Fröhliche Frau beim Laufen© iStock/mheim3011
Mit dem Joggen sollte man nach der Geburt noch etwas warten. 

Lea Köhler ist Mama von zwei Kindern, Physio- und Beckenbodentherapeutin und Berliner Partnerin bei "LAUFMAMALAUF", dem Outdoor-Fitness-Anbieter für Mütter während und nach der Schwangerschaft. Wir haben mit ihr über das Joggen nach der Geburt gesprochen.

Ab wann dürfen Frauen nach der Geburt wieder joggen?

Der Wiedereinstieg nach einer Geburt ist sehr individuell. Der geeignete Starttermin ist immer von der individuellen körperlichen Regeneration nach der Geburt abhängig. In der Regel ist eine Sportpause von mindestens sechs bis acht Wochen nach der Geburt angeraten, damit sich der Körper erst mal in Ruhe erholen kann. Vor dem sanften Wiedereinstieg ist es sinnvoll, sich beim Gynäkologen das Okay zu holen und sich die Trainingstauglichkeit bestätigen zu lassen. Lasst gerne auch den Beckenboden von einem spezialisierten Beckenbodenphysiotherapeuten checken. Der untersucht nämlich auch im Stehen und nicht nur in der Rückenlage. Das ist sinnvoll, denn Joggen findet nun mal in aufrechter Position statt.
 
Unverzichtbar ist nach jeder Schwangerschaft und Geburt eine fundierte Rückbildung. Ich rate allen Müttern, frühzeitig nach der Entbindung bereits zu Hause mit regelmäßigen, kleinen Rückbildungsübungen zu starten und vor allem den Beckenboden zu trainieren. Nehmt unbedingt an einem guten Rückbildungskurs teil. Dort sollte als Erstes die Beckenbodenwahrnehmung geschult werden. Anschließend sollte ein ganzheitliches Beckenbodentraining im Vordergrund stehen. Dazu zählt die Maximalkraft, Kraftausdauer und auch die Schnellkraft der Muskulatur. Da der Beckenboden während des Joggens schwingen muss, ist ein reflektorisches Beckenbodentraining im Anschluss wichtig, damit der Beckenboden "lernt", den anfallenden Druckveränderungen Stand zu halten. Da sich die Statik des Körpers in der Schwangerschaft verändert hat, sollten auch Kraft- und Stabilisationsübungen Teil des Trainings sein, damit der Körper wieder bereit ist für die steigende Belastung beim Joggen. Im jedem Fall solltet ihr die Rückbildung vor eurem Wiedereinstieg ins Joggen abgeschlossen haben.

Wie ist es mit dem Joggen nach einem Kaiserschnitt? Gilt hier etwas anderes als nach einer vaginalen Geburt?

Grundsätzlich gilt hier das Gleiche, nur, dass die Sportpause nach der Geburt mindestens zwölf Wochen dauern sollte. Auch eine Frau, die einen Kaiserschnitt hatte, hat vorab bis zu 40 Wochen ihren Beckenboden durch das wachsende Bauchgewicht belastet. Die Hormone, die den Körper für die Geburt vorbereiten, haben ebenfalls dazu geführt, dass die Bänder, welche die Organe im Körper befestigen (z. B. die Bänder der Gebärmutter/Mutterbänder) laxer sind. Zusätzlich darf man nicht unterschätzen, dass ein Kaiserschnitt eine große Bauch-OP ist und auch hier die Bauchmuskeln nach der Operation erst wieder ihre alte Funktion übernehmen müssen. Startet also sanft und seid achtsam, wie der Körper auf die Belastung reagiert.

Welche Anzeichen sprechen dafür, dass es fürs Joggen noch zu früh ist?

Kontraindikation für das Joggen sind Beckenboden- und Bauchdysfunktionen. Dazu zählen Harn- oder Stuhlinkontinenz, ein Dranggefühl, das nicht hinausgezögert werden kann, ein Schwere- oder Fremdkörpergefühl im Beckenbodenbereich während und nach dem Joggen und natürlich Schmerzen.

Worauf sollten Mütter beim Joggen achten?

Startet langsam und stresst euch nicht! Wählt für den Laufeinstieg 30 bis 50 Prozent der Laufleistung von vor der Schwangerschaft. Tastet euch zunächst mit 30 Minuten zügigem Gehen in Kombination mit leichten Kräftigungsübungen wieder ran. Steigert das Walken dann mit einem Intervalltraining, also einem Wechsel zwischen Laufen und Gehen. Wenn sich der Körper während des Laufens und anschließend gut anfühlt, könnt ihr die Belastung weiterhin steigern.

Grundsätzlich solltet ihr bedenken, dass, solange ihr noch stillt, die "Weichmacher" (Hormone) noch im Körper sind. Somit ist auch die Verletzungsgefahr unter anderem für die Knöchel noch erhöht, da auch dort die Bänder weicher und lockerer sind. Gut sitzende und gedämpfte Sportschuhe sind also ratsam. Auch ein gut sitzender Sport-BH ist wichtig, da die Brüste in dieser Zeit besonders empfindlich sind. Wenn ihr stillt, lauft am besten immer nach dem Stillen, wenn die Brüste "leer" sind.

Achtet darauf, möglichst beckenbodenschonend zu laufen. Das heißt: Lauft aus dem Gehen heraus los und praktiziert einen eher "flachen" Laufstil mit kleinen Schritten und wenig Auf und Ab, um Erschütterungen zu vermeiden. Ein eher federnder, weicher Untergrund ist besser geeignet als Asphalt. Zudem solltet ihr das Bergablaufen vermeiden.

Übrigens: Auf ihrem Instagram-Kanal #beckenbodentraining_leakoehler gibt die Expertin viele Alltagstipps für Mamas nach der Geburt und Anleitungen fürs Beckenbodentraining:

Ist Joggen in der Stillzeit okay?

Grundsätzlich ist Sport während der Stillzeit möglich, wenn hinsichtlich der Intensität und der Dauer des Trainings Maß gehalten wird. Eine sportliche Überlastung solltet ihr jedoch vermeiden. Ein leichtes Sportprogramm führt übrigens nicht zu einer erhöhten Milchsäurekonzentration in der Muttermilch.

Was muss man beim Joggen mit Kinderwagen beachten?

Zum regelmäßigen und intensiven Joggen empfehlen sich sportliche Kinderwagen mit großen Rädern, Luftbereifung und guter Federung. Ausreichend Platz für die Füße sollte einen angenehmen Laufschritt ermöglichen und der Schiebegriff sollte höhenverstellbar sein. Der Handlauf des Kinderwagens sollte möglichst auf Hüfthöhe eingestellt werden, um Rückenschmerzen zu vermeiden.

Zusätzlich solltet ihr eher auf Sandwege achten und Waldwege mit Löchern und Wurzeln sowie knallharten Asphalt lieber meiden. So verringert man die Sturz- und Verletzungsgefahr.
 
Durch eine fast aufrechte stabile Körperhaltung (Oberkörper sollte minimal nach vorn verlagert sein) wird ein Hineinfallen in den Laufschritt vermieden, so sind die auftretenden Kräfte und die Belastung für die Wirbelsäule geringer. Auch der Beckenboden wird so geschont. Wichtig ist, darauf zu achten, locker zu laufen, auch wenn nur eine Hand frei schwingen kann. Die andere Hand ist am Kinderwagen. Wichtig ist, unbedingt die Sicherheitsschlaufe zu nutzen, damit ihr den Wagen jederzeit unter Kontrolle behaltet!
 
Achtung bei den kleinen Passagieren. Das Kind sollte von selbst und sicher sitzen können, bevor ihr mit einem Babyjogger an den Start geht. Es sollte zudem immer stabil sitzen, um Geschwindigkeit und eventuelle Unebenheiten im Laufweg gut abfangen zu können. Denkt auch daran: Ihr lauft und euch ist warm, aber die Kleinen müssen ausreichend warm angezogen werden. Sie haben den Fahrtwind im Gesicht und bewegen sich selbst nicht, daher kühlen sie schneller aus. Sonnenschutz, auch im Winter, nicht vergessen und Regenschutz parat haben.
 
Vergesst nicht, etwas zu Trinken mitzunehmen – für Mama und Kind. Auch ein kleiner Snack ist sinnvoll. Die ermöglicht kurze Pausen zwischendurch, falls das Kleine unruhig wird. Aber ihr solltet kein großes Gepäck dabeihaben, denn nach einigen Kilometern macht sich jedes unnötige Gewicht bemerkbar, denn schon allein das Kinderwagenschieben ist anstrengend und sorgt für einen zusätzlichen Trainingseffekt.

Was wäre ein guter Trainingsplan, wenn man mit dem Joggen nach der Schwangerschaft wieder einsteigen will?

Der erste Schritt für die jede Mütter sollte wie gesagt eine gute, fundierte Rückbildungsgymnastik sein! Jede Frau, die eine Schwangerschaft durchgemacht hat, hat einen Beckenboden, der über Monate extremen Belastungen ausgesetzt war. Diesen gilt es nun nach und nach wieder zu stärken. "LAUFMAMALAUF" bietet dafür den Online-Kurs "Mama-macht-Rückbildung". Hier können die Mütter zeitlich flexibel einfach zu Hause "on demand" trainieren und erhalten neben der Praxisanleitung auch fachkundigen Theorie-Input rund um das Thema Beckenboden.

Nach abgeschlossener Rückbildung bieten wir passende Outdoor-Kurse mit Kind und Kinderwagen für einen idealen, also sicheren und sanften Wiedereinstieg an. Viele Mamas und Babys genießen die Gemeinsamkeit.

Wer nach einer Schwangerschaft gern wieder joggen gehen möchte, der kann sich mit Mischung aus Beckenbodentraining, Rumpfstabilisationsübungen, Koordinationsübungen, Kraftausdauerübungen sowie Stretching optimal darauf vorbereiten. In jedem Fall sollte der Einstieg sanft sein und den Körper nicht gleich völlig auspowern.

Möchtest du noch etwas ergänzen?

Achtet gut auf eure Kinder, lasst euch nicht stressen und vertraut eurer Intuition. Aber achtet auch auf euch selbst. Denn nur so habt ihr Kraft und Energie, euch gut um euer Kleines zu kümmern. Gönnt euch was und genießt kleine Auszeiten.

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