Zwischen Fürsorge und Kontrollzwang

GPS-Tracker für Kinder – sinnvoll oder überflüssig?

Die Sicherheit der Kleinen geht über alles. Dabei sind wir Eltern hin- und hergerissen zwischen Aufsichtspflicht, Fürsorge und Kontrollzwang. Ist das Tracken von Kindern eigentlich legal? Müssen Kinder ihrer Ortung zustimmen? Welche GPS-Tracker gibt es? Auf der Spur eines brisanten Themas.

Kind mit Smartwatch© Getty Images/Milan_Jovic
Mithilfe von GPS-Trackern wissen Eltern, wo sich ihre Kinder gerade aufhalten. Doch ist das sinnvoll?

Diesen Albtraum hat vermutlich jeder schon mal durchgespielt: Euer Kind geht auf den Spielplatz und kommt zur verabredeten Zeit einfach nicht mehr nach Hause. Niemand hat es gesehen, keiner weiß, was passiert ist. Im Ernstfall würden wir alle uns die Option wünschen, den Aufenthaltsort des Kindes einfach über GPS-Tracker, Uhren, Armbänder oder Apps bestimmen zu können. Und auch, wenn es eine halbe Stunde später wieder auftaucht: Die latent große Angst vor dem Verschwinden des Nachwuchses wäre ganz unabhängig davon in verschiedenen Lebenslagen prophylaktisch gelindert. Denn rein virtuell können Eltern so ihren Kindern auf Schritt und Tritt folgen und sich sicherer fühlen.

Per Knopfdruck checken, wo Sohn oder Tochter gerade sind: Das macht doch keiner? Von wegen! Beim Tracking ist es ein bisschen wie mit Daily Soaps im Fernsehen. Zwar gibt es keiner gerne zu, aber die große Nachfrage nach GPS-Sendern und Tracking-Apps bestätigt: Immer mehr Eltern peilen permanent die räumliche Lage ihrer Kinder. Am liebsten unauffällig!

Wie funktioniert Kinder-Tracking überhaupt?

Es gibt inzwischen eine Vielzahl von GPS-Geräten auf dem Markt. Was sich dahinter verbirgt?

  • Über GPS-Tracker und eine Ortungs-App ist man auf dem Laufenden über den Aufenthaltsort des Kindes.
  • Verfügt euer Kind bereits über Smartphone mit Datentarif, ist zusätzliche Hardware nicht nötig.
  • Die exakte Lokalisierung ist über 33 im All positionierte Satelliten (GPS = Global Positioning System) oder auch über das Mobilfunknetz (GSM) möglich. 

Die Kosten für GPS-Kinder-Tracker

Schöne und praktische GPS-Sender für Kinder gibt es z. B. als praktischer Anhänger für den Ranzen oder als smarte Kinder-Tracking-Uhr für das Handgelenk. Dank integrierter SIM-Karte können Eltern erfahren, wo sich das Kind gerade befindet oder per Alarmknopf sofort über einen Notfall informiert werden. Bei smarten Uhren wie der Apple Watch ist über ein integriertes Mikrofon auch Kommunikation möglich.
Es gibt aber auch GPS-Tracker-Armbänder, die mit einem GPS-Peilsender ausgestattet sind und via App oder Web-Portal die Ortung des Kindes ermöglichen.

Die Kosten für GPS-Tracker liegen circa zwischen 30 und 150 Euro. Aber Vorsicht: immer mögliche Zusatzkosten für notwendige Apps und SIM-Karten bedenken!

Kinder tracken per Smartphone-App

Grundsätzlich sind zusätzliche Apps nicht nötig, um ein Kind per Smartphone zu lokalisieren, da alle aktuellen Geräte diese Funktion bereits im Betriebssystem integriert haben. Allerdings bieten Tracking-Apps, die von Eltern und Kind auf dem Handy installiert werden, oft zusätzliche Funktionen. Die meisten Apps können über sogenanntes Geofencing zum Beispiel automatisch melden, wenn das Kind zu Hause oder in der Schule angekommen ist oder einen vorgegebenen räumlichen Bereich wie den Spielplatz oder Schulweg verlässt. Auf virtuellen Karten wird der jeweilige Aufenthaltsort oder Weg angezeigt. Die Apps für iOS oder Android sind in der Grundversion oft kostenlos und mit optionalen In-App-Käufen für mehr Funktionen aufrüstbar. 

GPS-Tracker ohne SIM

Für die Ortung des Kindes ist eine SIM-Karte oft unerlässlich, doch es gibt auch GPS-Tracker ohne zusätzliche SIM-Karte. Diese bieten zwar nicht so viele Vorteile wie ein Gerät mit SIM-Karte, hilfreich sind sie trotzdem.

  • Bluetooth-Tracker sind kleine Geräte ganz ohne SIM, vor vorrangig an Schlüssel angebracht und mit dem Smartphone verbindet werden. Was ihr jedoch wissen solltet, die Bluetooth-Tracker haben keine große Reichweite.
  • GPS-Logger werden aufgrund ihrer kleinen Größe besonders gern auf Wanderungen und bei Radtouren verwendet. Die Ortung wird manuell auf dem Gerät ohne SIM gespeichert. Die Auslesung der Daten erfolgt anschließend durch ein externes Gerät, da GPS-Logger meist keine eigene Benutzeroberfläche besitzen.
  • Satelliten-Telefon kommt vor allem auf hoher See zum Einsatz, wenn keine anderen Netze verfügbar sind und das ganz ohne SIM-Karte. Die Standortbestimmung sowie das Verfassen und Senden von Textnachrichten sind mit dem Gerät möglich. Das hat aber auch seinen Preis, denn die Anschaffung und Unterhaltung sind um ein Vielfaches höher als GPS-Tracker für Kinder mit SIM-Karte.
  • Peilsender bieten eine weitere Möglichkeit zum GPS tracken - mit zwei Geräten (einem Sender und einem Empfängergerät) und ohne SIM-Karte. Die Reichweite beträgt nur leider zwischen 100 und 200 Metern und so ganz unauffällig ist das Tracken damit auch nicht, da ein Signal ertönt, sobald sich das Empfangsgerät dem Sender nähert.

Tipps für GPS-Tracker, GPS-Smart-Watch und Tracking-Apps

PAJ GPS Power Finder GPS-Tracker: für Auto, Motorrad, Fahrzeuge und Kinder (Schulranzen), mit Magneten und Live-Tracking, ca. 40 Tage Akkulaufzeit, bis zu 90 Tage im Standby-Modus, etwa 100 Euro

Trackimo: GPS-Tracker mit Smartphone-App und Ortungsplattform, schnell aufgeladen und ziemlich genau, etwa 140 Euro

CkeyiN: Wasserdichter GPS-Sender, klein und handlich, Zwei-Wege-Sprachkommunikation, Geofencing, etwa 50 Euro

XPLORA: Kinder-Smart-Watch mit GPS-Tracker, Sicherheitszonen, SOS-Funktion, Schulmodus, Sprachanrufe, etwa 140Euro

Find my Kids: Tracking-App für Smartphone oder GPS-Uhr, Ortungsfunktion, Bewegungsverlauf, SOS-Signal, Handynutzung verfolgen, kostenlos mit In-App-Kaufoption

Kaspersky Safe Kids: Tracking-App mit Echtzeit-Online-Karte, Geofencing, Bildschirmzeit des Kindes verwalten, etwa 15 Euro/Jahr

Familonet: Ortungs-App für Familien und Kinder, Standorte in Echtzeit teilen, Chat, SOS-Funktion, geringe Akku-Belastung, kostenlos mit In-App Kauf-Optionen

GPS-Ortung von Kindern – aber ohne Internet

Was ist, wenn ich unterwegs kein Internet habe – oder die Internetverbindung des Trackers nicht aktiv ist? Dann ist die Ortung leider nicht möglich. Aber: Wenn das Kind ein Handy besitzt, können Apps (wie z.B. Google) den Standort dennoch aufzeichnen und im Nachhinein zugänglich machen. Ihr könnt also theoretisch später noch nachvollziehen, wo euer Kind sich aufgehalten hat. Dies ist bei den meisten Trackern nicht möglich.

Nicht vergessen: Technik ist oft Fluch und Segen zugleich. Die komplette Kontrolle ist beim Tracken des Kindes schlicht nicht möglich. Hört daher besser auf euer Bauchgefühl – es ist oft zuverlässiger als jedes GPS-Kinder-Tracking. 

Sicherheit beruht auf Vertrauen

Tracking-Geräte scheinen auf den ersten Blick die perfekten Begleiter zu sein, um der elterlichen Aufsichts- und Fürsorgepflicht nachzukommen. Stets informiert zu sein, wo sich das Kind befindet, ob es in seiner Bewegung von der Norm abweicht und ob ein Eingreifen notwendig ist, kann zur Beruhigung beitragen. Totale Sicherheit kann die Technik allein allerdings auch nicht garantieren. Dadurch werden keine vertrauensvollen Gespräche ersetzt. Kinder benötigen sie, um mögliche Unsicherheiten zu thematisieren, die sie auf Risiken hinweisen. 

Paragraf § 1626 BGB zufolge haben Eltern sowohl die Pflicht als auch das Recht, sich um ihr minderjähriges Kind zu sorgen. Juristisch ist das Orten des Kindes trotzdem eine Grauzone, da auch das Kind das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hat – egal, wie jung es ist. Auch aus pädagogischer Sicht ist die kindliche Privatsphäre zu beachten. Ab einem gewissen Alter ist es sinnvoll, dass ihr eure Kinder miteinbezieht. Erklärt ihnen eure Beweggründe und die Vorteile, die das Tracken auch für sie selbst im Notfall haben kann.  

Wenn Eltern ihre Kinder virtuell "überwachen", verbirgt sich dahinter neben ihrer Urangst oft auch mangelndes Vertrauen gegenüber dem Kind. Familientherapeuten sehen das Tracking des Kindes daher kritisch. Kinder verfügen über ein feines Gespür. Wenn ihnen kein Vertrauen entgegengebracht wird, kann das zu großer Verunsicherung führen. Und das hat Psychologen zufolge leider mehr Schaden als Nutzen zur Folge. 

Klare Absprachen treffen – Kinder stärken

Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser. Der beste Schutz für Kinder besteht darin, ihre Persönlichkeit zu stärken. Pädagogen bemängeln, dass überbesorgte Eltern die Autonomie ihrer Kinder einschränken. Es müssen gemeinsam sinnvolle Absprachen getroffen werden, die das Unterwegssein der Kleinen regeln. Eine vertrauensvolle Vorbereitung auf mögliche unsichere Situationen ist besser als jede Technik, die ausfallen kann. Kinder profitieren enorm von mehr Zutrauen und Gelassenheit. Angemessene Freiräume geben ihnen Sicherheit und die Chance, eine eigenständige Persönlichkeit zu entwickeln. Überbehütung und permanente Kontrolle wie das Tracking schwächen hingegen ihr Gefühl für Eigenverantwortung. Und wer ständig das Gefühl hat, überwacht zu werden, kann kein Selbstwertgefühl aufbauen. Psychologen raten unbedingt, die eigene, natürliche Art von Wachsamkeit zu bewahren, die durch Tracking-Apps verloren ginge. 

Selbstkontrolle statt Kontrollzwang

In Zeiten voll kontrollierter Erziehung müssen wir als Eltern lernen, einen Schritt zurückzutreten. So bequem es ist, per Handy alles im Griff haben, müssen wir uns daran gewöhnen, dass das kein Sicherheitsgarant sein kann und in die Freiheit des Kindes eingreift. Wir müssen uns disziplinieren und unseren Kindern eigene Erfahrungsspielräume zugestehen. Diese Form von Selbstkon­trolle wird vielen von uns mehr Sicherheit geben. Dranbleiben heißt eben auch loslassen. Was zu verantworten ist und was nicht, muss jeder selbst entscheiden. Tracking ist ratsam für den besonderen Fall, aber bitte nur nach Absprache. Im Interesse aller gilt unbedingt, heimliches Tracking zu vermeiden!

GPS-Tracker für Kinder

Das sind die Vorteile:

  • Generell schnelle, exakte Ortung
  • Ständige Information über Aufenthaltsort von Kindern
  • Beruhigendes Gefühl

Das sind die Nachteile:

  • Keine 100-prozentige Sicherheit durch technische Störungen
  • Abhängigkeit vom Akku
  • ggf. zusätzliche Kosten
  • Pflege, Wartung, erhöhter Stromverbrauch
  • Totale Überwachung der Kinder
  • Bewegungsprofile können gehackt werden
  • Falsches Sicherheitsgefühl