer von ihren Eltern abhängig sind. Demnach telefonieren mehr als 70 Prozent der Erwachsenen zwischen 18 und 34 Jahre mehrmals in der Woche mit ihren Eltern. Und holen sich dabei Rat ein, was ihre Karriere, Geld und Gesundheit betrifft. 

52 Prozent der jungen Menschen zwischen 18 und 29 Jahren leben laut der Untersuchung noch bei den Eltern. 60 Prozent der befragten Eltern hatten ihre Kinder im letzten Jahr finanziell unterstützt. 

Vor- und Nachteile von Endless Parenting

Wie man Endless Parenting einordnen und gestalten will, ist sicher wieder einmal höchst individuell. Als grobe Richtlinie könnte man sich als Ziel setzen, eine Balance zu finden zwischen Bindung und Eigenständigkeit. Wie diese Balance aussieht, kann in den Familien natürlich unterschiedlich sein. Fakt ist doch, dass auch in früheren Generationen und Jahrhunderten das Elternsein im Prinzip lebenslang nicht aufhört. Nur wurden die Menschen zum Teil nicht so alt wie heute, sodass die gemeinsam erlebte Zeit von Kindern und Eltern kürzer war. 

Natürlich wollen wir unsere Kinder darin unterstützen, selbstständig zu werden, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und es nach eigenen Vorstellungen und Wünsche zu gestalten. Gleichzeitig ist es doch nur beruhigend, wenn Eltern und erwachsene Kinder in einer engen Verbindung bleiben, sich austauschen und unterstützen. Dass das von vielen gewünscht ist, zeigt ja auch die steigende Beliebtheit von Mehrgenerationenhäusern und -projekten. Im Prinzip kehren wir damit ja auch eher zum "Ursprung" zurück, als dass es eine neue Erfindung ist. Dass Menschen alleine in einer Wohnung wohnen, ist wohl eher ein Phänomen der Neuzeit ...