Zeit zu zweit ist wichtig für die Beziehung – auch im ersten Jahr mit Baby.© Foto: Getty Images/Guido Mieth
Zeit zu zweit ist wichtig für die Beziehung – auch im ersten Jahr mit Baby.

Julia und Thomas waren das, was Freunde und Bekannte ein perfektes Paar nennen. Gleichberechtigte Berufskollegen, die lange nach dem richtigen Partner fürs Leben gesucht hatten. Sie waren erst ein paar Monate zusammen, als feststand: So soll es für immer bleiben. Gemeinsame Wohnung, Hochzeit und zwei Kinder – das war der Plan. "Wir hatten im Job schon viel erreicht. Da werden wir das Projekt Familie sicher auch gut wuppen", dachte Julia. Und dann kam Moritz. Ein kräftiges gesundes Kerlchen, das aus dem Paar über Nacht eine kleine Familie machte – und aus seinen Eltern zwei Menschen, die sich zeitweise nicht mehr wieder erkannten.

 

Das Babygeschrei zehrt an den Nerven der Eltern

Offenbar ohne erkennbaren Grund schrie, wimmerte und brüllte der Kleine abwechselnd. Gefühlt ging das den ganzen Tag und mindestens die halbe Nacht. Das zehrte nicht nur an Julias Nerven. Wenn Thomas abends müde nach Hause kam, wollte er seine Ruhe. Doch statt die Beine hochzulegen, musste er erst einmal ein weinendes Baby durch die Wohnung tragen und eine tränenüberströmte Julia trösten. Die fühlte sich hilflos, alleingelassen, überfordert und war wütend auf Thomas: "Du darfst den ganzen Tag toll arbeiten und ich kriege nicht mal den Kleinen ruhig."

An Zeit für sich und Zärtlichkeit ist kaum noch zu denken

Einer von vielen typischen Konflikten, mit denen junge Eltern nach der Geburt zu kämpfen haben. Der Alltag lässt sich nicht mehr planen wie früher. Dass das Baby kein dauer-zufriedener Wonneproppen wie in der Werbung ist, frustriert Mama und Papa. Alles dreht sich nur noch ums Kind. Ausgerechnet in dieser schwierigen Phase fehlt die Zeit für Trost und Konfliktmanagement. Hinzu kommt: Noch immer sind es überwiegend die Frauen, die zumindest in den ersten Monaten ihren Beruf aufgeben, allein zu Hause bleiben – und unzufrieden darüber sind. Kein Wunder, dass an Zeit für Zärtlichkeit, an Sex oder an ruhige persönliche Gespräche kaum noch zu denken ist. 

Alltagsfrust und Schlafentzug: Das kostet reichlich Energie

Eine Studie ergab ernüchternde Erkenntnisse: Vor allem nach der Geburt des ersten Kindes haben Paare sich immer weniger zu sagen. Sie tauschen seltener körperliche Nähe aus, streiten sich häufiger und werden mit ihrer Beziehung unzufriedener. Das zieht Energie aus Erwachsenen, die auch noch von Schlafentzug gebeutelt sind. Was kann man dagegen tun? Der wichtigste Expertenrat lautet: Bleiben Sie nett zueinander und im Gespräch. Klingt banal, hat sich aber als äußerst wirkungsvoll erwiesen. Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass Paare Krisenzeiten wie das erste Jahr mit Baby besser überstehen, wenn sie es schaffen, gut miteinander umzugehen.

Streiten in der ersten Zeit mit Baby ja, aber danach wieder nett zueinander sein

Das heißt nicht, dass Mann und Frau sich verstellen und immer lieb sein müssen. Auch Streit ist erlaubt (sogar erwünscht, um Druck abzulassen). Doch danach muss wieder Frieden einkehren. Freundliche Worte, interessanter Austausch (also nicht nur über Windeln und Weinen reden), humorvoll bleiben wie früher, sich gegenseitig Anerkennung und Aufmerksamkeit geben – das zählt. Haben Sie ein offenes Ohr für den Partner oder die Partnerin. Wenn nach einmal Zoffen viermal "positive Interaktionen" in Form von Küsschen, netten Worten, guten Gesprächen, Zärtlichkeiten oder einvernehmlichem Sex stattfinden, sind die Chancen gut, dass die Partnerschaft nicht nur hält, sondern auch von beiden als glücklich empfunden wird.

Wenn die Männer mithelfen, sind die Frauen zufriedener

Vor allem Männer können mit gutem Willen viel bewirken. Forschungen belegen, dass junge Mütter umso unzufriedener sind, je häufiger sie sich überlastet fühlen. Deshalb gilt für Väter: Gönne deiner Frau Auszeiten, stehe selbst nachts auf, übernimm das schreiende Bündel. Zeige der Mutter deines Kindes, dass du ihre Leistung würdigst. Die schweren Zeiten werden ebenfalls erleichtert, wenn Paare ihre Ansprüche an ein perfektes Familienleben herunterschrauben. Dass Babys mal weinen, ist ganz normal. Es hat nichts mit vermeintlich schlechten Eltern zu tun. Und wenn die beste Freundin oder die Schwiegermutter behaupten, die eigenen Kinder hätten tagsüber meist gelächelt und nachts vierzehn Stunden am Stück geschlafen – dann nehmen Sie es gelassen. Die haben vergessen oder verdrängt, wie es wirklich war.

Babyfreie Zeiten stärken die Beziehung der jungen Eltern

Wie Beziehungs-Erfrischer und -Erhalter wirkt für Eltern im ersten Babyjahr übrigens jede Form von Flucht. Selbst wenn es nur zwei Stunden sind. Mal den Babysitter bestellen und ungestört essen gehen – das ist ein Segen für die Partnerschaft. Auch wenn Eltern sich gegenseitig vertreten und jeder mal alleine losziehen darf, ist schon viel gewonnen. Raus aus der Kinderhöhle – rein ins Leben draußen. Ein Tapetenwechsel tut einfach gut. Wird das Baby nicht mehr gestillt und die Großeltern bieten sich als Aufpasser an, sollten junge Paare sich die Chance auf einen Kurzurlaub nicht entgehen lassen.

Fernab der Heimat können beide Partner ein wenig Abstand vom stressigen Alltag gewinnen und wichtige Zweisamkeit genießen. Jeder braucht zwischendurch mal eine Pause, um die Batterien wieder aufzuladen und die Seele baumeln zu lassen. Ein gemeinsames Abendessen in einer netten Pizzeria oder ein Sonnenuntergang am Meer wirken wahre Wunder und helfen dabei, ein wenig zur Ruhe zu kommen.

Am besten tun beide Partner nicht nur etwas für die Beziehung, sondern auch für sich selbst. Wie wäre es zum Beispiel mit einer entspannenden Massage oder mit einem neuen Outfit? Für viele frisch gebackene Mamas ist es ein kleiner Luxus mal wieder Zeit zu haben nach neuen Modetrends zu stöbern. Junge Eltern schaffen mit einem Kurzurlaub außerdem neue gemeinsame Erlebnisse, um ihre Beziehung zu festigen und leben für ein paar Tage nicht nur für das Baby.

Das haben auch Julia und Thomas gemacht, als ihnen wieder einmal die Decke auf die müden Köpfe fiel. "Danach freuten wir uns sogar wieder auf Moritz", stellten die beiden zufrieden fest. Vier Monate später schrie der Kleine endlich weniger. Nach einem Jahr schlief er durch – und nach drei Jahren war fast alles vergessen (oder verdrängt). Welch ein Segen der Natur! Jetzt erwarten Julia und Thomas ihr zweites Kind und freuen sich riesig drauf.    

Sechs Dinge, die der Beziehung guttun – auch und vor allem, wenn man ein Baby hat

Andere Wohnung, andere Gedanken. Kein Geld für eine Reise zu zweit? Macht nichts. Wie wäre es, einfach mal mit den eigenen Eltern die Wohnung zu tauschen? Die kommen zu ihrem Enkel, wo Wiege, Wickeltisch und Wanne stehen, während ihr in deren Haus den Ortswechsel genießt.

Babysitter ohne schlechtes Gewissen. Engagiert regelmäßig einen Babysitter, um ungestörte Zeit zu zweit zu haben. Wenn ihr euch das nicht leisten könnt, legt euch ein Netzwerk zu, in dem Eltern sich gegenseitig helfen. Das heißt: Mal hütest du zwei Babys, mal hast du frei.

Lust auf Sex? Gelegenheiten nutzen. Das Baby schlummert friedlich und fest? Dann gilt: Jetzt oder nie. Nutze die Gelegenheit für Sex so, wie sie sich gerade ergibt. Auch wenn einer anfangs wenig Lust hat, überraschende Chancen können das ändern.

Urlaub in Gemeinschaft Wer sich nicht vom Baby trennen möchte, kann auch vom Urlaub mit anderen profitieren. Ob mit den Großeltern oder mit befreundeten Familien – in einer Gemeinschaft mit wechselnden Betreuern ist vieles leichter als allein zu Hause.

Ohne Spucktuch auf der Schulter. Immer nur in Jogginghose und Schlabber-Shirt mit Spucktuch auf der Schulter? Da fühlt man sich schnell unattraktiv. Nutze Auszeiten zu zweit, um dich mal wieder schick zu machen. Dein Liebster oder deine Liebste wird staunen: "Wow, so kenne ich dich ja gar nicht mehr!"

Beim Vornamen bleiben. Achtung: Je mehr sich alles nur noch ums Baby dreht, desto größer ist die Gefahr, dass Mann und Frau sich nicht mehr mit ihrem Vornamen anreden, sondern mit Mama und Papa. Oder – noch schlimmer – mit Mutti und Vati.

Autorin: Stephanie Albert

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