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"Sei so. Tu dies. Tu das. Sei perfekt. Und mach bitte keine Probleme! Dafür haben wir keine Zeit." Schon unsere kleinsten Kinder werden tagein und tagaus mit Botschaften dazu bombardiert, wie sie sein sollen. Der Grund dafür: Sie wachsen in einer leistungsorientierten Gesellschaft auf, in der alles immer schneller, besser, größer werden muss und sofort erledigt werden soll. Job, Elternschaft, Beziehungen, das alles soll mit Leichtigkeit zu meistern sein. Wir sollen sportliche Körper haben, uns gesund ernähren, im Job erfolgreich sein und stets perfekt gestylt in schick hergerichteten Wohnungen leben. Und das alles bitte immer mit einem Lächeln im Gesicht. Dazu kommen Ansprüche an unseren Charakter. Wir sollen alles gleichzeitig sein: liebevoll, höflich, zielstrebig, stark, rücksichtsvoll, dankbar, leidenschaftlich, ruhig, hilfsbereit, verantwortungsvoll, empathisch – um nur einige Punkte zu nennen. Diese Jagd nach Perfektion ist omnipräsent und erzeugt für uns alle einen immensen Druck.
Noch nie so viele psychische Probleme wie heute
Die Folgen sind deutlich: Noch nie hatten wir so viele psychische Probleme wie heute. Noch nie waren wir so krank, so gestresst, so unglücklich und voller Ängste. "Neuer Höchststand bei Fehltagen durch psychische Erkrankungen in 2021", berichtet die Krankenkasse "DAK Gesundheit" auf Basis einer Analyse der Krankschreibungen aller DAK-versicherten Arbeitnehmer:innen. Und all das, obwohl im Außen so viel Wohlstand da ist, wie noch nie zuvor.
Eltern geben Perfektions-Druck an Kinder weiter
Als Eltern wollen wir unsere Kinder natürlich vor diesem Druck schützen. Sie sollen es leichter haben, weniger Ablehnung erfahren, weniger Kritik bekommen und glücklicher werden als wir. Doch unbewusst geben wir den Druck der Perfektion an sie weiter, indem wir ihnen immer wieder sagen, wie sie sich verhalten, was sie tun und was sie lassen sollen.
Wie können wir aus dieser Spirale aussteigen?
Es beginnt bei uns selbst: Wir müssen für uns eine innere Zufriedenheit finden, mit dem, was wir haben und was wir leisten können. Wir müssen den passenden Lebensweg für uns finden, unabhängig davon, was die Gesellschaft von uns erwartet.
Im zweiten Schritt müssen wir uns bewusst machen, was für Botschaften wir an unsere Kinder weitergeben und diese verändern:
- Lasst uns unseren Kindern weniger sagen, wie sie sein sollen.
- Lasst uns mehr darauf hören, wie sie sein wollen.
- Lasst uns ihnen mehr Freiraum geben, statt sie Tag für Tag in feste Tagesabläufe mit massenhaft Kursen zu pressen.
- Lasst uns ihnen vermitteln, dass niemand vollkommen ist und niemand vollkommen sein muss.
- Lasst uns ihnen vermitteln, dass es okay ist, Fehler zu machen.
- Lasst sie Dinge anders machen, lasst sie neue Wege gehen.
- Lasst sie versagen, lasst sie hinfallen, lasst sie weinen, lasst sie streiten.
Wir sollten unsere Kinder nicht vor allem beschützen ...
Natürlich wollen wir unsere Kinder so gut wie möglich vor allem Leid beschützen. Doch es ist unmöglich, sie vor jeder blöden Erfahrung zu beschützen und wir müssen uns als Eltern nicht jedes Mal dafür prügeln, wenn wir eine blöde Erfahrung nicht verhindern konnten. Sei es Lügen, Stehlen, Hinfallen, von einem anderen Kind gebissen werden, schwierige Lehrer:innen haben oder was auch immer dein Kind gerade durchmacht – dein Job als Mama oder Papa ist es NICHT, dein Kind immer vor all diesen Herausforderungen zu schützen.
Denn auch wenn es schwer auszuhalten ist, wenn unser Kind leidet, so wird es doch aus jeder schwierigen Erfahrung etwas Wertvolles lernen. Genau dort, in diesen blöden Erfahrungen und den Fehlern stecken die Lernerfahrungen, die ihnen später dabei helfen werden, erfolgreich ihr Leben zu meistern.
Was wir als Eltern stattdessen tun sollten:
Unser Job als Eltern ist es, unseren Kindern bei all diesen Problemen und Erfahrungen gute und stabile Begleiter:innen zu sein und Orientierungshilfe zu leisten. Unser Job ist es, sie zu trösten, ihnen zuzuhören, sie zu beraten und es mit ihnen auszuhalten, was immer gerade auszuhalten ist, bis sie aus der jeweiligen Situationen und aus den daraus resultierenden Konsequenzen lernen konnten, wie sie sie in Zukunft vermeiden oder besser lösen können.
Diese Erlaubnis, nicht perfekt sein zu müssen und Fehler machen zu dürfen (und unsere verlässliche Begleitung dabei) wird verhindern, dass sie unsichere Menschen werden, die so große Angst haben, etwas falsch zu machen, dass sie lieber erfrieren würden, als sich mit einem Fehler zu blamieren und den Ansprüchen unserer Perfektionsgesellschaft nicht gerecht zu werden.
Stattdessen werden unsere Kinder so zu autonomen, lebenslustigen, innovationssuchenden und entdeckungsfreudigen Erwachsenen, die voller Selbstvertrauen ihren Lebensweg gehen und in der Lage sind, sich davon frei zu machen, was sie alles sein sollen – um das zu sein, was sie wirklich sein wollen.