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Die kleine Emma spielt mit ihrer Freundin im Sandkasten. Nach kurzer Zeit droht Streit um eine Schaufel auszubrechen. Sofort greift Emmas Mutter beherzt ein: "Gib Louisa die Schaufel, Emma. Du musst lernen, dein Spielzeug auch mal zu teilen." So ist der Konflikt schon gelöst, bevor er überhaupt ausbrechen konnte. Das Mädchen hatte keine Chance, das Problem selbst zu lösen, denn die Rasenmäher-Mutter war sofort zur Stelle und hat den bevorstehenden Streit direkt niedergemäht.
Unterschied zwischen Helikopter-Eltern und Rasenmäher-Eltern
Der Begriff Helikopter-Eltern, die überbehütend um ihre Kinder kreisen, ist weit verbreitet. Neu, und eine weit invasivere Erziehungsmethode, ist die der Rasenmäher-Eltern. Im Unterschied zu Helikopter-Eltern schweben die Rasenmäher-Eltern nicht nur über ihrem Nachwuchs, um ihn vor Schaden zu bewahren. Sie greifen aktiv in das Geschehen ein und eliminieren Konflikte häufig schon, bevor das Kind überhaupt gemerkt hat, dass sich etwas anbahnt. So vermeiden Mutter und Vater, dass ihr Spross mit negativen Erfahrungen wie Versagen oder Streit konfrontiert wird. Zum Beispiel erleben Lehrer immer häufiger, dass die Hausaufgaben nicht von den Kindern, sondern von deren Eltern erledigt werden. Das Problem ist, dass das Kind auf diese Weise kein Selbstvertrauen aufbauen kann, nicht lernt, Konflikte selbst zu lösen und mit neuen Herausforderungen auch im späteren Leben nicht umgehen kann.
Im Online-Portal weareteachers.com erklärt ein Lehrer den kontrovers diskutierten Erziehungsstil sehr treffend: "Rasenmäher-Eltern tun alles, was nötig ist, um ihr Kind vor Rückschlägen, Auseinandersetzungen oder Misserfolgen zu bewahren. Anstatt ihre Kinder auf Herausforderungen vorzubereiten, mähen sie Hindernisse nieder, sodass ihre Kinder sie gar nicht erst zu spüren bekommen."
Was Curling-Eltern, Schneepflug-Eltern und Rasenmäher-Eltern ausmacht
Rasenmäher-Eltern werden häufig auch als Curling-Eltern oder Schneepflug-Eltern bezeichnet. Alle drei Begriffe beschreiben das gleiche Verhalten: Eltern räumen Hindernisse aus dem Weg und ebnen so den Weg für das Kind, damit es leichter ans Ziel kommt. Wie bereits erwähnt, hinterlässt dieser ohne Zweifel gut gemeinte Erziehungsstil deutliche Spuren. Einige zeigen wir dir an dieser Stelle auf:
Überforderung bis hin zu Panik
Der Nachwuchs von Rasenmäher-Eltern ist es nicht gewohnt, überhaupt auf Konflikte oder Hindernisse zu stoßen, geschweige denn diese selbst zu lösen. Wenn Mutter und Vater mal nicht zur Stelle sind, um einzugreifen, stehen diese Kinder oft ratlos da. Die neue ungewohnte Situation stellt sie vor ein unlösbares Problem, was auf jeden Fall zu Überforderung bis hin zu Panik vor dem Versagen führen kann.
Fehlende Motivation
Da die Eltern alle schwierigen Situationen sofort „wegmähen“, werden die Kleinen oft passiv und antriebslos. Warum anstrengen, wenn sich doch alle Konflikte einfach von selbst lösen?
Das Kind fühlt sich unfähig
Kinder schöpfen ihr Selbstbewusstsein unter anderem aus der eigenständigen Lösung von Problemen und Streitigkeiten. Werden alle Herausforderungen von den Eltern gelöst, kann dies zu einem Minderwertigkeitsgefühl führen. Das Gefühl der Unfähigkeit kann gleichzeitig auch für mangelnde Motivation sorgen.
Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen
Einem Kind, das so gut wie nie Entscheidungen treffen muss, weil alle Entscheidungen von den Eltern gefällt werden, wird es auch später im jugendlichen und erwachsenen Alter schwer fallen, eigene Entscheidungen zu treffen. Denn die Verantwortung für selbst gefällte Entscheidungen musste nie getragen werden. Zudem wurde das Abwägen und Priorisieren von Entscheidungen und Aufgaben nicht frühzeitig erlernt. So werden herausfordernde Aufgaben oft verworfen. Die Frustration, keine richtige Lösung zu finden, ist einfach zu groß.
Bewältigung der psychischen Folgen
Häufig beginnen Kinder von Rasenmäher-Eltern, die Schuld für falsche Entscheidungen bei anderen zu suchen. Manchmal ziehen sie sich auch emotional zurück. So werden soziale Kontakte immer schwieriger und auch die Bindung zu den Eltern wird geschwächt.
Probleme bei der Kontrolle von Emotionen und Verhalten
Durch den überfürsorglichen Erziehungsstil fällt es dem Kind zunehmend schwerer, seine Gefühle und sein Verhalten unter Kontrolle zu behalten. Laut einer Studie der Universität Minnesota Twin Cities steigt die Wahrscheinlichkeit der betroffenen Kinder, in der Schule den Unterricht zu stören oder allgemein verhaltensauffällig zu werden. Auch die sozialen Kompetenzen leiden unter der Überfürsorge, es fällt oft schwerer Freundschaften zu knüpfen.
Kinder wachsen an eigenen Entscheidungen
Die genannten Konsequenzen aus dem Erziehungsstil der Rasenmäher-Eltern zeigen, wie wichtig Konflikte und die selbstständige Lösung von Problemen für die Entwicklung von Kindern sind. Enttäuschungen und Scheitern gehören zum Leben dazu. An diesen Situationen wachsen Kinder wie auch Erwachsene. Wenn die Kleinen nicht lernen, mit schwierigen Situationen umzugehen, werden sie es später umso schwerer haben, Herausforderungen anzugehen und zu bewältigen. In vielen Fällen gehen diese Kinder Konflikten später gezielt aus dem Weg und verpassen so wichtige Erfahrungen, die ihren Charakter stärken können. Wenn schon bei dem Gedanken an ein mögliches Versagen oder Misserfolg beim Kind Panik ausbricht, kann es keine selbstbewussten Entscheidungen fällen und wird auf Dauer damit selbst sehr unglücklich werden. Natürlich ist es nicht falsch, dein Kind beschützen zu wollen, doch gib ihm auch genügend Freiraum für eigene Fehler. Am Ende sind es doch die Fehler, aus denen wir am meisten lernen können.
Worauf du als Elternteil bei der Erziehung achten solltest
Auf jeden Fall wäre es nicht sinnvoll, wie ein Rasenmäher alle drohenden Konflikte aus dem Weg zu räumen. Besser: das Kind macht seine eigenen Erfahrungen mit der Lösung von Herausforderungen. Auch wenn das ein oder andere mal schiefläuft, dein Kind zum Beispiel in der Schule eine schlechte Note schreibt oder sich mit Klassenkameraden streitet, solltest du immer daran denken, dass es an diesen Schwierigkeiten wachsen und lernen wird. Anstatt die Konflikte zu verhindern, ist es wichtig, dass du deinem Kind zeigst, dass du es unterstützt und hinter ihm stehst. Vermittle das Gefühl von Zusammenhalt. Überwinde deine Angst, dass deinem Kind etwas Unangenehmes widerfahren könnte. Vertraue ihm stattdessen, dass es die richtige Lösung selbst finden wird. So lernt dein Kind, dass es sich auf seine eigenen Fähigkeiten verlassen kann.
Und um noch einmal auf unser Beispiel zurückzukommen: Beim nächsten Streit um die Schaufel im Sandkasten einfach Ruhe bewahren. Du wirst sehen, dass dein Kind selbst eine Lösung finden wird. Schließlich wird es an dieser und anderen Auseinandersetzungen wachsen und als selbstbewusste Persönlichkeit seinen eigenen Weg finden.
Autorin: Jasmine Barendt