
Der größte Wunsch meiner Zwillis: ein Wohnmobilurlaub
Wohnmobilurlaub boomt in Deutschland wie nie zuvor: Laut Caravaning Industrie Verband e.V. (CIVD) wurden im ersten Halbjahr 2020 knapp 55.000 "Freizeitfahrzeuge" neu zu gelassen – ein Rekordwert! Trotz und gerade wegen der Pandemie wollen immer mehr Deutsche autark reisen. Und ich gehöre dazu.
Im Juni machte ich mit meinen Zwillingen Elli und Theo schon eine Schnuppertour mit einem Campingvan (den Bericht dazu könnt ihr hier nachlesen). Am Ende dieses langen Wochenendes beschlossen wir, dass wir mehr davon wollen.
Der größte Wunsch der Kids: ein echter Wohnmobilurlaub. Zum sechsten Geburtstag im Juli schenkte ich den beiden zur Steigerung der Vorfreude die Playmobil-Variante – die große Version bekam ich bei der "Deutsche Reisemobil Vermietung (DRM)". In der letzten Ferienwoche holte ich unseren "F3 Family Star" in Henstedt-Ulzburg ab.
Corona-, organisations- und patchworkfamilienbedingt reisten wir wieder nur zu dritt. Etwas verrückt: Schon als ich das im Freundeskreis erzählte, erntete ich nahezu immer als allererstes die Frage: "Wie, du – ganz alleine mit dem dicken Ding?" Ich verstand nicht ganz. Wieso denn bitte nicht? Würde man diese Frage auch einem Papa stellen?
Aber offenbar ist eine solche Tour ohne zweiten potenziellen Fahrer eher die Ausnahme, also beschloss ich, den Check zu machen: Funktioniert so ein Urlaub auch als Quasi-Alleinerziehende, wenn kein zweiter Erwachsener mit am Start ist?
Die Reiseplanung
In den Wochen vor der gemeinsamen Ferienzeit mit den Kindern arbeitete ich so viel, dass ich kaum zu einer anständigen Planung kam. Und das war auch gut so: wäre nämlich für die Katz gewesen. Denn kurz vor Start der Reise sagte die Wetter-App für Dänemark – wo ich eigentlich hin wollte – sieben Tage Regen bei 18 Grad voraus. Ich beschloss also, weil ich ohnehin noch keine Campingplätze reserviert hatte: dann eben doch in den Süden. Meine Schwester urlaubte gerade bei hochsommerlichen Temperaturen mit ihrer Familie im Schwarzwald. Dort würden wir hinfahren. Erster Vorteil also, wenn man alleine reist: Man entscheidet einfach das Ziel selbst. Keine Diskussion, kein Hin- und Her. Plan da, und los.
Die Fahrerei

Okay, auch der erste Nachteil liegt auf der Hand: Ich war bereits knapp zwei Stunden gefahren – und stand noch immer vorm Elbtunnel, hatte noch nicht einmal unsere Heimatstadt Hamburg verlassen. Leicht genervt wünschte ich mir in diesem Stau-Moment insgeheim doch meinen Liebsten herbei. Der mich am Steuer ablöst (und mich auf dem Beifahrersitz schlummern lässt). Am Ende aber ist es ja alles wie immer nur eine Frage der Einstellung – und der Improvisation. Nach einem heißen Tag auf der Autobahn beschloss ich, diese superwarmen Sommertage nicht mehr zum Fahren zu verschwenden. Ab sofort legte ich längere Strecken nur noch abends zurück – sodass Elli und Theo hinten einschlafen konnten. Für die wachen Stunden gab's neue Hörspiele für die Kinder (und Podcasts, Hörbücher und schöne Autofahrmusik für mich). Vorteil: Zu dritt im Wohnmobil hat bei der Fahrt jeder sozusagen eine eigene Reihe nur für sich.
Der Komfort

Apropos Platz: Das galt auch fürs Schlafen. Elli und Theo reservierten natürlich prompt den (mit 1,50 x 2,00 Meter wirklich einigermaßen geräumigen) Alkoven für sich und schliefen dort nach der täglichen Dauer-Frischluft-Dosis wie die Steine. Ich klappte mir Nacht für Nacht die Sitzecke um – und schlief mit meinen 1,64 Meter leicht diagonal auf dem ca. einen Meter breiten (und irgendwie sehr kurzen) Bett. Zu zweit wäre es hier ganz schön eng geworden. Ausweichmöglichkeit wäre noch eine zweite (auf 50 Zentimeter Breite) ausziehbare Bank gegenüber gewesen – die war super für meinen zehnjährigen Neffen, der in einer lauten Gewitternacht nicht in seinem Zelt, sondern bei uns schlafen wollte. Für zwei Menschen, die sich nahe sein wollen, wäre es allerdings eher unkuschelig. Check also: gemütlichere Nächte für alleinreisende Eltern.
Die Technik
Ich gestehe: Um einige technische Dinge hätte ich mich ganz gern gedrückt. Die Säuberung der Bordtoilette etwa ist eine Angelegenheit, die nicht nur aus olfaktorischen Gründen verzichtbar ist. Aber was soll's: Jetzt habe ich auch DAS mal gemacht. Von all den Details, die mir der freundliche DRM-Mitarbeiter in der Einweisung erklärt hatte, waren mir nach ca. 100 Kilometern Reise natürlich schätzungsweise 90 Prozent wieder entfallen. Aber erstens geht ja bekanntlich probieren über studieren, so ließ sich mindestens die Hälfte aller Fragen klären. Zweitens wäre das Handbuch auch für dressierte Schimpansen verständlich gewesen, drittens weiß im Zweifel Youtube weiter – und viertens sind Mit-Camper die wohl hilfsbereitesten Urlauber, die man so treffen kann. Ja: Ich habe schon schlauere Sätze zu Männern gesagt als "Kann ich mir mal kurz deinen Wasserschlauch leihen?". Immerhin haben wir gelacht. Und ein NEIN scheint es unter Wohnmobilfahrern nicht zu geben.
Die Sicherheit

Ich mag es ja, spontan zu sein – aber an diesem ersten Abend kam ich mir selbst ein bisschen ZU spontan vor. Ich dachte: Auf der Fahrt in den Schwarzwald brauche ich keinen Campingplatz, ich parke den dicken Oschi einfach irgendwo in Mannheim, wo wir den großen Bruder meiner Kinder besuchten. Pustekuchen. Der dicke Oschi ist mit seinen 6,44 Meter nämlich zu lang, um ihn mal eben so in einer Innenstadt zu parken. Gewerbegebiet oder Aldi-Parkplatz fand ich eher gruselig. Also telefonierte ich doch noch schnell die Campingplätze der Umgebung ab – und erreichte einen netten Betreiber, der mir anbot, ich könne mich ja vor die Schranke stellen. Er selbst wolle nämlich jetzt ins Bett und könne uns nicht mehr aufschließen ... Kurz vor Mitternacht kamen wir im Stockdunkeln an der gottverlassenen Schranke an, und ich erzählte den hundemüden Kindern (vor allem aber mir selbst) sehr laut, dass es alles ganz aufregend und toll hier sei. Mit dem Sonnenaufgang am nächsten Morgen war mein nächtlich ungutes Gefühl verflogen – wir standen direkt am Rhein, der Campingplatzchef schenkte den Kindern Bonbons, mir ein Lächeln. Und nicht mal was zahlen mussten wir ihm. Kurzum: Wer klüger ist als ich und Campingplätze im Vorfeld reserviert, hat vermutlich keinen Grund, sich unsicher zu fühlen – jedenfalls in Deutschland nicht.
Der Betreuungsschlüssel

Es mag nach Schönrederei klingen, aber ich fand schon immer: Manchmal ist es tatsächlich unanstrengender, wenn Kinder nur EINEN Ansprechpartner haben. Wir drei sind ein wirklich gutes, eingespieltes Team. Natürlich ist ein Betreuungsschlüssel von 2:2 Luxus, allein schon, weil man nicht zwingend rund um die Uhr verantwortlich ist, auch mal eine Runde joggen gehen kann, wenn der andere sich kümmert. Mir aber geht es so, dass ich die Kinderzeit als deutlich intensiver empfinde, wenn wir zu dritt sind. Trick 17 ist für mich: Die Kinder in alles einbeziehen, was geht. Sie schnippeln die Tomaten für den Salat, kommen mit ins Spülhaus und trocknen ab (wenn sie nicht gerade alles unter Wasser setzen), sie dürfen morgens alleine Brötchen holen, sie checken mit mir, ob diverse Klappen zu sind, bevor wir weiterfahren. Im Übrigen haben wir auf unserem Roadtrip nicht nur meine Schwester, sondern auch eine Lieblingsfreundin, die Uroma und die Großeltern besucht. Und deshalb war das mit dem Joggen dann sogar doch auch noch drin.
Die Kosten
Jeder bislang genannte Punkt lässt sich ins Positive drehen – oder ist auch ohne Schummelei schon ein Vorteil. Dieser letzte leider nicht. Denn alleine ist's ganz schön teuer: 1364 Euro kostet unser Modell (in den Sommerferien) pro Woche. Also knapp 200 Euro pro Nacht. Hinzu kommt Sprit (in unserem Fall 300 Euro für knapp 2000 Kilometer), Gebühren für den Campingplatz (in der Hochsaison gern mal 50 Euro pro Nacht), Lebensmittel und Ausflugsgeld. Bei 2000 Euro pro Woche ist man demnach locker – für diesen Betrag gäbe es auch ein echt schickes Hotelzimmer. Ist dann aber halt auch nur halb so viel Abenteuer.
Mein Fazit

Glaubt es oder nicht: Aber ich war nach dieser Woche trotz der langen Strecken und viel Fahrerei ECHT entspannt. Ein riesiger Pluspunkt am Campen ist ja das ständige Draußen-Sein – und das macht nicht nur müde, sondern auch glücklich. Elli und Theo haben in diesem Urlaub (wie in und nach so vielen Reisen) einen echten Schub gemacht und werden unseren Roadtrip vermutlich so schnell nicht vergessen. Auch, weil wir nur zu dritt unterwegs waren.
Also: Wenn euch die Kosten nicht zu hoch sind, traut euch, liebe alleinerziehenden Mamas (und alle, die mal ohne den Mann wegwollen)! Eure Kids werden es lieben – und ihr fühlt euch garantiert zwischendurch wie die Queen of the road, so allein in der Fahrerkabine da oben. Meinen Horizont hat diese Tour jedenfalls erweitert. Ich denke schon über die nächste nach ...
P.S.: Einen guten Überblick für alles rund um das Thema Caravaning-Touren gibt es hier: https://www.caravaning-info.de