
"Sie sind nicht immun gegen Zytomegalie!" – "Aha, bitte was?!" So in etwa meine Reaktion als meine Frauenärztin mir mitteile, dass ich mit einigen Dingen besonders aufpassen solle: Zum Beispiel sollte ich keine Babys und Kleinkinder (mehr) abknutschen. Denn die Infektionskrankheit, von der ich vorher noch nie etwas gehört hatte, wird etwa durch Speichel übertragen. Zwar wäre eine CMV-Infektion (so ein weiterer geläufiger Begriff) in der Schwangerschaft für mich selbst nicht von großer Bedeutung, doch bei meinem ungeborenen Baby hätte sie zu gesundheitlichen Problemen führen können. Aber halt mal: Was genau ist eigentlich Zytomegalie? Wir haben bei einer Expertin genau nachgefragt …
Zytomegalie – was ist das?
Frauen, die zum ersten Mal schwanger sind, haben womöglich noch nie von Zytomegalie (auch Cytomegalie oder CMV-Infektion) gehört: "Die Zytomegalie ist eine Infektionserkrankung, die durch das Zytomegalievirus (CMV) – ein Herpesvirus – verursacht wird", erklärt Dr. Cornelia Hösemann, Vorstandsmitglied des Berufsverbandes der Frauenärzte e.V. (BVF). Bei Menschen mit einem intakten Immunsystem verlaufe die Infektion mit nur geringen Symptomen oder bleibt gänzlich unbemerkt. Dies gelte auch für den Zeitraum der Schwangerschaft. "In der Schwangerschaft kann das Virus jedoch von der Mutter auf das ungeborene Kind übertragen werden und beim Kind zu schweren Schädigungen und Spätfolgen führen. Man spricht im Fall einer Übertragung von einer sogenannten kongenitalen CMV-Infektion, die Rahmen einer Erstinfektion der Mutter vorkommen kann", so die Expertin weiter.
Zytomegalie in der Schwangerschaft: Was sind die Risiken?
"Die kongenitale CMV-Infektion ist die häufigste infektiöse Ursache für geistige Behinderung und nicht-erbliche Hörstörungen bei Kindern", warnt Dr. Hösemann. "Bei der Geburt ist die überwiegende Mehrheit der im Mutterleib infizierten Kinder noch gesund und unauffällig – Hörschädigungen und Entwicklungsverzögerungen treten erst später auf." Die Expertin gibt an, dass etwa 10 Prozent bereits bei der Geburt Symptome zeigen. Dann sind folgende Symptome möglich:
- Gelbsucht
- geringes Geburtsgewicht
- ein zu kleiner Kopf
- Wasserkopf (Hydrocephalus)
- Schädigungen der Augen
- Hördefekte
- Vergrößerte Leber und Milz
- Gerinnungsstörungen
- Gehirnblutungen
- Einblutungen in die Haut (Petechien)
- Verkalkungen im Gehirn
Solche CMV-Symptome können leider dauerhaft bestehen bleiben. Außerdem können geistige und körperliche Behinderungen entstehen. Nicht selten kämpfen betroffene Kinder auch mit den Folgen von Lernstörungen.
Wie überträgt sich Zytomegalie?
Durch Schmierinfektionen. Heißt: Das Virus sitzt zum Beispiel im Urin, Speichel oder Sperma von infizierten Personen. Ansteckungsgefahr lauert also bei allen Menschen, mit denen man engen Kontakt pflegt. Schwierig wird es besonders, wenn Schwangere bereits Kinder haben …
Zytomegalie in der zweiten Schwangerschaft: Wie schütze ich mich jetzt?
Schwanger mit dem zweiten Kind – und jetzt? Darf man sein Kind nun nicht mehr küssen oder wickeln? Oder kann man sich irgendwie anders schützen? Leider nein. "Derzeit existiert keine Impfung gegen CMV. Schwangere können durch Einhaltung von Hygienemaßnahmen ihr Infektionsrisiko deutlich vermindern", erklärt Frau Dr. Cornelia Hösemann. Letztere seien vorrangig, weil das Virus durch Körperflüssigkeiten bzw. Schleimhautkontakt übertragen wird. "Sie gelten insbesondere beim Umgang mit Kleinkindern, die oft unerkannt das Virus im Speichel und Urin ausscheiden."
Diese Maßnahmen können vor einer CMV-Infektion schützen:
- Regelmäßiges und gründliches (!) Händewaschen
- Kein Geschirr und Besteck teilen
- Erkältete Menschen meiden, denn bei ihnen reaktiviert sich das CMV-Virus häufig
- Einmalhandschuhe beim Wickeln tragen ODER danach Hände desinfizieren
- Küssen ist (leider) ein Infektionsrisiko, deshalb lieber vermeiden
Zytomegalie-Symptome: Wie äußert sich eine CMV-Infektion?
Die Infektion kann sich mit unspezifischen oder grippeähnlichen Erkrankungszeichen zeigen, dazu zählen:
- Kopf- und Gliederschmerzen
- Schwellung der Lymphknoten
- Fieber
- Abgeschlagenheit
Das Tückische an CMV: "In vielen Fällen ist der Verlauf so schwach ausgeprägt, dass die Infektion nicht bemerkt wird."
Was tun, wenn man sich angesteckt hat?
In der Regel stellt nur die Erstinfektion in der Schwangerschaft eine Gefahr für das Kind dar. "Wurde die Infektion in der Frühschwangerschaft nachgewiesen, kann gegebenenfalls die Behandlung mit einem CMV-Immunglobulinpräparat in Erwägung gezogen werden", so Expertin Dr. Hösemann. Studien zufolge könne man wohl davon ausgehen, dass solche CMV-Hyperimmunglobuline die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung auf das Baby senken. Bei einer Infektion wird der Frauenarzt oder die Frauenärztin regelmäßigere Ultraschalluntersuchungen vornehmen und damit die Entwicklung des Babys noch genauer kontrollieren. Die Fruchtwasseruntersuchung kann Aufschluss darüber geben, ob die infizierte Mutter das Virus auf ihr Baby übertragen hat.
Zytomegalie-Test gibt Aufschluss
"Schwangere können über einen Bluttest bestimmen lassen, ob sie bereits früher eine CMV-Infektion durchgemacht haben und somit vor einer Erstinfektion geschützt sind. Hierfür werden Antikörper gegen CMV im Blut bestimmt. Diese Untersuchung ist nicht in der Mutterschaftsvorsorge enthalten, somit keine Kassenleistung und muss von der Schwangeren selbst bezahlt werden", sagt Dr. Cornelia Hösemann, Vorstandsmitglied des Berufsverbandes der Frauenärzte e.V. (BVF).
Beschäftigungsverbot: Darum dürfen Schwangere nicht mit Kindern arbeiten
Vielleicht habt ihr schon einmal mitbekommen, dass etwa Lehrer, Erzieher oder Ärzte sofort nach Bekanntgabe ihrer Schwangerschaft ausscheiden (müssen). Es gibt gewisse CMV-Risikoberufe. Dazu zählen insbesondere Berufe, in denen es zu einem engen Kontakt zu (Kinder-) Krankheiten (zum Beispiel Kindergärtner, Krankenpfleger, Ärzte, Arzthelfer, Pflegeberufe) und anderen infektiösen Ansteckungsquellen kommen kann.
Aber: Das Beschäftigungsverbot tritt in diesen Berufen erst dann in Kraft, sobald die Schwangere nicht anderweitig außerhalb der Infektionsquelle eingesetzt werden kann.