Klartext

Über diese Dinge können Mütter einfach nur wütend sein

Ein Baby zu bekommen, löst bei frischgebackenen Müttern die intensivsten Gefühle aus. Und manchmal ist das – neben allen anderen – eben vor allem Wut.

Mama liegt neben Baby auf dem Bett.© iStock/nicoletaionescu
Volle Windeln und schlaflose Nächte sind bei Weitem nicht die größten Probleme junger Mütter.

Mit der Geburt eines Kindes betreten Frauen unweigerlich eine neue Welt. Und was es dort zu sehen gibt, ist nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen und süßes Babykuscheln. Oft fühlen sich junge Mütter überfordert, grenzenlos erschöpft und sehr, sehr allein. Ana Wetherall-Grujić meint: Das müsste überhaupt nicht so sein – wenn unsere Welt Frauen nicht einfach so im Stich gelassen würde.

Die Journalistin, die vor einem Jahr Mutter geworden ist, hat sich im ersten Babyjahr über so viele Dinge geärgert, dass sie sich ihren Frust in Form eines Buchs von der Seele geschrieben hat. Gleich der Titel stellt klar: "Nicht das Baby ist das verdammte Problem!"

Aber was ist es dann?

Uns hat Ana verraten, was wirklich nervt am Mamasein – und warum falscher Mutterkult uns allen das Leben schwer macht.

Fünf Dinge, die Mütter wirklich wütend machen:

Klugscheißer-Tipps

"Unsere ganze Gesellschaft ist gerade darauf ausgerichtet, dass Babys und Kinder Privatsache sind. Mütter gebären – und sind dann ganz schnell allein mit dem Baby. Ihr Partner bzw. ihre Partnerin muss meist wieder zurück zur Arbeit. Die Mutter sorgt sich um das Kind – allein. Wo aber plötzlich ganz viele da sind: beim Klugscheißen, wie eine gute Mutter zu sein hat."

Ausgrenzung im Alltag

"Es fängt ganz banal im Alltag an: Viele Orte können Mütter mit einem Kinderwagen nicht betreten. Oder es ist ein Kraftakt hineinzukommen – buchstäblich – weil es etwa Stufen gibt oder die Türen zu schmal sind. Und das sind nur die greifbaren Dinge."

Gefährliche Vorurteile

"Dann gibt es dieses Klischee: Mütter sind nicht cool, sie reden ständig über ihre Kinder. So wird es für Gebärende schwierig, über ihren Alltag, der zu oft aus sehr viel Sorgearbeit ums Kind besteht, zu sprechen. So bleiben auch viele Probleme unausgesprochen."

Falsches Mutterideal

"Gleichzeitig scheinen aber alle eine Meinung zu haben, wie sich eine gute Mutter zu verhalten habe. Sie gebärt vaginal, sie stillt, sie hat ständig ihr Kind bei sich: Trotz allem Individualismus in allen Bereichen haben wir in Österreich und Deutschland ein erstaunlich starres Bild einer 'guten Mutter'. Diese Idealvorstellung macht ganz realen Müttern aber das Leben schwer. 
Es gibt nicht die eine gute Mutterschaft, die aus 1.001 K.O.-Kriterien besteht. Stillen, Kaiserschnitt, Schmerzmittel bei der Geburt: Nichts davon macht einen zur besseren oder schlechteren Mutter. Es sind einfach Lifestyle-Entscheidungen. Seitdem ich mir das vor Augen halte, fühle ich mich weniger unter Druck gesetzt, irgendeinem überhöhten Mutterideal zu entsprechen."

Das Glück eines Kindes wird nicht größer, wenn seine Mutter möglichst viel leidet.

Fehlende Unterstützung

"Wir brauchen mehr Unterstützung – die ganz automatisch kommt und hilft. Als ich mein Kind auf die Welt gebracht habe, war mir meine eigene Mutter eine große Hilfe. Sie hat gekocht, sie hat das Baby genommen, sie hat mit mir geredet. Alle Gebärenden sollten so eine ‘Mama für die Mama' in Anspruch nehmen dürfen. Konkret heißt das: Hilfe im Haushalt, psychologische Unterstützung, Kinderbetreuung – standardmäßig für alle Gebärenden."

Druck von außen

"Mütter sind Menschen und deshalb gelten auch für sie Menschenrechte. Dieser Druck auf Mütter, selbstlos zu sein, sich selbst hintenanzustellen, weil man ein Kind hat, alles auf Kosten der mütterlichen physischen und psychischen Gesundheit: Das ist frauenfeindlicher Bullshit. Das Glück eines Kindes wird nicht größer, wenn seine Mutter möglichst viel leidet."

Ana Wetherall-Grujić – zur Person

Ana Wetherall-Grujić wurde 1988 geboren und arbeitet als Journalistin in Wien. Seit 2022 ist sie Mutter. In ihrem Podcast "Keine Hand frei" spricht sie über die Herausforderungen der Mutterschaft. Ihr erstes Buch "Das Baby ist nicht das verdammte Problem: Ein Handbuch für die glückliche Mutter" (24 Euro) erschien im Mai 2023.