Dieser Artikel enthält unter anderem Produkt-Empfehlungen. Bei der Auswahl der Produkte sind wir frei von der Einflussnahme Dritter. Für eine Vermittlung über unsere Affiliate-Links erhalten wir bei getätigtem Kauf oder Vermittlung eine Provision vom betreffenden Dienstleister/Online-Shop, mit deren Hilfe wir weiterhin unabhängigen Journalismus anbieten können.

Brauchen meine Kinder einen eigenen Zahnarzt? Ich gebe zu: Diese Frage hatte ich mir nie gestellt. Wie selbstverständlich habe ich die beiden mit zu der Praxis geschleppt, in der mein Mann und ich uns behandeln lassen. Und das funktionierte wunderbar: Kinder, Zahnärztin, ich – alle waren happy. Doch dann kam das erste Loch.
Angst vor Bohrer und Spucksauger
Die Zahnärztin erklärte meinem sechsjährigen Sohn die Geräte und die einzelnen Schritte, er nickte tapfer. Doch irgendwo zwischen Spucksauger im Mund und Bohrgeräusch im Ohr wurde es ihm zu viel. Er begann nicht nur zu weinen – er wurde panisch. So hatte ich ihn noch nie erlebt. Sogar der Wattebausch machte ihm plötzlich Angst. Es half alles nichts: Wenn ich meinen Sohn nicht mit Gewalt an den Behandlungsstuhl fesseln wollte, würden wir nicht weiterkommen. Wir brachen die Behandlung ab.
Die Alternative speziell für Kinder
Meine Zahnärztin empfahl mir daraufhin eine Kollegin, die Kinderzahnärztin ist. Ich habe erst einmal doof geguckt: Mir war nicht bewusst, dass es Zahnarztpraxen speziell für Kinder gibt. Sonderbar eigentlich – dass wir unsere Kinder zu einem speziellen Kinderarzt bringen ist ja auch selbstverständlich.
Im Wartezimmer erinnert auch alles eher an unsere Kinderarztpraxis und nicht an einen Zahnarzt: Statt Gala und Stern warten hier Conni und Drache Kokosnuss darauf, gelesen zu werden. Die Waschbecken zum Zähneputzen sind nicht nur kunterbunt, sondern in allen erdenklichen Höhen an der Wand angebracht. Das niedrigste geht mir gerade mal bis zum Knie. Direkt daneben: ein Bällebad mit Rutsche! Das ist Coronabedingt leider gesperrt. Macht aber nichts: Mein Sohn klebt mit der Nase ohnehin schon an dem Gerät daneben. Es gleicht einem Kaugummi-Automaten, gefüllt mit Flummis und anderen Geschenken. Darauf entdecken wir ein Schild, das uns erklärt: Nach erfolgreicher Untersuchung bekommt jedes Kind eine Münze für diesen Automaten. Ich sehe meinem Sohn die plötzliche Motivation, dieses Mal durchzuhalten, förmlich an.
Mama muss den Mund halten
Doch Sauger und Bohrer kommen heute nicht zum Einsatz: "Der erste Besuch bei uns ist immer ein reines Kennenlernen“, erklärt mir die Ärztin. Und ab diesem Punkt bin ich außen vor: Mein Sohn ist nun ihr Gesprächspartner. Ich soll bitte nicht für ihn antworten. So hat er die Chance, in eigenen Worten zu formulieren, was ihm Angst bereitet hat bei der anderen Zahnärztin. Ich finde es großartig, wie die Ärztin mit meinem Sohn redet. Nur das Feedback von ihm fällt mau aus. Er ist längst abgelenkt von dem eigentlichen Highlight der Praxis: Über der Liege, auf die er sich für die Untersuchung legen soll, ist ein Fernseher angebracht – und auf dem läuft ein Zeichentrickfilm.
Behandlung mit Prinzessin Lillifee
"Das kannst du in Ruhe schauen, wenn ich deine Zähne angucke“, lockt ihn die Zahnärztin. Und noch während sie spricht, reißt mein Sohn seinen Mund bereitwillig auf. Was so ein simpler Trick bewirken kann! Nach dem Blick auf die Zähne erklärt sie meinem Sohn, dass sie nun wieder mit mir redet. Er darf in Ruhe weiter Prinzessin Lillifee schauen. Ich erfahre, dass mein Sohn nicht nur ein Loch, sondern auch Kreidezähne hat. Eine Diagnose, die meiner eigenen Zahnärztin leider entgangen war. Diese müssen versieget werden – eine zusätzliche Behandlung, die Geduld und einen ruhigen Patienten erfordert. Daher empfiehlt sie eine sogenannte Heranführung. Dabei werden den Kindern alle Gerätschaften, die bei der echten Behandlung zum Einsatz kommen, erklärt und in Aktion – also im eigenen Mund – gezeigt.
Aller guten Dinge sind drei
Ich gebe zu: Begeistert bin ich nicht, dass ich die Anfahrt von knapp 50 Minuten insgesamt drei Mal auf mich nehmen soll, bis endlich dieses vermaledeite Loch geschlossen wird. Aber natürlich höre ich auf ihre Empfehlung – auch wenn die Kosten für die Heranführung privat gezahlt werden müssen. Für heute sind wir also fertig. Und sehr zur Freude meines Sohnes gibt es sogar für dieses Kennenlernen eine Münze für den Automaten im Wartezimmer. Keine Frage: Nun will er unbedingt wiederkommen!
Zwei Tage später sind wir zurück. Mein Sohn wird von allen in der Praxis beim Vornamen begrüßt. Er kann es kaum abwarten, wieder auf die Behandlungsliege zu hüpfen. Der Zeichentrickfilm läuft, die Münze ist gedanklich schon verdient – es kann losgehen. Doch dann zeigen sich die Grenzen von Ablenkung und Bestechung: Als meinem Sohn der Spuckesauger präsentiert wird, ist die Panik zurück. Er weint bitterlich, presst immer wieder die Lippen fest aufeinander. Die Zahnarzthelferin hat keine Chance. Eine Münze für den Automaten gibt es trotzdem. Und ein ernstgemeintes Lob von ihr, dass sie stolz auf ihn sei: Er hat es probiert. Das sei die Hauptsache.
Letzte Chance: Narkose
Die Ärztin erklärt mir, dass eine normale Behandlung nicht in Frage kommt, wenn wir meinem Sohn kein Trauma verpassen wollen. Die Alternative: Eine Behandlung unter Narkose. In sechs Wochen haben wir einen Termin, bei dem Loch und Kreidezähne behandelt werden. Mein Sohn wird davon nichts mitbekommen. Und ich bin erleichtert, dass die Praxis diese Option anbietet (meine Zahnarztpraxis tut das nicht). Denn ein weiteres Mal hätte ich es nicht ausgehalten, ihn so panisch zu erleben. Vermutlich wäre es anders gekommen, wenn wir von Anfang an in diese Praxis gegangen wären. Und dennoch bin ich dankbar, dass ich das Thema Zahnarzt nun mit ein paar schönen Assoziationen verknüpfen kann. Wenn ihm Lillifee und Krimskrams-Automat auch nur ein klein wenig seiner Panik nehmen können, dann ist es das auf jeden Fall wert.
Regeln beim Kinderzahnarzt
Die Praxis, die unsere Autorin besucht hat, erwartet Mitarbeit von den Eltern, damit die Kinder sich wohl fühlen. Unter anderem:
- Nicht ins Gespräch einmischen: Das Kind steht im Mittelpunkt. Eltern sollen sich zurückhalten, wenn es befragt wird und ihren Nachwuchs immer selbst antworten lassen.
- Fotografieren verboten: Vielleicht sind ein Bällebad im Wartezimmer und ein TV überm Zahnarztstuhl tolle Motive für die nächste Instagram-Story. Doch so etwas lenkt das Kind nur ab. Das Handy soll deshalb in der Tasche bleiben!
- Geschwister ruhig halten: Natürlich dürfen Geschwisterkinder mitgebracht werden. Doch auch sie sollen nicht ablenken. Die volle Aufmerksamkeit soll dem Kind auf der Behandlungsliege gehören. Am besten – und wenn es möglich ist – deshalb lieber ohne Geschwister zum Termin kommen.