
Gerade in den ersten Lebensmonaten kommt es öfter vor, dass Säuglinge aus heiterem Himmel anfangen zu weinen, und manchmal scheint es so, als würden sie nie wieder damit aufhören wollen. Als frischgebackene Eltern ist das nicht immer leicht auzuhalten, schließlich machen wir uns sofort Sorgen um unsere Kleinen. Doch auch wenn sich das Baby so sehr ins Schreien und Weinen hineinsteigert, dass es einen knallroten, bzw. lilafarbenen (!) Kopf bekommt, heißt das nicht immer, dass etwas schmerzt oder im Argen liegt …
Die Frage nach der Ursache
Warum Babys schreien kann zunächst mal ganz unterschiedliche Gründe haben. Manchmal drücken sie ihr Bedürfnis nach Nähe oder Nahrung auf diese Weise aus. Manchmal zeigen sich jedoch eigenartig regelmäßige Muster in den Schreianfällen, die zum Beispiel jeden Abend um die gleiche Zeit beginnen und sogar über Stunden anhalten können. Zeigt sich das Neugeborene in dieser Situation immun gegen jegliche Elterntricks, kann es damit zu tun haben, dass dem Baby nichts fehlt – es durchläuft lediglich eine ganz normale Entwicklungsphase.
Was die Forschung zum "PURPLE Crying" sagt
Der kanadische Entwicklungspädiater Professor Ronald Barr beschäftigt sich bereits lange Zeit intensiv mit dem Schreien von Säuglingen und prägt für diese Schreiphase den Begriff der "Period of PURPLE Crying". PURPLE spielt hier jedoch weniger auf den hochroten Kopf der Babys an, die sich "eingeschrien" haben. Vielmehr ist es ein Akronym, das frischgebackenen Eltern dabei helfen soll, diese Phase besser zu verstehen und sich nicht entmutigen zu lassen.
Das Akronym "PURPLE" steht für bestimmte Merkmale des Schreiens eines Säuglings in dieser Phase. Das Wort "Period" ist wichtig, weil es darauf hindeutet, dass diese Phase nur vorübergehend ist und zu einem Ende kommt.
P=Peak of crying (Von Woche zu Woche nimmt das Weinen eventuell bis zu einem Höhepunkt im zweiten Monat zu.)
U=Unexpected (Das Weinen kommt und geht ohne ersichtlichen Grund.)
R=Resists soothing (Das Baby kann nicht aufhören zu weinen, egal was ihr versucht.)
P=Pain-like face (Auch wenn sie keine haben, können weinende Babys aussehen, als hätten sie Schmerzen.)
L=Long-lasting (Das Weinen kann bis zu fünf Stunden am Tag oder länger andauern.)
E=Evening (Das Baby weint möglicherweise vermehrt in den späteren Stunden des Tages.)
Der Verlauf der Schreiphase
Häufig wird die Ursache für starkes Schreien, das ohne weitere Symptome aufkommt, Koliken zugesprochen. Mit seinen Studien fand Ronald Barr heraus, dass lange Schreiepisoden in den ersten fünf Monaten jedoch nicht unbedingt bedeuten, dass den Babys etwas fehlt. Eine solche Schreiphase machen alle Babys im Rahmen ihrer Entwicklung durch – nur schreien einige mehr als andere.
Die "Period of PURPLE Crying" kann, wie oben erwähnt, im Alter von etwa zwei Wochen beginnen. Die Dauer des Schreiens bei allen Säuglingen kann in den ersten zwei bis drei Monaten zunehmen, bis es einen Höhepunkt erreicht und dann – zur Beruhigung aller Eltern: nachlässt! Diese Phase hält also in den meisten Fällen nicht länger (und ja, das ist lange genug) als vier bis fünf Monate an.
Zu wissen, wieso unser kleiner Liebling nicht aufhören kann zu schreien, egal wie viel Mühe wir uns geben, kann helfen, belastende und nervenzehrende Phasen zu überstehen und macht Mut, da wir wissen, dass es eben doch "nur" eine Phase ist und nichts Schlimmes dahintersteckt.
Mit Aufklärung Kindesmisshandlung vorbeugen
Mit der Aufklärung über die Schreiphase von Säuglingen setzt sich Ronald Barr dafür ein, die Fälle des sogenannten Shaken-Baby-Syndroms (SBS) zu verringern. Mit einer Studie belegt er, dass übermäßiges Weinen einer der häufigsten Auslöser dafür ist, dass Eltern ihre Neugeborenen schütteln und so das Schütteltrauma-Syndrom verursachen.
Nach Angaben des National Center on Shaken Baby Syndrome gibt es in den USA jedes Jahr etwa 1.300 Fälle von SBS. In den Jahren 2008 und 2009 wurde deshalb auch eine Aufklärungskampagne zur "Period of PURPLE Crying" durchgeführt, durch die tatsächlich eine Verringerung der Fallzahlen erreicht wurde.
Weitere Infos zu dem Aufklärungsprogramm findet ihr beim National Center on Shaken Baby Syndrome.