
High Need Baby – eine Definition
Sogenannte High Need Babys sind hochreaktive Babys, die oft starke Gefühle zeigen und damit die Nerven ihrer Eltern ganz schön beanspruchen können.
Babys, die sehr viel weinen und schreien, so oft wie möglich getragen werden wollen und sich kaum beruhigen lassen, werden häufig als High Need Babys oder auch hochreaktive Babys bezeichnet. Sie äußern ihre Bedürfnisse lautstark und brauchen besonders viel Zuwendung. Sie können länger und häufiger schreien, sind anspruchsvoller in der Pflege und reagieren empfindlicher auf ihre Umgebung. Eltern von hochsensiblen Babys sind oft selbst sehr gestresst und fragen nach Ursachen, der Entwicklung und Tipps im Umgang mit ihrem High Need Baby. Wichtig: Es handelt sich bei dem Begriff nicht um eine Diagnose, es ist also keine Krankheit!
Übrigens: Der Begriff "High Need Baby" wurde von Dr. Williams Sears, Professor für Kinderheilkunde in Kalifornien, geprägt. Inzwischen ist die Bezeichnung auch zu uns "rübergeschwappt".
Mögliche Ursachen für High Need Babys
Es gibt keine eindeutige Ursache dafür, warum ein Baby als "High Need" bezeichnet wird. Es kann eine Kombination verschiedener Faktoren sein, wie zum Beispiel:
- Traumatische Geburt: Eine schwere Geburt oder eine, die unter schwierigen Bedingungen stattfindet, hat möglicherweise Einfluss darauf, ob ein Baby ein "High Need Baby" wird.
- Temperament: Jedes Baby hat von Geburt an ein individuelles Temperament. Einige Babys sind von Natur aus ruhiger und ausgeglichener, während andere lebhafter und fordernder sind.
- Entwicklungsschübe: In den ersten Lebensmonaten durchlaufen Babys mehrere Entwicklungsschübe, in denen sie besonders viel lernen und sich verändern. Diese Phasen können mit erhöhter Unruhe und einem gesteigerten Bedürfnis nach Nähe verbunden sein.
- Unwohlsein: Möglicherweise hat das Baby gesundheitliche Probleme, wie zum Beispiel Bauchschmerzen oder eine Allergie, die zu Unruhe führen.
- Umgebung: Auch die Umgebung, in der ein Baby aufwächst, kann einen Einfluss auf sein Verhalten haben. Stress oder Veränderungen in der Familie können zu erhöhter Anspannung beim Baby führen.
Holt euch Hilfe – was Eltern tun können
Für Eltern eines High Need Babys kann die Situation sehr anstrengend sein. Es ist wichtig zu wissen, dass ihr nicht alleine seid und dass es viele Möglichkeiten gibt, um die Situation zu meistern:
- Bedürfnisse ernst nehmen: Versucht, die Bedürfnisse eures Babys so gut wie möglich zu erkennen und zu erfüllen. Tragt euer Baby viel, stillt nach Bedarf und reagiert schnell auf seine Signale.
- Ruhige Umgebung: Schafft eine ruhige und entspannte Atmosphäre, in der ihr äußere Reize wie Licht und Lärm reduziert.
- Routinen: Etabliert feste Tagesabläufe, das gibt eurem Baby Orientierung.
- Achtsamkeit: Beobachtet euer Baby genau und versucht zu verstehen, was es braucht.
- Geduld haben: High Need Babys brauchen oft mehr Zeit und Geduld als andere Babys. Versucht dennoch, entspannt zu bleiben und sich nicht unter Druck zu setzen.
- Selbstfürsorge: Achtet unbedingt auch auf euer eigenes Wohlbefinden. Wechselt euch ab und nehmt euch immer wieder kleine Auszeiten.
- Unterstützung suchen: Sprecht mit anderen Eltern, Freunden oder einer Hebamme über eure Erfahrungen. Es kann sehr hilfreich sein, sich mit anderen auszutauschen und zu erfahren, dass andere Eltern ähnliche Herausforderungen zu meistern haben.
- Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen: Wenn ihr euch überfordert fühlt oder das Gefühl habt, dass euer Baby unter seinem Verhalten leidet, sucht professionelle Hilfe. Eine Hebamme, eine Stillberaterin oder ein Kinderarzt können euch wertvolle Tipps und Unterstützung geben.
Spezielle Techniken, die ihr ausprobieren könnt
- Wickeltechniken: Bestimmte Wickeltechniken können helfen, euer Baby zu beruhigen und ihm ein Gefühl von Geborgenheit zu vermitteln.
- Massage: Eine sanfte Babymassage kann entspannend wirken und eure Bindung stärken.
- Musiktherapie: Musik kann eine beruhigende Wirkung haben und eurem Baby helfen, sich zu entspannen.
- Bewegungstherapien: Sanfte Bewegungen wie Schaukeln oder Tanzen können ebenfalls hilfreich sein.
Wichtiger Hinweis: Jedes Baby ist einzigartig und entwickelt sich ganz individuell. Auch wenn ein Baby anfangs sehr anspruchsvoll ist, kann sich sein Verhalten im Laufe der Zeit ändern. Mit Geduld, Liebe und Verständnis könnt ihr eurem Baby helfen, sich sicher und geborgen zu fühlen.
Schnelle Hilfe
Kinderarzt oder Hebamme sind gerade nicht erreichbar, aber ihr braucht dringend Hilfe? Zögert nicht, entsprechende Anlaufstellen in Anspruch zu nehmen. Zum Beispiel die "Frühen Hilfen": Unter elternsein.info gibt es Informationen, Beratung und eine Suche für Hebammen und Eltern-Kind-Kurse bei euch in der Nähe. Bei Sorgen ruft ruhig das Elterntelefon unter 0800/111 0 550 an (Anruf ist kostenlos).
Auch sogenannte Schreibaby-Ambulanzen sind auf High-Need-Babys eingestellt. Eine Schrei-Ambulanzen-Suche für ganz Deutschland nach Postleitzahlen findet ihr unter elternsein.info/suche-schreiambulanzen
Erfahrungsbericht einer Familienberaterin
Mareike Theunert ist dreifache Mutter und Familientherapeutin. Aus ihrer Praxiserfahrung berichtet sie regelmäßig auf Instagram, so auch in einem Post zu High Need Babys:
"Hilfe, mein Baby weint immer und lässt sich schwer ablegen.
Ich kann nicht mehr, mein Kind ist nur zufrieden, wenn ich es durchgehend auf dem Arm trage.
Ich versteh einfach nicht, was mein Baby braucht ... Ich bin so eine schlechte Mutter."
Diese und ähnliche Aussagen höre ich täglich in meinen Beratungen. Sie kommen von Müttern und Vätern, die ihre Babys liebevoll begleiten wollen und an ihre Grenzen stoßen. Die sich hilflos und überfordert fühlen und von Aussagen von außen á la "Du verwöhnst dein Kind einfach zu sehr" oder "Du musst es auch mal weinen lassen" komplett verunsichert sind. "Was mache ich nur falsch?" ist die häufigste Frage, die ich gestellt bekomme.
Liebe Eltern, es liegt nicht an euch
Liebe Mama, lieber Papa: Ihr macht nichts falsch! Durchschnittlich jedes 10. Kind ist "überdurchschnittlich" sensibel, temperamentvoll und kann sich schwer beruhigen lassen. Hier hören Eltern irgendwann Begriffe wie Schreibaby, High Need Baby, Regulationsstörung, Hochsensibilität oder gefühlsstark. Und wieder kommen Unsicherheiten auf: Was ist mein Kind denn nun? Ist es das überhaupt? Und wenn ja, was nun?
Generell lässt sich sagen, diese besonders sensiblen, fordernden Babys ...
- ... kommen oft schwer in den Schlaf.
- ... können sich selbst schwer beruhigen.
- ... reagieren sensibel auf Reize von außen.
- ... wirken oft von Geburt an sehr wach und kommen schwer zur Ruhe.
- ... weinen häufiger und sind dabei sehr intensiv.
- ... wirken oft unzufrieden.
- ... brauchen viel Begleitung.
Ich habe ein High Need Baby – na und?
Dies sind ein paar Ausschnitte aus dem Leben mit einem sensiblen Baby. Wichtig ist es zu wissen, dass es keine Krankheit ist! Deshalb braucht es hierfür auch keine Diagnose. Es reicht das Gefühl der Eltern, dass ihr Baby von allem etwas mehr braucht. Welcher Begriff für euch der richtige ist, bestimmst am Ende einfach du. Und viel wichtiger neben der Frage "Ist mein Baby ..." ist doch "Was und wer kann uns in der aktuellen Situation helfen?"
Hier kommt ihr direkt zum Post der Familientherapeutin:
Marei Theunert ist Diplom-Pädagogin und begleitet mit ihrer Onlineberatung "Elbfamilienglück" Familien durch ihre Herausforderungen. Als Mama von drei Kindern, Pädagogin und Familientherapeutin ist sie Expertin die Themen Babyschlaf, Schreibabys, Regulationsstörungen, High Need und gefühlsstarke Kinder.
Mehr von Marei auf Instagram: instagram.com/marei.theunert