
Familie Dissmann, das sind Denise und Frank und ihre drei Söhne (14, 10 und 5). Eine selbsternannte Haustauscher-Familie. Seit mittlerweile neun Jahren bereisen die fünf den Globus, indem sie in den vier Wänden anderer übernachten. Von Amsterdam über Südfrankreich bis nach Amerika. Im Gegenzug bieten sie ihre eigenes Einfamilienhaus für andere Interessierte aus aller Welt an. Und sie könnten sich kein besseres Urlaubs-Modell vorstellen. Hier verraten sie uns, wie sie zu dieser unkonventionellen Art zu reisen gekommen sind, ob sie auch mal schlechte Erfahrungen gesammelt haben und teilen ein paar richtig gute Insider – auch wieviel Geld sie als Großfamilie schon für Unterkünfte sparen konnten.
Liebe Denise, wie seid ihr zum Häusertausch gekommen?
2016 stieß mein Mann auf einen Artikel zum Thema Haustausch. Fasziniert von der Idee reichte er mir die Zeitung: "Schatz, das klingt mega gut - bitte lies es mal und sag mir, was du darüber denkst." Auch ich fand es äußerst spannend. Er durchforstete das Internet nach schlechten Haustausch-Erfahrungen. Zu unserer Erleichterung – und auch damaliger Verwunderung – fand er keine negativen Berichte! Angespornt stürzten wir uns in dieses Abenteuer und meldeten uns auf einer der größten Plattformen an.
Damals dachten wir noch, dass es sicher einige Zeit dauern würde, bis wir einen Tauschpartner finden würden, da wir in keiner Metropole leben. Doch wir konnten schon bald unsere erste Haustausch-Erfahrung sammeln durch eine Anfrage von einer Familie aus Island, die in einem Appartement mitten in Reykjavik lebte. Völlig euphorisch sagten wir damals direkt zu, im Glauben, so schnell passiert das sicher nicht wieder. Es war die beste Entscheidung überhaupt! Für die Familie war es auch der erste Tausch. Sie hatten ebenfalls zwei Kinder (wie wir damals) und alles passte. Eine absolut traumhafte Erfahrung! Wir waren sofort infiziert vom Haustausch.
Hand aufs Herz: Wie fühlte sich das erste Abgeben des eigenen Hauses an?
Aufregend! Mein erster Gedanke ist aber immer: Hoffentlich fühlen sich die anderen wohl! Ich mache mir keine Sorgen, ob mein Zuhause gut behandelt wird, sondern ich wünsche mir vielmehr, dass die Gäste einen schönen Urlaub bei uns verbringen. Deshalb empfinde ich immer eine große Erleichterung, wenn sie hier angekommen sind und uns eine Nachricht schreiben, dass alles in bester Ordnung ist.
Wir sind davon überzeugt, dass dies für uns die beste Art und Weise ist zu reisen. Durch den Haustausch können wir unseren Kindern nicht nur die Welt zeigen, sondern ihnen auch andere Kulturen und Lebensweisen näherbringen. Statt nur die Touristen-Hotspots zu besuchen, tauchen wir tiefer in das Leben der Einheimischen ein und erleben so authentische und bereichernde Urlaube.
Wie läuft so ein Häusertausch ab? Eine Kurzanleitung:
- Profil erstellen: Beschreibt euch und euer Zuhause und auch eure bisherigen Reiseziele, damit ihr leichter gefunden werdert Bei den Fotos solltet ihr euch viel Mühe geben, denn sie vermitteln den ersten Eindruck.
- Aktiv werden: Legt euch nicht auf die faule Haut, sondern werdet selbst aktiv. Stöbert durch die Angebote und schreibt viele Anfragen!
- Kontakt und Absprachen: Wenn ihr jemanden findet, der Interesse hat, tauscht ihr euch über den Zeitraum aus. Es gibt nicht nur die Möglichkeit, simultan zu tauschen, sondern auch zu verschiedenen Zeiträumen oder sogar einseitig gegen sogenannte GuestPoints (die Währung bei einer der größten Plattformen "HomeExchange"). Das ist besonders praktisch, wenn euer Haus leer steht, weil ihr selbst verreist seid. Ihr könnt euer Haus für GuestPoints anbieten und diese dann für einen anderen einseitigen Tausch einsetzen. Diese Flexibilität ist besonders hilfreich, wenn man in keiner Metropole lebt.
- Details klären: Sobald alles abgesprochen ist, klärt ihr die Schlüsselübergabe und besondere Eigenheiten des Hauses. Dafür haben wir einen festen Ordner erstellt, der so gut wie alle offenen Fragen beantwortet und zudem tolle Tipps für Unternehmungen in der Umgebung enthält.
- Vorbereitung des Hauses: Vor einem Tausch sollte im besten Fall alles für die Gäste hergerichtet sein. Das kann manchmal etwas stressig sein, aber wenn es geschafft ist, freuen sich alle Beteiligten – und am Ende gibt es netten Worte im Gästebuch und wunderbare Erinnerungen im Gepäck.
Wie suchst du nach passenden Häusern für euch?
Für mich ist oft die schönste Vorbereitung: vom nächsten Austausch träumen. Wir haben auch bestimmte Ziele im Kopf, aber meist ist es noch schöner, sich einfach treiben und inspirieren zu lassen. Auf der Plattform gibt es viele Suchfunktionen und Filter: nach bestimmten Reise-Zeiträumen, nach Zielen oder sogar danach, wer gerne in unsere Gegend kommen möchte. Potenziellen Tauschpartner schreibe ich immer, wer wir sind, unsere Interessen und Pläne... Eine nette, kurze Vorstellung hilft, den ersten Kontakt persönlich und freundlich zu gestalten.
Nicht immer ist es nötig, dass wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Tausch machen – häufig werden auch wir von anderen Mitgliedern angeschrieben, weil sie unser Zuhause entdeckt haben.
Muss man in einer Metropole leben?
Viele Menschen haben Bedenken, ob ihr eigenes Zuhause interessant für andere Menschen sein kann. Ich versuche da immer, Mut zu machen. Wir selbst leben auch in keiner Metropole - eher ländlich. Wenn man sich aber nochmal mehr mit seiner Umgebung befasst, bekommt man einen ganz neuen Blick darauf. Jeder Ort hat etwas zu bieten, ein schönes Schloss, Talsperren, Wanderwege, oder andere Sehenswürdigkeiten. Man hat nichts zu verlieren.
Diese zwei Plattformen nutzt Familie Dissmann für ihren Haustausch:
HomeExchange
Wir haben mit einer der größten Haustausch-Plattformen begonnen. Bei HomeExchange gibt es mittlerweile über 150.000 Mitglieder aus mehr als 145 Ländern weltweit. Man muss kein Eigentum besitzen und auch kein Haus, von 1-Zimmer-Appartements bis hin zu riesigen Anwesen ist dort alles vertreten. Es geht also definitiv nicht nur darum, Geld zu sparen – es ist vielmehr eine Lebenseinstellung: Vertrauen in andere Menschen, den Glauben an das Gute und die Bereitschaft zu teilen. HomeExchange bietet außerdem viele großartige Sicherheiten und Services, die gerade für Anfänger sehr wertvoll sind. Für einen Jahresbeitrag, der so gering ist, dass man dafür - wenn es hoch kommt – gerade mal eine Hotelübernachtung bekommt, darf man sooft tauschen, wie man möchte.
Peoplelikeus
Seit ein paar Jahren sind wir zusätzlich bei Peoplelikeus angemeldet, einer noch recht neuen Plattform, die jedoch auch mit einer großartigen Community aufwartet. Die zwei Plattformen bieten uns natürlich noch mehr Auswahl, es ist aber nicht erforderlich, auf beiden Plattformen angemeldet zu sein.
Wir sehen uns gerne als eine Art Botschafter für das Thema Haustausch, weil wir der Meinung sind, dass jeder Mensch diese Art zu reisen zumindest einmal kennenlernen sollte.
Das wichtigste Kriterium für einen guten Haustausch?
Für uns: Vertrauen! Wie empfinde ich den Kontakt zum Tauschpartner? Wieviel Mühe hat er oder sie sich gegeben, um sein Tauschprofil zu gestalten? Und natürlich, ob Kinder willkommen sind. Es ist nicht notwendig, dass unsere Tauschpartner selbst auch Kinder haben, auch wenn es ein großer Bonus im Bezug auf die Ausstattung ist.
Ich liebe es, wenn für mich der Urlaub quasi schon beim Stöbern in den Tauschprofilen beginnt. Ich sehe die Bilder, und muss mich dort schon auf der Veranda mein Getränk schlürfen sehen oder die Kids im Garten toben. Mein Mann ist happy, wenn wir es sind, er freut sich aber immer sehr, wenn er in unmittelbarer Nähe Laufstrecken findet. Die Kids finden es immer spannend, wenn es irgendetwas gibt, was es so zu Hause vielleicht nicht gibt, z.B. anderes Spielzeug für unseren Jüngsten, oder actiongeladene Aktivitäten in der Umgebung. Den Mix zwischen Natur und City finden wir alle spannend.
Während des Tausches halten wir auch weiterhin Kontakt, um auf kurzem Dienstweg Fragen zu klären. Wenn der Tausch dann beginnt, fühlen sich die Tauschpartner schon nicht mehr wie "Fremde" an.
Das schlimmste Vorurteil in Bezug auf Haustausch?
Ein häufiges, sicherlich drastisches Vorurteil: Fremde wühlen in meiner Unterwäsche. Oder: Fremde machen bei mir mutwillig Dinge kaputt. Viele Menschen haben auch Angst davor, dass ihre persönlichen Gegenstände gestohlen werden oder dass ihr Zuhause nach dem Tausch in einem desolaten Zustand zurückgelassen wird.
Diese Ängste sind verständlich, aber in der Praxis äußerst selten. Die meisten Plattformen legen großen Wert auf Vertrauen und bieten Absicherungen an, die im unwahrscheinlichen Fall von Schäden greifen. Die Mitglieder haben ein starkes Interesse daran, respektvoll und verantwortungsbewusst mit dem Eigentum anderer umzugehen.
Unsere Erfahrungen und die vieler anderer Mitglieder zeigen, dass Haustausch eine wunderbare Möglichkeit ist, die Welt zu entdecken, und dass die Vorurteile meist unbegründet sind.
Schlechte Erfahrungen? Ist auch mal etwas schief gegangen?
Bisher zum Glück noch nicht wirklich. Es gab ein einziges Mal, in dem wir uns in der Unterkunft nicht ganz wohlgefühlt haben hinsichtlich der Sauberkeit. Dieses eine Mal war jedoch tatsächlich der einzige Vorfall in über 23 durchgeführten Tauschen. Das lag allerdings auch daran, dass wir sehr kurzfristig nach einer Unterkunft suchen mussten und nicht viel Zeit in die Auswahl investieren konnten. Das hat uns gelehrt, wie wichtig ausreichend Zeit für die Auswahl des Tauschpartners ist.
Gelegentlich kann auch etwas Kleines kaputtgehen. Doch genau wie bei einem Besuch bei Freunden sprechen wir darüber und ersetzen den Gegenstand. Bei größeren Schäden greifen natürlich die Versicherungen der Plattformen.
Die großartigste Erfahrung, die ihr bisher gesammelt habt?
Schwer zu beantworten, denn wir haben schon so viele großartige Erfahrungen gemacht! Wenn ich mich entscheiden müsste:
- Der Tausch in New York im letzten Jahr.
- Der Austausch mit einer Familie in Seattle im Jahr 2018.
Das Besondere an dem Tausch war die Möglichkeit, als fünfköpfige Familie in den Ferien in New York zu leben, was uns sonst finanziell schwer möglich gewesen wäre. Wir haben in einem Haus auf Long Island gewohnt, direkt am Wasser gelegen – eine absolute Traumlocation! Jeden Tag sind wir in die Stadt gefahren, um die Sehenswürdigkeiten zu erkunden. Am Abend konnten wir dem Trubel entfliehen und die ruhige Atmosphäre auf Long Island genießen.
Die Familie in Seattle war 2018 für drei Wochen bei uns zu Gast, während wir in ihrem Zuhause waren. Besonders berührend war die Begegnung mit dem Großvater der Familie, der im Zweiten Weltkrieg in Deutschland stationiert war und nun die Gelegenheit hatte, mit seiner Familie zurückzukehren. Er hat uns besucht, um sich persönlich für die Möglichkeit zu bedanken, noch einmal nach Deutschland zu reisen. Aus einem angedachten kurzen Treffen wurden stundenlange, wunderbare Gespräche, begleitet von selbstgebackenen Cookies, die er mitgebracht hatte. Diese Momente zeigen, wie bereichernd und persönlich Haustausch sein kann.
Kannst du sagen, wie viel ihr durch Haustausch-Urlaube einspart?
Pauschal ist das schwer zu sagen, denn es hängt von mehreren Faktoren ab: Wie oft reise ich, wie viele Personen sind dabei und wohin geht es – fliege ich oder fahre ich? In unserem Fall ist es definitiv erheblich. Wir reisen viel und gerne, immer mit unseren drei Kindern, oft auch in die USA.
Eine grobe Schätzung: die zehn Tage im Frühling auf Long Island, im Sommer drei Wochen Südfrankreich (dorthin sind wir gefahren) und im Winter über Silvester für vier Tage Amsterdam. Hätten wir für all diese Unterkünfte bezahlen müssen, hätten wir durchschnittlich etwa 10.000 Euro für uns alle zusammen ausgegeben. Haustausch ermöglicht es uns, öfter zu reisen und auch noch zu Traumzielen.
Außerdem haben wir so auch immer jemanden, der sich um unsere Hühner im Garten kümmert. Ein weiterer riesengroßer Vorteil!
Sind die Kinder damit einverstanden, ihre Kinderzimmer zu übergeben? Wie alt sind sie jetzt?
Der Große war bei unserem ersten Tausch gerade sechs Jahre alt, der Mittlere drei und der Jüngste ist quasi damit aufgewachsen, heißt: Er kennt es gar nicht anders. Anfangs war es natürlich eine Umstellung für sie, aber mittlerweile sind sie vollkommen damit einverstanden und finden es sogar aufregend. Sie sind neugierig darauf, wie es ist, in einem anderen Zuhause zu leben und freuen sich immer, neue Orte zu entdecken. Wir geben ihnen aber auch immer die Option, Dinge wegzulegen - wenn sie nicht möchten, dass jemand anderes damit spielt. Das finde ich sehr wichtig, da Rücksicht auf ihre Gefühle zu nehmen. Wir schließen in der Regel einen Raum ab mit all diesen Dingen.
Ich finde es eine unglaublich wertvolle Erfahrung für Kinder, sie lernen so früh, Rücksicht zu nehmen, zu teilen, aber auch sorgsam mit den Dingen anderer Menschen umzugehen.

Euer nächstes Ziel?
In den kommenden Osterferien geht es für uns nach Barcelona. Ein großer Wunsch unserer Jungs, den wir uns endlich erfüllen! Während wir die Stadt erkunden, reist ein Ehepaar aus den Niederlanden zu uns und verbringt die Zeit in unserem Zuhause. Wir freuen uns besonders auf die beeindruckende Architektur Gaudis, das lebendige Stadtleben und natürlich darauf, Tapas in kleinen Gassen zu genießen.
In den Sommerferien zieht es uns dann in die Normandie - und dieses Mal sogar mit Hund! Ende des Monats begrüßen wir unser neues Familienmitglied und sind gespannt auf unsere erste Reise mit vier Pfoten. Und ja, auch das ist mit Haustausch möglich!
Euer absolutes Wunschziel, das ihr bisher noch nicht geschafft habt?
Unsere Liste ist noch lang, und wir freuen uns auf alles, was noch kommt! Unser Sohn Levi würde unglaublich gerne einmal nach Tokio reisen – ein Traum, der bestimmt irgendwann wahr wird. Der größte Wunsch unseres Mittleren (und auch meiner) bleibt Hawaii. Außerdem stehen Lissabon und Valencia weit oben auf der Liste, und wir möchten unbedingt bald unsere Freunde in Rom und Las Vegas besuchen.
Wer bei Familie Dissmanns Haustausch-Abenteuern virtuell dabei sein möchte, folgt ihr auf Instagram: @dissmanns.tauschen.