
Ab wann kann Stottern bei Kindern auftreten?
Wenn die Wörter im Kopf klar sind. Wenn Mund und Zunge sich richtig bewegen können. Aber wenn die Übertragung zwischen beiden Körperteilen einfach nicht funktionieren will, dann stottert ein Mensch. 800.000 Betroffene zählen wir in Deutschland, darunter auch viele Kinder. Stottern tritt bei ihnen frühestens ab dem dritten Lebensjahr auf. Jungen sind dabei fünfmal so häufig betroffen wie Mädchen. Und: Jeder zweite Fall tritt plötzlich auf. Kein Wunder, dass Mama und Papa dann erst mal völlig hilflos erscheinen: "Warum kann unser Kleiner denn nicht mehr richtig reden?" Logopädin Bärbel Koch beruhigt besorgte Eltern: "Hier lautet die oberste Prämisse: Nicht in Panik ausbrechen! Es kann sich um eine Phase handeln, die von allein vorübergeht."
Ursachen für das (plötzliche) Stottern
Ob ein Kind stottert oder nicht ist nach heutigem Wissensstand im Erbgut veranlagt. Muss aber dennoch keinesfalls auch auftreten. Ein traumatisches Ereignis wie zum Beispiel ein Unfall oder eine Trennung ist also niemals, wie häufig vermutet, die alleinige Ursache für das Stottern eines Kind. Es kann aber durchaus dazu beitragen, die Redeflussstörung auszulösen bzw. aufrechtzuerhalten.
Mit der Intelligenz des Kindes hat die Neigung zum Stottern übrigens genauso wenig zu tun wie mit der Erziehung der Eltern. Stotternde Kinder sind auch nicht ängstlicher oder nervöser als andere Kinder. Jedoch kann aus einem chronischen Stottern natürlich eine psychische Belastung resultieren.
Wie macht sich Stottern bemerkbar?
"Es gibt sogenannte altersgemäße Unflüssigkeiten, die sich durch Wort- und Silbenwiederholungen zeigen, wobei das Kind überhaupt nicht angespannt ist", erklärt uns Bärbel Koch. "Bei beginnendem Stottern treten zusätzlich auch Lautwiederholungen auf, die mit mehr Spannung gesprochen werden. Es kommt zu stummen Blockaden. Die Kinder bleiben regelrecht hängen. Doch man spricht erst von einem chronischen Stottern, wenn der Zustand mindestens sechs Monate anhält."
Was mache ich, wenn mein Kind stottert?
Unsere Sprachexpertin hat folgende Tipps für Eltern und betroffende Kinder:
- Auf jeden Fall sollte man vermeiden, dem Kind Anweisungen zu geben, wie es sprechen soll: zum Beispiel "Hol erst mal Luft", "Sprich langsamer" oder "Denk erst mal nach, was du sagen willst". Das verunsichert die Kinder noch mehr. Man sollte den Kindern gut zuhören und auf den Inhalt reagieren.
- Das Kind nicht unnötig zum Sprechen auffordern, da dadurch "Sprechdruck" entsteht, der das Stottern verstärken kann.
- Außerdem ist es wichtig, das Kind immer ausreden zu lassen.
- Gehen alle, die mit dem Kind zu tun haben, und das Kind selbst angstfrei mit der Situation um, ist das die beste Voraussetzung, kein chronisches Stottern zu entwickeln.
Ab wann sollte ich mit meinem stotternden Kind eine Sprach-Therapie aufsuchen?
Wichtig zu wissen: Eine kurzfristige Stotter-Phase ist kein Grund zur Sorge. Dennoch sollte man einen Termin beim Kinderarzt, der dann zur Logopädie überweisen kann, nicht unbedingt hinauszögern. Denn bei fünf Prozent der Kinder zwischen zwei und sechs Jahren tritt Stottern auf. Und bei etwa 25 Prozent von diesen Kindern bleibt es auch. "Leider lässt sich nicht vorhersagen, bei welchem Kind dies so sein wird. 'Abwarten, das verwächst sich' ist daher kein guter Rat, weil wertvolle Zeit zur Behandlung des Kindes ungenützt vergehen könnte", heißt es auf der Website der Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe e.V. (BVSS). Der Verein rät Eltern dazu, sich auf ihre Intuition zu verlassen. "Stottern kann bereits bei Kleinkindern therapeutisch behandelt werden und Fachleute sind sich einig, dass Stottertherapie umso aussichtsreicher ist, je früher eine qualifizierte Behandlung erfolgt."
Welche Therapie-Form infrage kommt, sollte gemeinsam mit dem Logopäden besprochen werden. Hierbei kommt es vor allem auf das Alter des Kindes an. Am besten wendet man sich an eine logopädische Praxis, die auf Stottern spezialisiert ist.
Autorinnen: Irlana Nörtemann und Astrid Christians