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Update vom 4.11.2021: Eine aktuelle Forsa-Studie ergab, dass bereits 13 Prozent der Befragten mit ihren Säuglingen und Kleinkindern bis zum Alter von fünf Jahren bei einem Osteopathen in Behandlung waren oder sind. Weitere 13 Prozent der Patienten waren im Alter von sechs bis 19 Jahren. Das Meinungsforschungsinstitut hat im Auftrag des Verbandes der Osteopathen Deutschland (VOD) e.V. knapp 2.500 Bundesbürger befragt.
Die "Lehre der heilenden Hände" ist alt, uralt: Die Osteopathie wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt. Mit bis zu 3.000 Handgriffen untersuchen und behandeln die Therapeuten Funktionsstörungen im Körper. Dabei suchen sie Blockaden in den Faszien, einem Gewebenetz, das alles in unserem Körper wie ein Netz umhüllt und vieles verbindet. So werden den Behandlern zufolge häufig Zusammenhänge offengelegt, an die vorher noch keiner gedacht hat.
"Osteopathie ist ein ganzheitliches Konzept, das alle Strukturen im Körper aufeinander bezieht. Der Bewegungsapparat, das Nervensystem und die Organe beeinflussen sich gegenseitig", erklärt Osteopathin Susanne Feder aus Hamburg. "Es wird nicht das Symptom, sondern die Ursache behandelt." Heißt: Wenn es im Bauch zwickt, kann der Grund dafür ganz woanders liegen.
Wann Osteopathie für Babys sinnvoll sein kann
Die Therapeutin mit Spezialisierung auf Kinderosteopathie gibt ein Beispiel: "Die Ursachen von Koliken sind vielfältig. Sie können zum Beispiel durch Verdauungsschwierigkeiten hervorgerufen werden, durch ein gereiztes Nervensystem oder Bewegungseinschränkungen." Bei der osteopathischen Behandlung erfühlt die Therapeutin mit ihren Händen die Spannung, versucht sie mit sanften Berührungen zu lösen. Dadurch sollen die Symptome, Weinen und Bauchweh, verschwinden.
"Manchmal reicht tatsächlich eine Behandlung", sagt Susanne Feder. "Das ist zum Beispiel der Fall, wenn das Kind durch eine sehr anstrengende Geburt oder einen Kaiserschnitt eine Blockade im Körper hat. In den meisten Fällen braucht es aber zwei bis drei Sitzungen, um zu schauen, ob die Therapie wirkt. Dabei sind die Gespräche genauso wichtig wie die manuelle Behandlung."
So läuft die Osteopathie-Behandlung für Kinder ab
Zu der ganzheitlichen Methode gehört neben dem Körper auch der Geist – von Kind und Eltern. Deshalb führt die Therapeutin anfangs mit der Familie ein Anamnesegespräch. Dabei werden die Schwangerschaft, die Geburt und die jetzige Lebenssituation (Krankheiten, Verletzungen, Jobwechsel, Umzug etc.) besprochen. "Der ganze Kontext wird beleuchtet. Denn auch Spannungsgefühle der Eltern können ursächlich für die Symptome des Kindes sein. Das ist ganz normal und kein Grund für ein schlechtes Gewissen", erklärt die Osteopathin.
Nach dem Gespräch tastet die Therapeutin den Körper des Kindes ab. Schmerzen müssen die Kleinen dabei nicht befürchten: Es wird kein Druck ausgeübt – sondern Druck genommen. "Babys sind meistens auf dem Arm oder Schoß der Eltern. Manche werden auch währenddessen gestillt. Kleine Kinder sind manchmal lieber auf dem Boden. Nicht die Position ist wichtig, sondern die entspannte Atmosphäre", sagt Susanne Feder.

Hilfe beim Zahnen, Krabbeln, Sprechen, Schlafen
Die Anwendungsgebiete der Osteopathie sind vielfältig. "Kinder, die Unruhe bzw. erhöhten Stress haben, finden oft schlecht in den Schlaf. Wir suchen die Ursache des Stressniveaus und versuchen, es zu verbessern. Die Sprachentwicklung kann durch das Lösen von Spannungen im Körper gefördert werden. Ebenso kann eine Behandlung das Zahnen erleichtern. Oder wir begleiten das Kind bei Bewegungsübergängen, wenn es zum Beispiel nicht ins Krabbeln findet", berichtet Susanne Feder. Dabei ist Osteopathie natürlich kein Allheilmittel. Beschwerden und Verhaltensauffälligkeiten sollten immer zunächst vom Kinderarzt untersucht werden. "Wir arbeiten natürlich, wann immer nötig, mit Hausärzten zusammen", so Feder.
Kosten, Kompetenz, Kritik
- Osteopath ist keine geschützte Berufsbezeichnung, deshalb sollten Eltern darauf achten, dass der gewählte Therapeut ein Studium oder eine umfangreiche osteopathische Ausbildung (mind. fünf Jahre) absolviert hat.
- Für Kinderosteopathie gibt es eine Zusatzqualifikation. Auf bv-osteopathie.de könnt ihr entsprechend ausgebildete Osteopathen finden.
- Der Verband der Osteopathen Deutschland e.V. (VOD) bietet auf osteopathie.de eine Liste mit Informationen zu den Krankenkassen, die die Kosten übernehmen.
- Kritiker bemängeln, dass Osteopathie nicht wissenschaftlich fundiert sei. Der VOD verteidigt dies: Eine Studie aus 2019 habe ergeben, dass Osteopathie bei den am häufigsten behandelten Baby-Problemen zu einer Besserung von 50 bis 80 Prozent führte. Allerdings finanzierte und unterstützte der Verband diese Studie in großen Teilen.
Autorin: Merle von Kuczkowski