5 Fragen zu "Regretting motherhood"

Wenn Muttersein nicht glücklich macht

Nicht immer erfüllt das Muttersein Frauen mit Glück und überbordender Liebe, im Gegenteil: Manche Frauen bereuen es, Mutter geworden zu sein. Eine Studie aus dem Jahr 2015 brachte das Thema zur Diskussion, die seitdem nicht abbricht. Die Soziologin Christina Mundlos hat darüber ein Buch geschrieben.

Die weltweite Diskussion über das Thema "regretting motherhood" hielt auch in Deutschland Einzug.© Foto: Getty Images
Die weltweite Diskussion über das Thema "regretting motherhood" hielt auch in Deutschland Einzug.

Ist es in Ihren Augen ein Widerspruch zu sagen: "Ich liebe mein Kind, aber ich würde es nicht noch einmal bekommen"?

Psychologisch gesehen sind solche Ambivalenzen etwas völlig Normales – sie gehören zum Leben dazu. Das Schwierige ist, diese wahrzunehmen und auszuhalten. Das schaffen viele nicht. Die bereuenden Mütter unterscheiden sehr stark zwischen ihrer Rolle und dem Kind. Sie lieben ihre Kinder als Personen, sind aber unglücklich in der Mutterrolle.

Warum fällt es Frauen schwer, über negative Gefühle ihren Kindern gegenüber zu reden? Diese Mütter, so schreiben Sie, behandeln ihre Kinder ja nicht schlecht.

Wenn eine Frau in unserer Gesellschaft äußert, dass sie es bereut, Kinder bekommen zu haben, wird sie ausgegrenzt und angefeindet. Man hält sie für eine Rabenmutter und bezeichnet sie auch so. Das geht so weit, dass man ihr ihre Menschlichkeit abspricht. Das habe sogar ich als Autorin zu spüren bekommen, nur weil ich mit diesen Müttern gesprochen habe. Der Umgang mit Frauen, die den Muttermythos entlarven, ist furchtbar. Daher ist das Thema ein solches Tabu.

 

Was glauben Sie: Wie viele Mütter bereuen tatsächlich, Mutter geworden zu sein?

Ich gehe davon aus, dass es sich um etwa 10 Prozenz aller Mütter handelt. Ich habe jedoch keine quantitativen Studien durchgeführt oder vorliegen.

Mädchen und Frauen wird heute immer gesagt: Euch stehen alle Möglichkeiten offen. Wenn ihr etwas wollt, könnt er das schaffen! Ist das falsch?

Das ist nicht ganz falsch, aber es ist nur die halbe Wahrheit. Erst sagt man ihnen nämlich, dass ihnen alle Möglichkeiten offen stehen, und dann versäumt man es, familienfreundliche Arbeitsstrukturen zu installieren, die Diskriminierung von Frauen und Müttern am Arbeitsplatz wirksam zu bekämpfen und eine frauenfreundliche Familienpolitik zu schaffen. Sicher können Frauen vieles schaffen, wenn sie das wollen. Und es ist gut, ihnen Mut zu machen und ihr Selbstbewusstsein zu stärken. Aber das auf den "Willen der Frauen" zu reduzieren heißt auch, alle anderen Probleme zu leugnen.

Gibt es Hilfe für die betroffenen Mütter?

Eine Mutter kann ihre eigenen Grenzen ausmachen und ihre Bedürfnisse ernst nehmen. Sie kann aufhören zu fragen "Was soll ich leisten?" und stattdessen überlegen "Was will und kann ich leisten?" Sie kann Abstand von Menschen halten, die sie unter Druck setzen und den "Mütterterror" betreiben. Doch das ist alles leichter als gesagt. Mütter, die das tun, werden sehr viel Gegenwind bekommen. Sie erhalten keinerlei Wertschätzung und es wird unablässig versucht, ihnen ein schlechtes Gewissen einzureden. Wenn die Gesellschaft nicht umdenkt, wird es für Mütter schwierig, glücklich zu werden.

Das der Alltag zwischen Kind, Küche und Karriere oft anstrengend und mit wenig Anerkennung verbunden ist, hat jede Mutter schon erfahren. Und sich ganz weit weg gewünscht. Irgendwann ist dann doch wieder alles gut und man würde die kleinen Plagegeister für Nichts auf der Welt hergeben.

Es gibt aber Frauen, die unabhänging von ihren Lebensumständen sagen: "Ich bereue es, Mutter geworden zu sein!". Und die ihre Entscheidung für ein Kind am liebsten rückgängig machen würden, wenn sie es könnten. Trotzdem sagen diese Mütter: "Ich liebe mein Kind!". Sie würden es nur nicht noch einmal bekommen.

Die Soziologin Christina Mundlos hat das Thema "Regretting motherhood" aufgegriffen und wollte wissen, wie es Frauen in Deutschland damit geht. Die Ergebnisse ihrer Recherchen hat sie in ihrem Buch "Wenn Muttersein nicht glücklich macht"* veröffentlicht. Wir haben mit ihr darüber gesprochen.

Über die Autorin

Christina Mundlos studierte Soziologie und Germanistik mit dem Schwerpunkt Geschlechter- und Familienforschung. Von 2009 bis Oktober 2014 arbeitete sie im Gleichstellungsbüro der Universität Hannover und leitete dort zuletzt das Familienservicebüro. Seit November 2014 ist sie als freiberufliche Autorin tätig und beschäftigt sich vor allem mit Gender- und Mütterthemen. Mundlos hat zwei Kinder und lebt in Hannover.

Ihr Buch "Wenn Mutter sein nicht glücklich macht: Das Phänomen Regretting Motherhood"* erschien 2015 (14,99 Euro, mvgVerlag).

Lade weitere Inhalte ...