Schwangere Frau liegt auf dem Sofa und ruht sich aus – sie hat starke Schwangerschaftsbeschwerden.© iStock/izusek
"Du bist schwanger, nicht krank!", und dennoch muss es einem nicht immer gut gehen.

Keine Frage: Die Schwangerschaft ist eine wunderschöne Zeit im Leben einer Frau. Doch sie kann auch mit einigen Herausforderungen verbunden sein. Viele Frauen erleben während der Schwangerschaft körperliche Beschwerden wie etwa Übelkeit, Rückenschmerzen oder eine lähmende Müdigkeit. Ich gehörte dazu. Die ersten Monate meiner Schwangerschaft ging es mir überhaupt nicht gut. Im Prinzip habe ich damals alles mitgenommen, was geht. Und, ja, das habe ich nicht für mich behalten, sondern offen kommuniziert. Dass eben nicht immer alles prima ist in der Schwangerschaft. Körperlich ist sie schon eine große Herausforderung für uns Frauen. Und als ich dann den Satz "Stell dich nicht so an – du bist schwanger und nicht krank" hörte, fiel ich vom Glauben ab …

Ehrlich auf "Wie geht's dir?" antworten? Verboten!

Ich meine, es ist ja nicht so, dass ich mich laufend beschwert habe oder gar gejammert. Lediglich habe ich ein bis zweimal wirklich ehrlich auf die Frage "Wie geht es dir im Moment?" geantwortet. Das darf man als Schwangere wohl nicht. Ist verboten. Die Leute wollen hören: "Ach, mir geht es wunderbar. Ich liebe es, schwanger zu sein. Und mir ging es noch nie besser als jetzt." Glaubt mir, gerne hätte das auch von mir behaupten können. 

Es hat nichts mit fehlender Dankbarkeit zu tun

Schwanger war ich trotzdem gerne. Und dankbar (oh ja, alle mir Nahestehenden wissen das) war ich und bin ich auch immer noch über unser Glück. Dennoch – bitte, Leute! – dürfen Schwangere auch mal ehrlich über ihre Wehwehchen sprechen. Und zwar ohne, dass ihnen Schuldgefühle eingetrichtert werden durch solche blöden Sprüche aus der Steinzeit. Egal, ob mit ironischem Unterton über die Lippen kommz oder nicht.

Behaltet die anmaßenden, abwertenden Aussagen für euch

Durch Sätze wie "Du bist schwanger und nicht krank" werden die enormen körperlichen UND emotionalen (!) Leistungen der schwangeren Frau heruntergespielt. Darüber berichten auch Vera & Jenny, die Gründerinnen von "9•BORROUGHS", auf ihrem Instagram-Kanal. Sie sagen außerdem: "Es kostet mehr Energie und körperliche Anpassungen, neues Leben zu erschaffen als jeder Hochleistungssport." Das stimmt.

Auf die innere Stimme hören und Auszeiten nehmen

Ich habe mir tatsächlich (ja, auch im Arbeitsalltag einer damals noch Selbstständigen) meine Auszeiten genommen. Ging auch gar nicht anders. Massakrieren wollt eich mich nun nicht. Wer will sich schon gerne am Schreibtisch mit Erbrechen, Migräne und Rückenschmerzen herumquälen?! Nun, und die bleierne Müdigkeit hat mich gegen 16 Uhr förmlich jeden Tag angeschrien: "Leg dich hin, verdammt!" Da habe ich ihrem Befehl häufig nachgegeben. Entschuldigung, liebe andere (nicht-schwangeren) Leute. 

Aber, mal ehrlich: Es ist doch so wichtig, auf die Signale des Körpers zu hören und sich Auszeiten zu nehmen. Darüber hinwegsetzen? Keine gute Idee. Doch leider tun das viel zu viele Schwangere. Weil der Druck von außen so groß ist, als schwangere Frau so zu funktionieren wie vorher auch. Viele Frauen versuchen, während ihrer Kugelzeit dieselben Leistungen zu erbringen wie zuvor. Und das, obwohl ihr Körper NEIN schreit und andere Bedürfnisse hat. Abwertende Aussagen wie "Stell dich nicht so an, du bist doch nur schwanger und nicht krank" verstärken das Ganze nur noch.

Dürfen Schwangere nicht über ihre Gefühle sprechen?

Dieser Satz vermittelt Betroffenen, dass sie ihre Gefühle für sich behalten müssen und nicht darüber sprechen dürfen. Unwohlsein, Ängste und Schmerzen? All das sollten sie wohl einfach akzeptieren. Hört mal genau zu: Es ist okay und total normal, sich nicht immer super-duper-gut zu fühlen und gleichzeitig extreme Dankbarkeit zu empfinden.

Nehmt schwangere Frauen lieber in Schutz und verschont sie mit solchen Aussagen. Bringt ihnen lieber etwas Empathie entgegen. Und Verständnis. Denn glaubt mir eines: Ängste, Druck und Schuldgefühle empfinden wir als Eltern schon genug.

Doch was steckt eigentlich hinter diesem Satz? 

Es stimmt: Schwangerschaft ist keine Krankheit. Aber das bedeutet doch nicht, dass schwangere Frauen keine Unterstützung oder Auszeiten brauchen. Schwangerschaft verändert den Körper einer Frau auf viele Weisen. Der wachsende Bauch und die hormonellen Veränderungen können zu extremen körperlichen Beschwerden führen. Auch psychische Belastungen wie Ängste oder Sorgen sind in dieser Zeit keine Seltenheit. Deshalb ist es wichtig, dass schwangere Frauen auf ihre Bedürfnisse achten und sich Unterstützung holen, wenn sie diese benötigen. Es ist okay, um Hilfe zu bitten und sich Pausen zu erlauben. Schwangere Frauen sollten sich nicht dazu gezwungen fühlen, alles alleine zu schaffen. Nur, weil die Gesellschaft einem sagt, dass man mit einem Baby im Bauch trotzdem Vollgas geben muss.

Man ist nicht krank, aber dennoch ist die Schwangerschaft eine Tortur für den Körper

Es ist wichtig, dass wir als Gesellschaft ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass Schwangerschaft keine Krankheit ist, aber dennoch mit Herausforderungen verbunden sein kann. Wir sollten schwangere Frauen unterstützen und ihnen die nötige Anerkennung und Wertschätzung entgegenbringen. Der Satz "Stell dich nicht so an – du bist schwanger und nicht krank" sollte aus unserem Sprachgebrauch verschwinden. Stattdessen sollten wir uns fragen, wie wir schwangere Frauen bestmöglich unterstützen können. Insgesamt gilt: Jede Schwangerschaft ist individuell und jede Frau erlebt sie anders. Es gibt keine pauschale Antwort darauf, wie schwangere Frauen sich verhalten sollten. Wichtig ist, dass sie auf ihre Bedürfnisse achten und sich Unterstützung holen, wenn sie diese benötigen. Denn nur so können sie die Schwangerschaft genießen und gesund durch diese Zeit kommen. Deshalb, liebe Leute, einfach mal den Mund halten, nachdenken und zuhören. Seid einfach für euer Gegenüber da. Danke.