Goodbye Deutschland!

Auswandern nach Transsilvanien: "Diese Kinderfreundlichkeit haben wir in Deutschland vermisst"

Eine Familie erfüllt sich während der Corona-Pandemie ihren Traum und wandert aus – und zwar nach Transsilvanien. Von ihrem neuen Leben ohne Kanalisation, dafür mit ganz viel Herz, Gastfreundschaft und Improvisationstalent …

Transsilvanien – ist das nicht da, wo Graf Dracula sein Unwesen treibt? Ein unwirtliches Niemandsland mit schauerlichen alten Burgen und ganz viel Nebel? Oder anders gefragt: Ist das wirklich der richtige Ort für eine Familie?

Absolut, sagt Rita Klaus. Die Autorin ist zu Beginn der Corona-Pandemie samt Mann und ihren vier Kindern nach Rumänien ausgewandert. Warum? "Weil es dort einfach alles gibt, was uns in Deutschland mittlerweile fehlt: Platz, relativ günstigen Strom, Glasfaserkabel, ein herzliches Miteinander auf dem Dorf, dazu die atemberaubende Natur und Kultur", erzählt uns die vierfache Mutter. "An jeder Ecke erschlägt einen die Geschichte. Okay, und zugegeben schon auch ein bisschen wegen Graf Dracula."

Ihr Traum wird wahr

Beim Campingurlaub hatte sich das Paar in die Region verliebt, liebäugelte schon seit längerem mit einer Ferienwohnung in Transsilvanien. "Dann saßen wir im ersten Corona-Winter auf der Couch in Grainau und entdeckten die Anzeige für dieses Haus." In diesem Moment war es um sie geschehen. Halbrunde Fenster, herrschaftliche Deckenhöhe, bunt verglastes Oberlicht, Emaille-Badewanne mit Löwentatzen, uneinsehbarer Innenhof, Originalzustand von 1930. Das Paar fackelte nicht lange, unterschrieb kurzerhand den Kaufvertrag, brach alle Zelte in Deutschland ab und wanderte mit Sack und Pack nach Transsilvanien aus. Der Beginn des wohl größten Abenteuers ihres Lebens. "Es gab keine Kanalisation im Dorf, aber Glasfaserkabel am Storchennest gegenüber", erinnert sich Rita Klaus an ersten Überraschungen, die ihre neue Heimat für sie bereithielt. 

Die Familie merkt schnell, dass sie ohne Flexibilität und Improvisationstalent in Rumänien nicht weit kommt. Trotzdem ist es genau diese Lebenseinstellung, das rumänische "Alles geht irgendwie", das ihr an ihrem neuen Leben am besten gefällt. "Einfach mal machen, wird schon gutgehen! Klar geht das nicht immer gut, und manchmal kommt ziemlicher Quark heraus, aber immerhin passiert was! Es herrscht eine Aufbruchsstimmung, und das ist sehr wohltuend für uns manchmal noch etwas zu kopflastigen deutschen Kontrollfreaks", erklärt sie.

Aller Anfang ist schwer

Ihre Kinder brauchten etwas länger, um sich mit den Auswanderungsplänen ihrer Eltern anzufreunden. "Sie waren erst mal ziemlich geschockt, so ehrlich muss man sein", erinnert sich Rita Klaus. "Kein Kind liebt es, aus seinem gewohnten Umfeld gerissen zu werden. Andererseits sind wir mitten im Frühling 2021 ausgewandert, als man in Deutschland sowieso kaum etwas machen und nicht mal Kindergeburtstag feiern durfte. Da kam dann schon schnell die Erkenntnis der größeren Freiheit."

Die Schulsituation in Rumänien stellte die Familie zunächst jedoch vor eine große Herausforderung. Auch wenn es deutschsprachige Zweige an vielen Schulen gebe, werde dennoch erwartet, dass die Kinder rumänisch sprechen. Also hieß es für ihre Kinder zunächst: Mathematik auf Rumänisch. "Das war für uns einfach nicht zu schaffen, obwohl sich die Klassenleiterinnen und Mitschüler sehr engagierten“, erklärt Rita Klaus. Ihre drei ältesten Kinder wechselten nach zwei Jahren zu einer deutschen Online-Privatschule. "Auch wegen der großen Entfernung zum nächsten Gymnasium in Sibiu. Wir leben ja schließlich ganz bewusst im 'Outback', wo auch kein Schulbus fährt."

Geheimnisvolles Transsilvanien – Alles über das Reich der Vampire

Transsilvanien ist eine Region im Herzen Rumäniens, auch bekannt als Siebenbürgen. Mit seiner reichen Geschichte, atemberaubenden Landschaften und einer einzigartigen Kultur lockt Transsilvanien jedes Jahr zahlreiche Besucher an. Die Region ist vor allem für ihre mittelalterlichen Burgen und Schlösser bekannt, darunter das berühmte Schloss Bran, das oft mit der Legende von Dracula in Verbindung gebracht wird. Doch Transsilvanien hat noch viel mehr zu bieten: malerische Dörfer, grüne Hügel, beeindruckende Karpaten-Gebirge und eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt. Ob bei einer Wanderung durch die Natur, dem Erkunden historischer Städte wie Sibiu oder Cluj-Napoca oder dem Genießen der traditionellen rumänischen Küche - Transsilvanien besticht durch seine Vielfalt.

Offenheit und Gastfreundschaft

Rita und ihr Mann sind selbstständig, können auch im Ausland in ihren bisherigen Jobs weiterarbeiten. In finanzieller Hinsicht ist die Situation für die sechsköpfige Familie in ihrer neuen Heimat deutlich entspannter. "In Rumänien können wir es uns leisten, als Großfamilie einfach mal ins Restaurant zu gehen. In meinem Lieblingscafé kostet der Cappuccino umgerechnet eins vierzig. Letztes Wochenende waren wir im Kino: Kinder 18 Lei, Erwachsene 25 Lei. Das sind drei Euro sechzig bzw. fünf Euro. Und momentan bauen wir das Dach aus, wo jedes Kind sein eigenes Zimmer bekommt. Darauf freuen sie sich riesig, genauso wie über die Haustiere, die wir von der Straße adoptiert haben: Im Moment Hündin Chippy und Kater Klausi."

An ihrer neuen Heimat liebt Rita Klaus besonders die Familienfreundlichkeit, die sie in Deutschland oft vermisst hat. "Kinder sind immer und überall willkommen, sie gehören einfach dazu. Wir wurden noch nie irgendwo schräg angeschaut, weil wir vier Kinder haben, im Gegenteil. Hier im Dorf gibt es Leute mit acht oder dreizehn Kindern. Dass viele rumänische Eltern Liebe mit erhöhtem Zuckerkonsum gleichsetzen, ist eine andere Geschichte …"

Auch nach zwei Jahren gibt es für die Familie noch immer viel zu tun. "Das Haus an sich ist eine Lebensaufgabe. Ein Generationenprojekt. Es wird nie fertig. Aber langsam fühlt es sich wirklich wie Zuhause an."

Doch trotz aller Schwierigkeiten kann sie sich nicht vorstellen, Transsilvanien wieder zu verlassen. "Für Urlaube und berufliche Einsätze ja, aber höchstens monatsweise"“, sagt sie. Wie sich die Kinder mal entscheiden werden, das wisse sie noch nicht. Für sie steht jedoch fest: "Für uns Eltern wird es der Lebensmittelpunkt bleiben."