Entwicklung sozialer Fähigkeiten

Die Kunst der Perspektivübernahme: So lernen Kinder Empathie und Verständnis

Perspektivübernahme und Empathie sind Schlüsselkompetenzen für gelungene zwischenmenschliche Beziehungen und ein besseres Verständnis der Welt um uns herum. Kinder fangen schon früh an, das zu lernen.

Zwei Kinder freuen sich.© iStock/swetta
Kinder lernen schon früh, sich in andere hineinzuversetzen.

Empathie ist das eine. Doch Perspektivübernahme geht noch darüber hinaus. Wir erklären euch den Unterschied und wie Kinder das lernen können.

Was ist der Unterschied zwischen Perspektivübernahme und Empathie?

Perspektivübernahme und Empathie sind zwei Begriffe, die oft im Zusammenhang mit sozialer Kompetenz und zwischenmenschlichen Beziehungen verwendet werden. Obwohl sie ähnliche Konzepte darstellen, gibt es dennoch einen Unterschied zwischen ihnen. Empathie bezieht sich auf die Fähigkeit, die Gefühle und Emotionen anderer Menschen zu erkennen, zu verstehen und mitzufühlen. Es geht darum, sich in die Lage einer anderen Person hineinzuversetzen und deren Perspektive einzunehmen. Wenn wir empathisch sind, können wir uns vorstellen, wie es sich anfühlt, in einer bestimmten Situation zu sein, und wir können angemessen darauf reagieren. 

Andere Sichtweisen verstehen

Perspektivübernahme hingegen geht über Empathie hinaus. Sie bezieht sich nicht nur auf das Verständnis der Gefühle und Emotionen einer anderen Person, sondern auch auf das Verstehen ihrer Gedanken, Überzeugungen und Motivationen. Perspektivübernahme bedeutet, die Welt aus den Augen einer anderen Person zu betrachten und ihre Sichtweise zu verstehen. Es erfordert eine gewisse kognitive Flexibilität und die Fähigkeit, sich von den eigenen Standpunkten zu lösen.

Babys können das noch nicht – und das ist gut so

Babys und Kleinkinder sind natürlicherweise noch nicht dazu in der Lage, Perspektivübernahme zu lernen. In ihrem Empfinden dreht sich alles nur um sie – und das hat einen guten Grund: Da sie anfangs noch komplett hilfsbedürftig sind, ist es für sie überlebensnotwendig, sich selbst im Zentrum zu sehen und eigene Bedürfnisse zu zeigen. Wann immer wir also glauben sollten, unsere Kinder wollten uns manipulieren, ärgern oder "um ihren Finger wickeln", können wir uns vor Augen führen, dass sie erst in einem gewissen Alter überhaupt dazu in der Lage sind, unsere Sichtweise zu sehen.

Wie lernen Kinder Perspektivübernahme?

Die Entwicklung von Perspektivübernahme bei Kindern beginnt bereits in den frühen Jahren. Etwa ab dem dritten Lebensjahr (also mit zwei Jahren) lernen Kinder, dass andere Menschen eigene Gedanken, Gefühle und Absichten haben, die von ihren eigenen abweichen können. Dieses Verständnis bildet die Grundlage für die Entwicklung von Perspektivübernahme. 

Rollenspiele und Nachahmen verdeutlichen das

Kinder lernen Perspektivübernahme durch verschiedene Erfahrungen und Interaktionen mit ihrer Umwelt. Zum Beispiel können Eltern und Betreuer den Kindern helfen, indem sie ihnen erklären, wie andere Menschen sich fühlen könnten und warum sie bestimmte Handlungen ausführen. Durch Rollenspiele und das Nachahmen von Situationen können Kinder auch lernen, sich in andere Personen hineinzuversetzen und deren Perspektive einzunehmen. Darüber hinaus spielt auch die soziale Interaktion mit Gleichaltrigen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Perspektivübernahme. In Gruppensituationen lernen Kinder, die Perspektiven anderer zu erkennen und zu respektieren. Sie erfahren, dass unterschiedliche Meinungen und Sichtweisen existieren und dass es wichtig ist, diese zu akzeptieren.

Eigene Bedürfnisse versus die Bedürfnisse anderer

Die Fähigkeit zur Perspektivübernahme entwickelt sich im Laufe der Kindheit weiter. In den ersten Jahren sind Kinder noch stark auf ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche fokussiert und haben Schwierigkeiten, die Perspektive anderer Menschen einzunehmen. Im Vorschulalter beginnen sie jedoch allmählich zu verstehen, dass andere Menschen eigene Gedanken und Gefühle haben. 

Wenn sie älter werden, können sich Kinder immer besser in andere hineinversetzen

Im Schulalter bauen sie die Fähigkeit zur Perspektivübernahme weiter aus. Kinder lernen, sich in andere hineinzuversetzen und deren Standpunkte zu verstehen. Sie können besser zwischen verschiedenen Perspektiven unterscheiden und Konflikte aufgrund unterschiedlicher Meinungen besser lösen. Es ist dabei ganz normal, dass die Entwicklung von Perspektivübernahme bei Kindern individuell unterschiedlich verläuft. Einige Kinder entwickeln diese Fähigkeit schneller als andere. Es hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der sozialen Umgebung, den Erfahrungen und den Erziehungsmethoden. Insgesamt ist Perspektivübernahme eine wichtige soziale Kompetenz, die es Kindern ermöglicht, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und deren Sichtweise zu verstehen. Durch verschiedene Erfahrungen und Interaktionen mit ihrer Umwelt lernen Kinder im Laufe der Kindheit, Perspektivübernahme zu entwickeln und anzuwenden.