Besonders sensitiv

Löwenzahn- und Orchideenkinder – was bedeutet das überhaupt?

Was es mit der Einordnung in Löwenzahn- und Orchideenkinder auf sich hat, verraten wir euch in diesem Artikel.

Kleines Kind bestaunt Orchidee© istock/Olga Simonova
Orchideenkinder brauchen genau das richtige Umfeld, um zu gedeihen.

Während sich Löwenzahnkinder robust durch die Widrigkeiten des Lebens hindurchbeißen, brauchen empfindsame Orchideenkinder genau das richtige Umfeld, um zu gedeihen, ansonsten verkümmern sie.

Woher kommt die Idee der Löwenzahn- und Orchideenkinder?

Die Theorie der Löwenzahn- und Orchideenkinder geht auf den kalifornischen Wissenschaftler und Kinderpsychologen W. Thomas Boyce zurück. Jahrzehntelang erforschte er die unterschiedlichen Stressreaktionen von Menschen. Er fand heraus, dass  genetische Einflüsse und Umweltfaktoren zusammen dafür verantwortlich sind, wie ein Mensch mit Stress umgeht, wie resilient er ist. Diese Ergebnisse können Eltern motivieren, das passende Umfeld für ihr Kind zu schaffen, sodass es bestmöglich gedeihen und sich entwickeln kann. 

Whatsapp Teaser© Getty Images/TopVectors

Sensibilität (Orchidee) versus Resilienz (Löwenzahn)

Laut der Forschung des Psychologen W. Thomas Boyce kommen Kinder mit einem gewissen Maß an Sensibilität oder Resilienz zur Welt. Dann hänge die weitere Entwicklung davon ab, wie sehr das Umfeld auf die entsprechenden Voraussetzungen eingehe und ob es unterstützend darauf einwirkt.

Unsere ursprüngliche Fähigkeit zur Stressresistenz sei demnach angeboren, weniger resiliente Menschen können aber entsprechende Bewältigungsstrategien lernen, um ebenfalls gut mit Herausforderungen im Leben umgehen zu können. 

Orchideen-, Tulpen- und Löwenzahnkinder

Rund 30 Prozent der Kinder kann man demnach den Orchideenkindern zuordnen. Sie sind sehr sensitiv, sensibel und leicht verletzlich. Sie machen sich viele Gedanken und zweifeln mitunter an sich selbst. Dabei sind sie oft hochsensibel, was, wenn sie im richtigen Umfeld aufwachsen, auch als besondere Gabe betrachtet werden und sich entwickeln kann. 

Dem "Süddeutsche Zeitung Magazin" zufolge haben weitere 30 Prozent der Menschen eine geringere Sensibilität, machen sich weniger aus Herausforderungen und Widrigkeiten und kommen dank ihrer Resilienz gut im Leben klar. Sie nennt man auch Löwenzahnkinder. Sie schlagen schnell Wurzeln und schlagen sich durch, egal wo.

40 Prozent der Menschen befinden sich mit ihrer Sensibilität in der Mitte und werden als Tulpenkinder oder -menschen bezeichnet. Sie sind nicht so empfindsam wie Orchideen, aber auch nicht so widerstandsfähig wie der Löwenzahn. Übrigens: Kritiker der Orchideen- und Löwenzahntheorie meinen, dass die meisten Menschen Tulpen sind, also eine Mischform aus beiden Gruppen. 

Mehr zu Orchideen-, Tulpen- und Löwenzahnkindern seht ihr auf diesen Slides bei Instagram:

Orchideenkinder sind besonders sensibel

Laut dem Psychologen Michael Pluess sind vor allem Orchideenkinder stark von ihrem Umfeld und der elterlichen Zuwendung abhängig. Nur wenn hier alles stimmt, können sie sich gut entwickeln. Sie gedeihen dann mitunter auf erstaunliche Art und Weise, sodass wahre Superkräfte zum Vorschein kommen. Diese hochsensiblen Menschen haben es in der alten Welt tendenziell schwerer, ihre Eigenschaften werden oft noch als negativ bewertet: leicht gestresst, schnell überfordert, zögerlich, ängstlich. Doch dabei übersieht man oft, dass sie meist auch besonders empathisch und kreativ sind und so auch ganz besonders gute Freunde sein können. 

Michael Pluess hebt im Interview mit dem "Süddeutsche Zeitung Magazin" die Parallelen dieser Menschen zu Orchideen hervor: "Sie sind eigentlich gar nicht so empfindlich, wie man immer denkt. Mit der richtigen Pflege finden sie fast überall einen Weg, um aufzublühen." 

Doch dafür ist es wichtig, dass Eltern sich dessen bewusst sind und ihr Kind gezielt unterstützen. Mit dem richtigen Verständnis für die Bedürfnisse des Kindes kann es seine wahren Talente zum Blühen bringen. So sollten sich Eltern von Orchideenkindern auch mit Bestrafungen besonders zurückhalten, da diese starke (negative) Auswirkungen auf die Kinder haben können, während Löwenzahnkinder ihnen eher gleichgültig gegenüberstehen. Auch auf Vernachlässigung reagieren die empfindsamen Orchideenkinder besonders stark. Aber auch positive Reize haben stärkere Auswirkungen: In einem liebevollen Umfeld, in dem die Eltern emotional präsent sind, können Orchideenkinder ihr großes Potenzial voll ausschöpfen.

Was Löwenzahn- und Orchideenkinder auszeichnet

Noch mal im Überblick:

Löwenzahnkinder

  • sind neugierig
  • haben wenig Angst
  • treten von sich aus mit der Umwelt in Kontakt
  • scheuen keine Veränderungen
  • können gut mit Stress umgehen
  • sind aufgeschlossen, lebendig und fröhlich

Orchideenkinder

  • sind empfindsamer, was äußere Reize angeht
  • fühlen sich eher ängstlich
  • können gut beobachten und sich konzentrieren
  • nehmen mehr Situationen als bedrohlich wahr
  • aus Kindheitstraumata können sich später leichter psychische Erkrankungen (wie Angststörungen und Depressionen) entwickeln
  • reagieren generell intensiver – auf negative, aber auch auf positive Reize. In einer glücklichen Umgebung können sie geradezu aufblühen