Von der Großstadt in die Heide

Intensivpflegerin: "Wie mein Job mich mein Leben mit meinen Kindern noch viel mehr schätzen lässt"

Wasti Benöhr ist stellvertretende Leiterin der Intensivstation am Krankenhaus Buchholz. Warum sie ihren Job in der Pflege so sehr liebt und gerne anderen Eltern empfiehlt.

Intensivpfegerin Wasti Benöhr© Krankenhäuser Buchholz-Winsen
Pflegerin Wasti Benöhr auf der Intensivstation des Krankenhauses in Buchholz.

In ihrem Beruf hilft sie, Leben zu retten. Als Mama lebt sie mit ihren zwei Töchtern und ihrem Mann ein Landleben mitten in der Natur der Lüneburger Heide: Wasti Benöhr ist 34 Jahre alt und langjährige Fachgesundheits- und Krankenpflegerin für Intensivpflege und Anästhesie. Als stellvertretende Leiterin der Intensivstation und Anästhesie am Krankenhaus in Buchholz in der Nordheide hat sie schon viel erreicht. Was sie an ihrem Beruf so sehr fasziniert und warum sie ihn anderen Müttern und Vätern so gerne ans Herz legen möchte, erzählt sie uns hier.

"Was wir tun, ist so wichtig für andere Menschen"

Es ist später Vormittag, ich bin schon seit einigen Stunden im Dienst. An diesem Tag betreue ich als Anästhesiepflegekraft Operationen im OP-Saal 4. Ich versorge gerade einen Patienten im Aufwachraum, da klingelt plötzlich mein Telefon: Ein Kaiserschnitt! Schnell laufe ich in den OP. Auf dem OP-Tisch liegt die werdende Mama. Sie ist furchtbar aufgeregt und offensichtlich sehr traurig. Einen Kaiserschnitt wollte sie auf keinen Fall. Sie ist voller Selbstzweifel, weil die vaginale Geburt jetzt nicht mehr möglich ist. Ich setze mich zu ihr und spreche mit ihr. Ich mache ihr Mut und sage ihr, dass es gar nichts an ihrer Qualität als Mutter ändert, auf welchem Weg ihr Baby zur Welt kommt, und dass eine Geburt per Kaiserschnitt genauso eine Geburt ist wie eine vaginale Geburt. Mit jedem Moment wird die werdende Mutter ruhiger. Schließlich kann sie den Kaiserschnitt doch gut annehmen. Das OP-Team beginnt seine Arbeit und nach einigen Minuten ist das Baby auf der Welt. Wie immer ist es ein besonderer Moment. Für die Eltern natürlich, aber auch für das OP-Team, selbst nach vielen Jahren Berufserfahrung. Die Mama ist glücklich.

"Ich liebe die Arbeit in herausfordernden Situationen"

Es ist einfach schön, wenn man anderen Menschen durch seine berufliche Tätigkeit so viel geben kann. Die Arbeit im Krankenhaus erlebe ich als abwechslungsreich, sinnstiftend und wertvoll. Das habe ich schon während meiner Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin am UKE in Hamburg gemerkt. Ich werde nie das Gefühl vergessen, als ich damals das Krankenhaus betreten habe. Ich war 19 Jahre und dachte vom ersten Moment an: Das ist es! Ich fand alles an diesem Beruf faszinierend. Ich war bei Operationen am offenen Herzen dabei, habe Kinder reanimiert, bei vielen Geburten von Risikoschwangeren geholfen, Opfer von Verbrechen während der OP betreut, unzähligen Menschen dabei geholfen, ihre Sorgen während ihrer Zeit im Krankenhaus etwas leichter zu tragen. Ich bin so dankbar dafür, dass ich diesen Beruf für mich gefunden habe und so gut entwickeln konnte. Ob auf der Normalstation, im OP oder auf der Intensivstation – Pflege ist überall anspruchsvoll. Ich habe dann für mich den Akutbereich entdeckt: Ich liebe es, im Team blitzschnell zu reagieren und in entscheidenden Momenten da zu sein.

Die Anästhesie habe ich während meines Auslandspraktikums in der Ausbildung zu schätzen gelernt. Ich war damals in einem Herzzentrum in der Schweiz. Im OP herrscht eine besondere Atmosphäre. Da arbeiten hoch professionelle Macher:innen. Mit ihnen in der ersten Reihe zu stehen und die Patientinnen und Patienten zu begleiten, fand ich so spannend.

Wasti Benöhr liebt die Arbeit in herausfordernden Situationen© Krankenhäuser Buchholz-Winsen
Wasti Benöhr liebt die Arbeit in herausfordernden Situationen.

"Hier findet jeder mit jeder Zeiteinteilung seine Position"

Ich weiß: Bei Pflegeberufen wird viel über die Schwierigkeiten gesprochen. Natürlich gibt es anstrengende Tage und den Fachkräftemangel. Aber ich finde es wichtig, von diesem ausschließlich negativen Blick wegzukommen und auf die guten Seiten dieser Tätigkeit zu schauen, wenn man sich Gedanken darüber macht, in welchen Beruf man seine Zeit investieren möchte – auch zur Neuorientierung nach einer Elternzeit: Jobs in der Pflege sind Jobs der Zukunft. Der Bedarf an Fachkräften in diesem Bereich steigt immer weiter. Pflegekräfte können genau schauen, welcher Arbeitgeber ihnen die idealen Arbeitsbedingungen bietet.

Außerdem sind Berufe in diesem Bereich sehr flexibel. Schichtdienst kann man als Belastung sehen, aber auch als Gestaltungsfreiheit. Ich habe gerade mit einer Gynäkologin aus unserem Krankenhaus gesprochen. Sie hat immer dienstags Spätdienst und kann deshalb am Vormittag bei Schulprojekten ihrer Kinder mitwirken. Ich gehe freitags gerne am frühen Nachmittag mit meinen Kindern reiten. Abends wären sie dafür zu müde.

Eine Ausbildung zur Pflegefachkraft öffnet viele Türen. Man kann in einem Krankenhaus arbeiten, in einer Arztpraxis, in einer Tagesklinik oder auch in der Wirtschaft. Man kann sich auf die Pflege älterer Menschen spezialisieren, auf Kinder oder Schwangere. Ich denke, man fühlt schnell, wo es einen hinzieht. 

Ich studiere derzeit Interdisziplinäre Gesundheitsversorgung und Management an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, um das Berufsfeld der Pflege auch als Frau in einer Führungsposition strukturell mitgestalten zu können. Mein Arbeitgeber fördert und ermöglicht mir mein Studium. Das Studium kostet mich im Moment viel Zeit. Aber ich liebe es, für meine Töchter ein gutes Beispiel dafür zu sein, beruflich seinen Weg zu gehen, sich finanziell unabhängig zu machen und nicht darauf zu warten, bis einem jemand vielleicht eine Chance vor die Füße legt. 

"Wir möchten insbesondere Eltern unterstützen"

Die Akademisierung der Pflege ist ein wichtiger Schritt, um die Strukturen der Pflegeberufe innovativ weiterzuentwickeln. Es ist uns Leitungskräften ein großes Anliegen, insbesondere Eltern zu ermöglichen, in diesem Berufsfeld zu arbeiten, indem wir ihnen sehr flexible Arbeitszeiten anbieten. Vor einer Weile schrieb mir eine Mutter zur Absprache ihrer Arbeitszeiten nach der Elternzeit: "Ich kann leider nur Dienstag und Donnerstag arbeiten …", – Da habe ich ihr geantwortet: "Bitte streich' gleich dieses 'leider nur'. Für uns ist jede Minute wertvoll, die du für uns arbeiten möchtest und du arbeitest genau so viel, wie es für dich und deine Familie gut passt". 

Ich muss sagen: Wenn man mir früher gesagt hätte, dass ich eines Tages die stellvertretende Leitung einer Intensivstation und Anästhesie an einem Krankenhaus übernehme und dazu noch studieren werde, hätte ich das wohl kaum geglaubt. Aber ich konnte auf meinem Weg viele Chancen nutzen, ich hatte immer wieder Arbeitgeber, die an mich geglaubt und mich unterstützt haben. Auf diese Weise sind in der Pflege wirklich interessante Karrierewege möglich. 

"Wir gestalten das Leben mit unseren Kindern so schön wie nur möglich"

Durch meinen Beruf ist mir die Endlichkeit des Lebens viel bewusster als anderen Menschen, die nicht jeden Tag mit solchen Extremsituationen zu tun haben. Darum lege ich heute noch viel mehr Wert darauf, dass wir als Familie unsere Lebenszeit so schön gestalten und genießen, wie es nur geht. Mein Mann und ich sind mit unseren zwei Töchtern aus der Großstadt in ein Haus mit großem Garten in der Lüneburger Heide gezogen. 

Ich liebe die Freiheit, mit der wir unser Leben hier gestalten können. Wir leben mitten im Wald, wir haben viele Tiere – Hunde, Katzen, Enten, Schweine und Hühner – die Kinder spielen im Heu, mit dem Fahrrad können wir direkt in das wunderschöne Büsenbachtal fahren. Auf einem Pferdehof in der Nähe steht unser eigenes Pony. Und in unseren Urlauben ziehen wir los und entdecken die Welt. Dieses Jahr fliegen wir beispielsweise nach Kanada. 

Wasti mit ihrem Pony in der Lüneburger Heide© privat
Wasti mit ihrem Pony in der Lüneburger Heide.

Auch meine Eltern sind von Berlin zu uns gezogen und leben hier mit uns dieses Leben in der Natur. Die familiäre Unterstützung ist natürlich toll und wertvoll. Sie helfen uns bei der Kinderbetreuung, wir helfen ihnen beispielsweise bei der medizinischen Betreuung, und die Kinder lieben es, so viel Zeit mit ihren Großeltern zu verbringen. 

Ich erinnere mich, dass ich damals auch viel darüber nachgedacht habe, ob ich mich beruflich mit dem Wechsel von einem großen Krankenhaus in ein kleineres wohlfühlen werde. Heute weiß ich: Dieser Schritt war genau richtig für mich. Ich bin froh darüber, dass ich die Region, in der wir leben, in der medizinischen Versorgung stärken kann. Und auch in einem kleineren Krankenhaus findet man spannende Positionen. Außerdem ist die Personalsituation hier vergleichsweise gut. 

"Ich kann jeden bestärken, der seinen beruflichen Weg im Gesundheitswesen gehen möchte"

Ich werde oft gefragt, ob auch ein Medizinstudium interessant für mich gewesen wäre. Für mich war es viel besser, direkt in der Praxis zu arbeiten und mein eigenes Geld zu verdienen. Ich kann nur jeden bestärken, der seinen beruflichen Weg im Gesundheitswesen gehen möchte. Von der dreijährigen Ausbildung bis hin zu verschiedenen Studiengängen gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Ich habe meine Entscheidung für diesen Beruf noch nie bereut und auch meinen Kindern würde ich sofort empfehlen, einen medizinischen Beruf zu erlernen, wenn sie das möchten.

Zum Pflegeberuf

Zum Start in den Pflegeberuf bietet sich die Ausbildung zur Pflegefachkraft an. Sie dauert drei Jahre und wird vergütet. Eine Alternative oder Ergänzung sind Studiengänge in Pflegewissenschaften oder zum Physician Assistant. Diese können entweder direkt nach dem Abitur oder berufsbegleitend nach der Pflegeausbildung begonnen werden. Die Krankenhäuser Buchholz und Winsen bieten beispielsweise in Kooperation mit verschiedenen Hochschulen sowohl primärqualifizierend als auch berufsbegleitend ein Pflegestudium an, das passend zum eigenen Karriereweg gestaltet werden kann. Es gibt außerdem viele weiterführende Studiengänge wie Pflegemanagement oder Pflegepädagogik.