Warum Tragen beruhigt

"Hilfe, mein Baby schläft nur in der Trage!" Über das Phänomen der Trageruhe ...

Viele Babys beruhigen sich sofort, wenn man sie hochnimmt und (!) herumträgt. Setzt man sich allerdings hin oder legt sie gar ab, weinen sie direkt wieder. Eine spannende Studie klärt die Hintergründe der sogenannten Trageruhe.

Ein Baby schläft bei Papa in der Trage mit Schnuller© iStock/FreshSplash
So schön kuschelig ist es bei Papa an der Brust: Einige Babys schlafen nur in der Trage ein, zumindest phasenweise.

Baby liegt. Baby schreit. Baby auf dem Arm. Baby ruhig. Mama läuft auf und ab. Baby schlummert. Mama setzt sich. Mit Baby auf dem Arm! Baby schreit wieder. Mama steht wieder auf. Läuft weiter. Schuckelt. Baby ruhig. Baby schläft. Baby wird abgelegt. Baby wach. Baby schreit. Diese nervenaufreibende Abfolge konnte ich bei meinen drei Söhnen gleichermaßen beobachten. Sie liiiiebten es, als winzige Säuglinge herumgetragen zu werden. Aber auf dem Arm und sitzen? Och nö, Mama! 

Auch später noch, als größere Babys, war der Schlaf in der Trage immer einer der entspanntesten. Ich weiß noch genau, wie ich meinen Großen gefühlt durch die komplette Elternzeit getragen habe: Zwölf Monate eingepackt in meine treue Manduca, immer mindestens drei Tüten voller Drogerie-Einkäufe im Schlepptau, Rucksack auf dem Rücken, im überfüllten 104er-Bus. Ganz ehrlich, mein Beckenboden hat es mir in dieser Zeit nicht unbedingt gedankt. Der kleine Mann schon. Und selbst heute wollen meine Jungs (mit 4, ja selbst mit 6 Jahren) noch auf meinen Arm hüpfen, von oben alles ganz genau beobachten und natürlich kuscheln. 

Ja, aber warum nur mögen Kinder das Tragen am liebsten im Stehen? Warum reicht nicht Sitzen plus Kuscheln? Was ist bloß so beruhigend an der Kombi Tragen und Herumlaufen?

Studie verrät: Herumtragen beruhigt – und das ist lebenswichtig!

Schon mal vorab: Kein Baby zieht diesen scheinbaren Zirkus durch, weil es seine Eltern ärgern will. Von solchen Absichten sind Kinder im ersten Lebensjahr noch weit entfernt. Vielmehr handelt es sich bei diesem Verhalten um eine ursprünglich lebenswichtige Funktion des Körpers. Forschende in Japan fanden heraus, dass sich Babys im ersten halben Jahr sehr schnell beruhigen, wenn sie hochgenommen und herumgetragen werden: Sie hörten auf zu weinen, Puls und Herzfrequenz verlangsamten sich und die Bewegung wurde insgesamt ruhiger. Und das hat einen lebenswichtigen Hintergrund, Stichwort: Fluchtreflex. Aus evolutionärer Sicht konnten Mütter ihre Kinder in einer bedrohlichen Situation so unbemerkt davontragen, wenn der Säbelzahntiger im Gebüsch lauerte. Das Baby machte in diesem Moment keinen Mucks, strampelte nicht, ganz instinktiv. Von dem rettenden Effekt dieser sogenannten Trageruhe profitieren tatsächlich viele Tierbabys. Die japanischen Wissenschaftlerinnen konnten sie beispielsweise auch bei Mäusen nachweisen.

Auch wenn Eltern ihren Nachwuchs heute nicht mehr vor hungrigen Urzeit-Tieren verteidigen müssen, so ist dieses angeborene Verhalten der Kleinen ja doch auch ein bisschen praktisch. Immerhin wissen wir Eltern: Aufstehen beruhigt! Ergo: Es gibt da eine Lösung! Auch, wenn die nicht immer bequem für uns ist. Zum Beispiel um zwei Uhr nachts, wenn nichts hilft, außer das Baby durch das Schlafzimmer zu wackeln. 

Hach, ist das herrlich von Mama herumgetragen zu werden!© Foto: Getty Images/miniseries
Hach, es ist einfach zu herrlich von Mama und Papa herumgetragen zu werden ...

Und wenn selbst das Herumtragen nicht mehr hilft ...

Wir Eltern spielen das Spiel der Evolution natürlich mit. Weint dieses süße Geschöpf, wollen wir es instinktiv sofort hochnehmen und beruhigen –  auch wenn der Kaffee verlockend duftet oder das Bett ruft. Clever eingefädelt von der Natur. Aber klar ist auch: Das Allheilmittel für jedes Weinen ist das Herumtragen natürlich auch nicht. Wenn euer Kleines nicht zu beruhigen ist, solltet ihr checken, ob es Hunger hat, die Windel voll ist oder Fieber bzw. Schmerzen hat. Und ja, es gibt sie natürlich auch, die Babys, die viel lieber im Kinderwagen spazieren gehen, als in der Trage abzuhängen. Und aus eigener Erfahrung kann ich nur betonen: Immer mal wieder den Kinderwagen austesten und nicht aufgeben, wenn es euch wichtig ist, auch für euch als Eltern mal eine Tragepause einzubauen. Denn meist mögen selbst die "stursten" Tragebabys irgendwann auch mal eine Runde im Kinderwagen. 🙂 Und wenn nicht, dann am besten abwechselnd tragen.

Diese drei Babytragen kann ich empfehlen:

Diese Babytragen habe ich selbst mit meinen drei Jungs getestet und für gut befunden.