Nachgefragt bei zwei Familien

Ist ein Baby ein Beziehungskiller? Wir fragen nach!

Wenn aus Paaren Eltern werden, verschlechtert sich häufig ihre Beziehung. Sind Babys also Beziehungskiller? Unsere Autorin hat zwei Familien befragt, wie sich ihre Partnerschaft verändert hat und was ihre Liebe lebendig hält.

Babys sind oft eine Belastungsprobe für die Beziehung junger Eltern.© Foto: Getty Images
Babys sind oft eine Belastungsprobe für die Beziehung junger Eltern.

Familie Goy

Susanne: Durch die Kinder habe ich meinen Mann komplett neu kennengelernt. Am Anfang fand ich es echt schwer, mich auf den neuen Menschen "Vater" einzustellen. Da setzte er plötzlich Dinge voraus, von denen ich keine Ahnung hatte!

Ein Beispiel: Paul, unser Einstiegs-Baby, hat mich zur Hausfrau gemacht. Deshalb dachte Jörg, ich hätte nun massenhaft Zeit, sprich: Ihn würde fortan eine stets aufgeräumte Wohnung mit einer entspannt lächelnden Ehefrau darin erwarten.

Tatsächlich sah es anfangs bei uns aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Paul schlief nur 45 Minuten am Tag und verlangte ansonsten Dauerbespaßung. Es gab da also keine "Strahlefrau", die den Liebsten mit "Hallo Schatz" begrüßte, sondern eine aufgelöste, superfertige "Mutti", die ihm das Baby mit einem "Nimm das! Ich mache jetzt einen Ausflug in den Supermarkt – allein!" in die Arme drückte. Woraufhin Jörg sagte: "He, ich habe den ganzen Tag gearbeitet, ich brauche doch auch eine Pause!"

Solche unausgesprochenen, unterschiedlichen Erwartungen führen natürlich dazu, dass man mehr streitet. Das empfinde ich aber nicht nur als negativ. Es hält unsere Beziehung auch lebendig. Seit wir Kinder haben, sprechen wir eine viel deutlichere Sprache miteinander.

Hart ist für mich, dass sich meine Produktivität nicht mehr messen lässt. Wenn Jörg fragt: "Und, wie war dein Tag?", möchte er eigentlich hören, was ich geleistet habe. Weil er nicht sieht, dass jetzt nur noch vier statt sieben Wäschekörbe herumstehen und dass ich schon fünf Mal die Windeln gewechselt habe etc.

© Foto: privat
Familie Goy 

Jörg: Für mich ist das so: Ich komme von der Arbeit und sehe wieder Arbeit. Das stört mich, und dann vergesse ich schon mal, was los sein kann ...

Susanne: Tja, und mit jedem Baby kommen die Hormone wieder zu Besuch. Das versteht natürlich kein Mann, dass Frau einfach heulen muss, nur weil gerade alles so schön ist. Was uns zusammenhält? Ganz klar: Das Wissen, dass wir freiwillig ein Paar sind, saftige Auseinandersetzungen, süße Versöhnungen und die beiderseitige Bereitschaft, dem anderen immer wieder entgegenzukommen.

Jörg: Außerdem ist Glück ja nicht nur gleich Paarglück. Als Eltern haben wir ganz neue Freudequellen für uns entdeckt. Etwa diese innige Verbundenheit, die uns überkommt, wenn wir am Abend unsere sonst so streitbaren Söhne betrachten, die Händchen haltend wie ein festes Knäuel in nur einem
Bett schlafen.

Birte Glang: "Elternsex. Pimp your love! Wie euer Liebesleben wieder in Schwung kommt"

© Verlag

Hand aufs Herz: Wie oft habt ihr noch Sex, seit ihr Eltern seid? Und stört euch das oder ist euch sogar das zu viel? Habt ihr seit der Geburt Schmerzen, findet kaum Zeit zu zweit, mögt nicht angefasst werden? Bewegen euch ganz andere Fragen?

Birte Glang (42), erfolgreiches internationales Model, Schauspielerin und Fitness-Profi, bringt mit diesem ganz persönlichen Ratgeber neuen Schwung ins Eltern-Schlafzimmer. Mit etwas Aufklärung, einem ehrlichen Blick ins eigene Schlafzimmer und ein paar Übungen, die euch fit machen, kann Elternsex besser werden als je zuvor. Glang verrät in diesem ganz persönlichen Ratgeber nicht nur, wie sich Mamas und Papas die Leidenschaft zurückholen – sondern auch, wie die Lust gar nicht erst verschwindet.

Freut euch auf Antworten auf all die Fragen, die ihr niemals laut aussprechen und bestenfalls heimlich googlen würdet – egal ob ihr gerade ein Baby plant, bereits schwanger seid oder der Nachwuchs schon wild durch euer Leben tobt.

"Elternsex. Pimp your love! Wie euer Liebesleben wieder in Schwung kommt" von Birte Glang (192 Seiten, Junior Medien, 18,95 Euro).

© Foto: privat
Familie Janetzko

Familie Janetzko

Stephen: Was das wirklich bedeutet, 24 Stunden am Tag für einen neuen Erdbewohner zu sorgen, das ist auch bei intensiver innerlicher Vorbereitung nicht vorhersehbar. Insofern hat sich unsere Beziehung ganz klar verändert, und wir haben uns besser kennengelernt. Unsere Liebe ist tiefer geworden. Es sind aber auch mehr Reibungspunkte entstanden.

Besonders schwierig fand ich, dass sich in den ersten Monaten alles um Mutter und Kind gedreht hat. Durch das viele nächtliche Stillen hatte Claudia enorme Schlafdefizite. Sie musste sich oft noch mal hinlegen. Ich war auch nicht fit, aber anstatt arbeiten zu können, war ich dann mit Tragetuch und Kinderwagen unterwegs.

Wir sind zudem erst zusammengezogen, als das vierte Kind kam. Und da mein erster Sohn bei seiner Mutter lebt, kam ich aus einer Single- direkt in die Großfamiliensituation. Das war und ist eine echte Herausforderung für mich. Vor allem, weil ich auch gern mal allein bin – und als Freiberufler an freie Zeiteinteilung und intensives Arbeiten gewöhnt war. Beides ist seit den Kindern fast unmöglich und führt immer wieder zu Diskussionen.

Claudia: Richtig guttut unserer Beziehung übrigens der Babysitter, so können wir echte Zweisamkeit erleben, auch wenn es oft nur für wenige Stunden klappt und es nicht immer leicht ist, die Kinder herzugeben. Neben Liebe, Toleranz und Bereitschaft, sich auf neue Situationen einzulassen, ist das unser Kraft-elixier. Und: Jedes Baby ist doch etwas so Wunderbares, dass sich dafür auch Opfer durchstehen lassen. Ein winziges Kinderlächeln kann den Stress eines Tages so schnell vergessen machen!

Stephen: Was mich als Liedermacher dabei besonders fasziniert: Kinder brechen viele festgefahrene Strukturen auf. Dadurch entsteht ganz neues, kreatives Potenzial, gerade in der ersten Krabbelzeit habe ich jeweils 50 und mehr neue Lieder geschrieben!

    Tipps, wie Eltern ein Paar bleiben

    Eltern zu werden und ein Paar zu bleiben, ist gar nicht so einfach. Was dabei hilft, weiß Kinderarzt Dr. Herbert Renz-Polster nicht nur aus Forschungsarbeiten zur Evolution, sondern auch aus eigener Erfahrung. Er ist vierfacher Vater und rät:

    • Realistisch sein: Familie werden ist kein Honigschlecken. Gerade für "frischgebackene" Väter entpuppt sich das erwartete Kuschelparadies oft als emotionale Durststrecke. Das ist aus Sicht der Evolution ganz natürlich: Statt Partnerwerbung steht jetzt "Brutpflege" auf dem Programm und die schluckt alle Energie.
    • War die Beziehung vorher sehr intim, empfindet der Partner da leicht "romantische Leere" und fühlt sich gekränkt. Da hilft nur: klar, aber freundlich über die jeweiligen Vorstellungen (Sex, Ausgehen, Me-Time ...) reden, Frust auch mal rauslassen und dem Alltag so viel gemeinsamen Boden abgewinnen, wie es geht.
    • Soziales Netz aufbauen: Früher bedeutete Mutterschaft, dass eine Frau in den Stamm hineinwuchs, heute ist sie ein eher isolierendes Ereignis. Ein Riesenproblem! Denn von Natur aus haben Menschen die betreuungsintensivsten Kinder. Alleine KANN es die Mutter gar nicht schaffen! Deshalb: Bauen Sie sich einen neuen "Stamm" auf – möglichst schon in der Schwangerschaft – indem Sie Kontakte knüpfen und sich Hilfe organisieren (Mitmütter, interessierte junge Nachbarinnen, Babysitter, Mütterpflegerinnen ...). Damit steht und fällt hochwertige Zeit zu zweit, die über Sein und Nichtsein einer Partnerschaft entscheiden kann.
    • Zusätzlichen Stress vermeiden: Umziehen? Ein Haus bauen? Einen neuen Job beginnen? Anrufe aus Höflichkeit annehmen? Bitte nicht jetzt! Ein junger Säugling kostet schon genug Kraft.
    • Simplify! Babys brauchen hauptsächlich eines: Nähe! Sie gedeihen in allen möglichen Umweltnischen prächtig, solange die Bezugspersonen ihnen nahe sind und verlässlich auf ihre Signale reagieren. Feste Schlafzeiten im eigenen Bett, eine tolle Ausstattung oder besonders ruhige Umgebung sind ihnen egal.
    • Wer flexibel sein kann, wird merken, dass Babys eine Bereicherung sind und kein Klotz am Bein. Ist der Nobel-Italiener gestrichen, tut es vielleicht der Mondschein-Spaziergang zur Pommesbude.
    Lade weitere Inhalte ...