
Liebe Mama,
ich hatte heute in der Kita sehr viel Spaß. Ich habe den ganzen Tag mit Tom, meinem besten Kumpel, Feuerwehreinsatz gespielt. Wir haben viel Quatsch gemacht und mein Bauch tat schon weh vom vielen Lachen. Nach dem Mittagsschlaf haben wir noch weitergespielt, in der Kuschelecke gab es den nächsten Einsatz für uns Feuerwehrleute. Lustig war's. Doch dann entdeckte ich dich. Abholzeit! Du lächeltest mich an, deine liebevollen Augen grinsten gleichzeitig mit deinem Mund. Das kannst nur du. Ich brach in Tränen aus. Ja, plötzlich fühlte ich so viel. Alle Emotionen brachen aus mir heraus. Ich schrie, weinte und wälzte mich auf dem Boden.
Du wunderst dich bestimmt und fragst dich, wie es zu diesem Gefühlssturm kommen konnte, oder? Schließlich hast du auch gesehen, wie glücklich ich im Moment vorher noch war. Manchmal verstehe ich diese Sache mit den Gefühlen ja selber nicht. Aber: Hab keine Angst, ich freue mich, dich zu sehen. Ich weine nicht, weil ich nicht zu dir möchte. Ich bin eher froh und erleichtert, dich – meinen Lieblingsmenschen – zu sehen. Und dich wieder ganz nah bei mir zu haben. Auch, wenn es im ersten Moment vielleicht anders aussehen mag.
Weißt du, ich hatte einen langen Tag. Der war ziemlich anstrengend. Als Feuerwehrmann hat man viel zu tun. Und heute war so ein Tag, mein Freund Tom weiß, wovon ich rede. Hinzu kamen noch die normalen Kita-Routinen wie der Morgenkreis, Frühstück und Mittagessen, das Frühlingsbasteln, das Singen, und, und, und. Zwischendurch muss ich mich immer neu sortieren und Regeln beachten, die es in der Kita gibt. Das ist manchmal ziemlich viel.
Und wenn ich dich sehe, Mama, dann fällt all der Ballast, all die Anspannung des gesamten Tages von mir ab. Und dann kann ich eben nicht anders, als zu weinen und zu schluchzen. Und weil ich die Tränen in dem eigentlich glücklichen Moment selbst nicht so recht verstehe, schreie ich dann vielleicht vor Überforderung. Werfe mich womöglich auch auf den Boden. Alle Gefühle müssen dann hinaus. Und das kann ich am allerbesten bei dir, meiner vertrauten Mama. Meinem sicheren Hafen.
Was du dann tun kannst? Gib mir etwas Zeit. Auch wenn es anstrengend ist. Ich weiß, du hattest auch einen langen Tag. Aber ich brauche dann einen Moment, um meinen Gefühlen freien Lauf lassen zu können. Was raus muss, muss raus. Schön ist es dann, wenn wir keinen Zeitdruck haben und schnell irgendwo hin müssen. Nimm mich in den Arm, sei gelassen und ruhig – und einfach für mich da. Eine Pause zu Hause wäre dann wirklich schön. Und Kuschel-Zeit! Ach so, und bitte plaudere dann doch nicht so viel mit den anderen Kita-Eltern in der Garderobe. Ich will jetzt, dass du ganz für mich da bist. Ich musste schon den ganzen Tag lang mit anderen Kindern alles teilen.
Wenn ich also beim nächsten Mal, wieder beim Abholen in Tränen ausbreche, mach dir keine großen Sorgen um mich. Ich hatte bestimmt einen guten Tag. Meine Tränen heißen nicht "Ich will dich nicht!", sondern "Ich liebe dich!". Bei dir kann ich ganz ich selbst sein.
Dein Krümel