Psychologie

Hospital Fantasy: Wenn Mütter lieber im Krankenhaus wären als zu Hause

Wenn frischgebackenen Müttern nach der Geburt alles zu viel wird, sehen viele nur noch einen drastischen Ausweg: einen Krankenhausaufenthalt. Was hinter der sogenannten "Hospital Fantasy" steckt.

Erschöpfte Mutter mit tobenden Kindern auf dem Sofa.© iStock/ma_rish
Hospital Fantasy: Wenn Mütter am Limit sind, scheint das Krankenhaus oft der letzte Ausweg.

"Als mein Sohn noch ein Baby war, habe ich mir oft vorgestellt, wie mich ein Bus leicht anfährt, damit ich ins Krankenhaus fahren und dort ein wenig schlafen kann."

Diesen Satz schreibt die Journalistin und Mutter Miranda Rake in einem Artikel. Und was auf den ersten Blick erschreckend klingen mag, können viele Mutter nachfühlen. So viele, dass es für dieses Phänomen bereits einen Namen gibt: "Hospital Fantasy" – zu deutsch: Krankenhausfantasie.

Dahinter steckt – kurz gesagt – völlige Erschöpfung. Gerade in den ersten Monaten nach der Geburt kommen viele frischgebackene Mütter völlig an ihre Grenzen. Schlaflose Nächte, ein schreiendes Baby, ausgelaufene Windeln und obendrein die tiefgreifenden Veränderungen, die sich in Körper und Psyche abspielen – es summieren sich eine Menge Faktoren, die zu einer großen Belastung werden können. Wenn dann noch Unterstützung fehlt, verspüren viele Frauen einen enormen Leidensdruck.

Hospital Fantasy: Bei Müttern besonders verbreitet

In ihrer Not scheint es nur noch einen Ausweg zu geben: ein Krankenhausaufenthalt, um dort die Möglichkeit zu bekommen, sich auszuruhen, zu schlafen und endlich mal wieder allein zu sein.

Tatsächlich ist "Hospital Fantasy" nichts, was nur bei Müttern auftritt. Bei jedem Menschen kann es zu Episoden im Leben kommen, in denen sie das Krankenhaus als letzte Ausflucht sehen. Eng damit verwandt ist der Wunsch, eine Grippe, Migräne oder Ähnliches zu bekommen, um sich endlich mal wieder in Ruhe ausruhen zu können.

Eine Umfrage der US-Unternehmerin und Autorin Katrina Alcorn ergab, dass 68 Prozent der teilnehmenden Mütter schon einmal eine Krankenhausfantasie hatten.

Die Fantasien treten in Momenten der Überforderung auf

Wer eine "Hospital Fantasy" hat, fantasiert von einem kleineren Unfall oder einer unkomplizierten Operation – nichts Schwerwiegendes, aber genug, um sich ein paar Tage oder eine Woche in einem Krankenhausbett erholen zu dürfen.

Eng verwandt damit sind Fluchtfantasien, bei denen die Betroffenen davon träumen, einfach aus ihrem Leben zu fliehen und irgendwo anders ganz neu anzufangen.

Oftmals treten derartige Gedanken dann auf, wenn sich die Betroffenen ängstlich, überfordert oder ausgebrannt fühlen. Wenn das Leben besonders kompliziert und stressig ist. Dunkle Tagträume und Fantasien haben in diesen Situationen besonders leichtes Spiel.

Erste Hilfe bei Hospital Fantasy

Eine "Hospital Fantasy" ist kein wissenschaftlicher Begriff und keine seriöse Diagnose. Die Fantasien haben ihren Ursprung im Unterbewusstsein und lassen sich nicht durch kognitives Denken aus der Welt schaffen. Heißt: Auch wenn die Betroffenen durchaus wissen, dass ein Krankenhausaufenthalt keine erstrebenswerte Sache ist, können sie die Gedanken dennoch nicht wirklich abschütteln.

Daher ist eine "Hospital Fantasy" wie ein Weckruf der Seele zu verstehen. Wer wiederholt unter diesen Zwangsgedanken leidet, sollte genau hinschauen, inwiefern sich der Alltag stressfreier gestalten lässt oder welche Form der Unterstützung helfen könnte.

In einigen Fällen lässt sich durch einen freien Tag oder fest definierte Auszeit-Momente schon Besserung herstellen. Wird die "Hospital Fantasy" dauerhaft beiseite geschoben, kann im schlimmsten Fall ein Burnout oder eine Erschöpfungsdepression die Folge sein.