Kolumne

"Liebe Mama, wasch bitte deine Wäsche, dein Kind kann auch mal warten!"

Nein, das hier ist kein weiterer "Vergiss doch mal den Haushalt"-Text. Im Gegenteil. Denn unsere Autorin ist sauer: Darf man als Mutter jetzt nicht einmal mehr Wäsche waschen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben?

Mutter kniet im Wäscheberg© iStock/RossHelen
Als Mama muss man dem Kind nicht permanent 100 Prozent Aufmerksamkeit schenken! Die Wäsche fordert schließlich auch VIEL Zeit ein ...

Na, habt ihr heute auch schon die Zeit mit euren Kindern genossen? So richtig achtsam das Familienglück in euch aufgesogen? Habt ihr eurem Nachwuchs mit einem Lächeln auf den Lippen beim Spielen zugesehen oder ihn beim Mittagsschläfchen beobachtet, um keinen Moment zu verpassen? Und entschuldigt die Frage, aber wo genau ist euer Kind eigentlich genau jetzt, während ihr diesen Artikel lest, hm? Ich meine: Solltet ihr nicht lieber den Augenblick mit ihm genießen, anstatt die niedergeschriebenen Gedanken einer fremden Frau zu lesen? Ich mein ja nur ...

"Lass die Wäsche liegen!" Und dann?

Mit der Ironie im Internet ist es ja immer so eine Sache. Ich hoffe, in den obigen Zeilen war sie deutlich genug. Denn nein, ich will beim besten Willen niemandem dazu raten, jede einzelne Sekunde des Tages ausschließlich auf das eigene Kind fokussiert zu sein. Im Gegenteil: Ich frage mich, warum in aller Welt und bei ALL den Dingen, um die wir Eltern uns schon Gedanken machen müssen, uns nun auch noch ein schlechtes Gewissen gemacht wird, wenn wir unsere Aufmerksamkeit für wenige Momente von unseren großartigen Kindern abwenden – um uns etwas so Notwendigem wie dem Haushalt zu widmen!

"Liebe Mama: Lass heute mal die Wäsche liegen!" lese ich in einem Artikel, der mir auf Facebook empfohlen wird. "Der Abwasch kann warten – deine Kinder müssen das nicht!" prangt auf einem Meme, das gleich Dutzende von Insta-Moms in ihren Stories teilen. Und mein absoluter Anti-Favorit, die ungekrönte Königin der Ich-mache-dir-jetzt-sofort-ein-schlechtes-Gewissen-Sprüche auf allen Social-Media-Kanälen: "Vergiss nie: Dein Alltag ist ihre Kindheit!"

Wenn der Abwasch wartet, stinkt er

Natürlich ist mein Alltag ihre Kindheit. Aber ihre Kindheit ist eben auch mein Alltag. Und es tut mir leid, wenn ich hier irgendwem die märchenhafte Illusion raube, aber: Wenn ich heute die Wäsche liegen lasse, um mich dem Paw-Patrol-Rollenspiel meiner Tochter zu widmen, dann – Überraschung! – liegt die morgen noch immer da. Plus natürlich die nächste Ladung, die mittlerweile hinzugekommen ist. Lass ich die dann auch liegen, um erneut den Augenblick mit meiner Tochter zu genießen? Kommt dann eines Tages die heilige Wäsche-Fee und übernimmt, weil ich mich so vorbildlich rund um die Uhr den Bedürfnissen meiner Kinder gewidmet habe? Ach so, und eins noch, liebe Instagram-Meme-Designer: Es ist ein Trugschluss, dass der Abwasch warten kann. Also: Er kann schon, aber dann stinkt er. Und schimmelt. Und dann dauert es doppelt so lange, alles sauber zu kriegen.

Zufälligerweise schreibe ich diesen Text am Weltfrauentag, deshalb sollte ich folgendem Missverständnis vermutlich direkt vorbeugen: Es geht hier nicht um "aber dein Mann kann doch auch mal …" oder "dann kann der Papa ja übernehmen". Keine Sorge: Wir teilen uns die Haushaltsarbeiten fair auf! Und ganz im Ernst: Ich würde meinem Mann einen Vogel zeigen, wenn er dran ist mit der Wäsche, dem Müll oder was auch immer, und – anstatt diese Dinge erledigt zu haben – mir strahlend mitteilt, er habe lieber "den Augenblick mit unseren Kindern genossen"! Ja und jetzt? Wer genießt jetzt den Augenblick mit dem Restmüll und dem Staubsauger?

Erst die Arbeit, dann umso mehr Vergnügen

Aber bevor ich jetzt als herzlose Mutter abgestempelt werde: Natürlich spiele ich von Herzen gern mit meinen Kindern! Wir puzzeln und malen und bauen Höhlen, wir konstruieren ganze Lego-Städte und haben vor einiger Zeit diese Escape-Room-Brettspiele für zu Hause entdeckt, in die mein Sohn und ich gleich stundenweise abtauchen können. Und ja, wenn ich richtig gut drauf bin, dann spiele ich mit meiner Tochter auch Rollenspiele, bei denen die Paw Patrol Babyschildkröten oder Babykätzchen oder irgendwelche anderen Tierbabys retten muss (und so sehr ich Rollenspiele hasse: Ihre grenzenlose Freude darüber ist wirklich jede einzelne Sekunde wert!). Aber all diese Dinge tue ich nun einmal deutlich lieber und entspannter und mit mehr Aufmerksamkeit meinen Kindern gegenüber, wenn die Wäsche gefaltet, der Abwasch gemacht und der Fußboden gesaugt ist.

Wascht die blöde Wäsche, wann immer ihr wollt!

Wenn es euch auch so geht, dann lasst euch bitte nicht von den ganzen "Aber sie werden doch so schnell groß und dann verpasst du alles!"-Sprüchen verunsichern. Wasch die blöde Wäsche. Mach den Abwasch. Wischt das Bad oder putzt die Fenster (da fällt mir ein: Das habe ich seit 18 Monaten nicht mehr gemacht – ups). Erledigt alles, was euch ein gutes "Ich habe heute was geschafft"-Gefühl gibt.

Eure Kinder können den Moment warten. Und freuen sich dann umso mehr, wenn sie hinterher eure volle Aufmerksamkeit haben.

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