Mit Gefühlen umgehen

Warum es wichtig ist, dass Kinder lernen, ihre Gefühle selbst zu regulieren

Oft ist es gar nicht so leicht, mit den eigenen Gefühlen umzugehen. Wie Kinder das lernen und wie wir ihnen ein Vorbild sein können, verrät uns ein Psychologe.

Mädchen tröstet Jungen.© iStock/Lordn
Kinder lernen Selbstregulation im Optimalfall schon früh.

Das Leben kann manchmal ganz schön frustrierend und herausfordernd sein. Das geht auch kleinen Menschen schon so. Doch wir als Eltern können unseren Kindern gute Hilfestellungen mitgeben, sodass sie ihren eigenen Umgang mit Gefühlen lernen.

Definition Selbstregulation

Ralph Schliewenz ist Diplom-Psychologe, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut in Soest und im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen aktiv. Er erklärt, was Selbstregulation aus psychologischer Sicht bedeutet: "Ich würde das in Richtung Emotionen interpretieren und als die Fähigkeit übersetzen, Gefühle angemessen eigenständig gestalten zu können." In der Regel gehe es dabei um negative Emotionen, denn die positiven benötigen meist keine Anpassung. "Wenn wir uns wieder besser fühlen wollen, brauchen wir Strategien, dies hinzubekommen", so der Psychologe weiter. 

Ab wann lernen Kinder Selbstregulation?

Schon bevor sie sprechen können, beginnen Kinder, Selbstregulation zu lernen. "Es geht immer darum, das Wohlbefinden wiederherzustellen", sagt Ralph Schliewenz. Babys schreien, wenn ihnen etwas fehlt und sie müssen hoffen, dass sie angemessen versorgt werden. Das ist ihre Art des Umgangs mit der Situation. "Gelingt das nicht, entstehen schnell sogenannte Regulationsstörungen", erklärt der Kinderpsychologe.

Wie lernen Kinder, ihre Gefühle selbst zu regulieren?

In der Regel lernen sie durch Vorbilder. Und das sind vor allem in der ersten Zeit normalerweise die Eltern. Kinder machen das "durch Hinhören, Abgucken, Nachahmen oder fachlich ausgedrückt durch Lernen am Modell", so Schliewenz. Später kommen neben den Eltern weitere Modelle dazu. Die Eltern zeigen dem Kind, wie sie es selbst tun würden, indem sie es ihm vorleben. "Befindet sich das Kind bereits auf einer Entwicklungsstufe, die Reflektion zulässt – also angenommen ab dem Kindergartenalter – könnten Eltern erzählen, wie sie selbst für sich mit einer konkreten Situation umgehen würden", schlägt der Psychologe vor. "Sie sollten es jedoch tunlichst vermeiden, ihr Kind anzuklagen oder ihm zu unterstellen, dass es bereits wüsste, wie es geht." Ab dem Schulalter sollten Kinder erste Gefühle zu regulieren gelernt haben, zum Beispiel, wie sie mit Frustration umgehen.

Was passiert, wenn Kinder keine angemessene Selbstregulation lernen?

Dann werden sie aller Wahrscheinlichkeit nach aggressiv, denn das wäre die natürliche Reaktion auf ein Unwohlsein, erklärt Ralph Schliewenz. "Wir Menschen suchen automatisch nach Lösungen. Solange wir sie nicht gefunden haben, zeigen wir mit unseren Lösungsversuchen Symptome – also irgendwie auffälliges Verhalten bis hin zu Gewalt."

Allerdings kann Ähnliches auch bei überbrodelnden positiven Gefühlen wie Freude passieren. "Natürlich können auch in die emotional positive Richtung Grenzen überschritten werden", erläutert Ralph Schliewenz. Das sei beispielsweise der Fall, wenn jemand so starkes Glück empfindet, dass er nicht weiß, wohin damit und dabei das Wohl der anderen missachtet oder sogar gefährdet. Auch diesen sozialen Lernprozess durchlaufen Kinder möglichst früh, indem ihre Vorbilder ihnen einen möglichen Umgang damit vermitteln.

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