
Ich treibe gerne Sport an der frischen Luft. Fahre Rad. Spiele draußen Tennis. Gehe auch mal joggen. Aber am Spazierengehen habe ich mein Leben lang nichts gefunden. Sich im Schneckentempo fortbewegen, ohne großes Ziel umherzuschlendern und die Umwelt einfach auf mich wirken lassen – nun, das fand ich schon als Kind stinklangweilig. Ich habe mich lange Zeit als Spaziergehmuffel bezeichnet! Bis zu dem Tag, an dem ich Mama wurde. Da wandelte sich meine Einstellung plötzlich. Warum? Ich hatte kein Anfängerbaby. Schreien rund um die Uhr. Tagesordnung. Doch irgendwann fand ich heraus, dass ein Spaziergang so einiges bewirken kann. Und am Ende lebte ich quasi draußen …
Das beste Mittel gegen Babys Schreianfälle: ein langer Spaziergang
Nach wie vor fand ich Spazierengehen blöd. Aber: Ich musste raus. Und das nicht etwa, weil das alle Mütter so machen: Lange Zeit habe ich mich gefragt, warum die Mütter in meiner Nachbarschaft scheinbar rund um die Uhr mit dem Kinderwagen durch die Gegend gurken. Doch jetzt verstand ich ENDLICH den Grund dafür. Es hilft sonst nichts anderes. Ja, die frische Lut tut dem Baby gut und fördert auch die Gesundheit und das Wachstum. Aber auch ich tat es vor allem, weil ich nicht anders konnte. Die ersten Wochen und Monate nach der Geburt waren geprägt von ständigen Schreianfällen. Ich mag den Begriff "Schreibaby" nicht (ist mir zu negativ, ich liebe meinen Sohn), doch viele hätten ihn wohl an meiner Stelle verwendet. Wirklich alles andere habe ich ausprobiert, bei einer Schreiattacke half nur eines: Anziehen, in den Kinderwagen und raus – aber zackig! Und, tja, der fahrbare Untersatz muss nun mal bewegt werden, um den ersehnten Effekt zu erhalten: Das Baby entspannt sich und kann im besten Fall einschlafen.
Kinderwagen schieben: morgens, mittags, abends – und dazwischen auch!
Das Resultat: Ich verbrachte gefühlt 24 Stunden eines jeden Tages draußen an der frischen Luft. Das Spazierengehen wurde zu unserem Mama-Kind-Ritual. Gleich ganz früh morgens stürmten wir zwei für die erste Runde des Tages an die Luft. Denn noch etwas habe ich schnell gemerkt: Rituale helfen! Mutter und Kind. Und noch eines: Wenn das Schreien beginnt, muss man schnell sein. Jede Minute zählt. Also: hinauszustürmen und den nächsten Ortskontrollgang beginnen. Hach, wie schön das Gefühl ist, wenn sich das geliebte (aber laute!) Baby schon nach wenigen Minuten beruhigt. Verrückt. Es bleibt sogar stundenlang ruhig. Aber dazu muss weitergeschoben werden.
Spazieren mit Baby: Mamas tun es auch bei Regen und Schnee
Draußen wütet ein Orkan? Es hagelt? Es schneit? Es regnet Bindfäden? Für mich waren all diese Wetterlagen kein Hindernis. Ich. War. Draußen. Und dabei habe ich so manch ulkige Situation erlebt. Besonders witzig fand ich es immer, wenn ich dann auf Leidensgenossen traf. Denn irgendwie ergeht es ja am Ende doch fast allen Mamas gleich – auch wenn viele es vielleicht nicht zugeben wollen.
An einem verregneten Morgen um 7 Uhr traf ich zum Beispiel eine andere Mutter mit ihrem Kinderwagen: Regencape über dem Baby, Mama pitschnass. Regenschirm vergessen. Genauso wie ich. Natürlich! Aber ans Aufhören war nicht zu denken. Das Baby schlief. Endlich! "Ist ja zum Glück nur ein (starker) Sommerregen", redete ich es mir anfangs noch schön. Doch ganz im Gegenteil: Es war DER Regen des Jahres. Überschwemmung an alles Ecken. Wir brachen in Tränen aus. Vor Lachen. Aber als mir dann später im Herbst mein Regenschirm von einer orkanartigen Windböe weggeweht wurde und der Nachbarshund mir die Überreste wiederbrachte, war das schon eine andere Nummer. Das hätte dann auch ins Auge gehen können.
Und jetzt? Der Spaziergehmuffel vermisst die täglichen Runden
Sagen wir so: Ich zähle mich noch immer nicht zu den Menschen, die sich nichts Schöneres vorstellen können, als sonntags einen ausgedehnten Spaziergang zu zelebrieren. Aber: Ich habe mich damit arrangiert. Für meinen Sohn. Als Baby ging es ihm so schnell so viel besser draußen. Und mehr noch: Mir fehlen die langen Schiebetouren sogar ein bisschen. Denn jetzt, im Kleinkindalter, will mein Kleiner meist lieber selbst laufen und die Welt erkunden. Schieben darf ich ihn nur noch, wenn er zu müde und kaputt für den Heimweg ist.
Meine liebste Runde war die erste des Tages. Zwischen 7 und 8 Uhr morgens an der Alster (Nebenfluss der Elbe in Hamburg) zu sein, ohne Menschenmassen, mit einem To-go-Kaffeebecher in der Hand – herrlich! Wie schön sich das Licht im Wasser spiegelt! Da war es dann auch egal, wenn es zu kalt, zu heiß, zu nass war. Halt! Stopp! Ist aus dem Spaziergehmuffel etwa doch eine -Liebhaberin geworden?
Dinge, die das Spazierengehen mit Baby (noch) schöner machen können
- Richtige Ausrüstung: Regenschirm, Regencape Mama und für die Babyschale, Sonnensegel, festes Schuhwerk und die richtige Kleidung fürs Wetter nicht vergessen. Auch ein Muff für den Kinderwagen wirkt im Winter Wunder!
- Genug Verpflegung: Ohne Kaffee geht nichts! Und ein Snack zwischendurch schadet auch nicht.
- Nette Begleitung: Verabredet euch mit Freundinnen zum gemeinsamen Schieben. Geteiltes Leid …
- Zwischenstopp einplanen: Das Lieblings-Eiscafé oder ein toller Ausblick? Mit schönen Zwischenstopps könnt ihr euch selbst belohnen und motivieren. Aber bloß den Wagen nicht zu lange stehen lassen, sondern schnell weiterschieben, damit das Baby nicht aufwacht.
- Großeltern einspannen: Lasst doch mal andere mit dem Kinderwagen eine Runde drehen. Diejenigen freuen sich. Und ihr tut mal eben kurz das, wonach euch der Sinn steht. Mamas brauchen auch mal eine Pause!
- Pack die Trage ein: Es lohnt sich, auch immer eine Trage dabeizuhaben (oder ein Tragetuch, je nach Gusto). Einige Babys möchten nämlich nur im Kinderwagen schlafen und sobald sie wach werden, geht der Alarm wieder von vorne los. Meistens wird's in der Trage dann schnell besser. Ganz nah bei Mama.