
Aktuell gehen wieder viele Tausende von Menschen auf die Straße: für ein demokratisches Deutschland und gegen das Erstarken der rechtsextremen Ränder. Auch unserer Social-Media-Kollegin Nora ist politische Teilhabe sehr wichtig. Als ihre Tochter acht Monate alt war, nahm sie sie zum ersten Mal mit auf eine Demo. Aber würde das nicht um jeden Preis wiederholen. Hier teilt sie ihre Erfahrungen.
Nach Art. 8 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) haben alle Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Dieses Grundrecht ermöglicht es den Bürgerinnen und Bürgern, sich aktiv am politischen Meinungs- und Willensbildungsprozess zu beteiligen.
Was spricht generell für Kinder auf Demos, was dagegen?
Das oben zitierte Grundgesetz gilt natürlich auch für Kinder in Deutschland. Befürworter von Kindern auf Demos argumentieren, dass es wichtig sei, jungen Menschen frühzeitig politisches Bewusstsein und Engagement beizubringen. Sie könnten so lernen, für ihre Rechte einzustehen und sich für eine bessere Zukunft einzusetzen. Sie lernen, was Demokratie wirklich bedeutet, hautnah.
Gegner hingegen sind besorgt um die Sicherheit und das Wohlbefinden der Kinder. Sie führen an, dass Demonstrationen nicht selten von Konfrontationen begleitet werden und Kinder dadurch verstört, sogar traumatisiert werden könnten. Zudem könnten sie in einer solchen Umgebung leicht verloren gehen oder verletzt werden.
Letztendlich liegt die Entscheidung natürlich bei den Eltern selbst, die abwägen müssen, welche Risiken sie bereit sind einzugehen und wie sie ihre Kinder am besten unterstützen und schützen können.
Mit Baby auf Demo? Ja!
"Als meine Tochter Mara acht Monate alt war, habe ich sie zum ersten Mal zu einer Demo mitgenommen. Ehrlicherweise 'musste' sie zu dem Zeitpunkt einfach mit, weil mir der Besuch wichtig war. Sie hat das ja noch gar nicht wahrgenommen. Damals in der Trage. Sie hat geschlafen. Im Kinderwagen hätte ich persönlich es nicht gemacht, weil ich mich damit unwohl gefühlt hätte, kenne aber Freunde, die das gewagt haben", erzählt Nora und gibt den Hinweis, ohne hier als explizite "Demo-Expertin" auftreten zu wollen, sondern einfach aus ihrer persönlichen Erfahrung: "Ich würde mich mit Kindern immer am Rand einer Demo bewegen und eher weiter hinten, wo die Menschen weniger dicht laufen. Nicht vorne, bei den großen Sprechchören oder neben Lautsprechern. So kann man sich auch schnell rausziehen, sollte sich die Masse verdichten oder zum Stehen kommen. Oder wenn etwas mit dem Baby oder dem Kind ist."
Klar sollte sein: Eltern kennen ihr eigenes Kind immer am besten. Wenn euer Baby beispielsweise besonders lärmempfindlich ist und sich sehr stark von äußeren Reizen beeinflussen lässt, ist der Besuch einer Demo gegebenenfalls nicht die richtige Idee. Oder dann, wenn euer Kind besonders sensibel auf "die großen Weltsorgen" reagiert.
Demo-Besuch mit etwas größeren Kindern
Nora betont: "Heute mit einem größeren Kind würde ich eine Demo nur noch besuchen, wenn es den Inhalt auch nachvollziehen kann. Zu den Klimademos zum Beispiel, bin ich mit Mara gegangen, weil sie es mit fünf Jahren schon gut verstehen konnte und sie auch selbst schon viel über das Thema sprechen wollte. Zu den Demos gegen Rechtsextremismus hingegen würde ich sie aktuell nicht mitnehmen, weil sie das Thema in seiner Komplexität noch nicht ganz begreifen kann."
Vielschichtige gesellschaftliche und politische Themen würde Nora mit ihrer Fünfjährigen ganz generell immer dann besprechen, wenn sie aktiv etwas davon mitkriegt oder selbst nachfragt, zum Beispiel wenn ukrainische Kinder der Kita-Gruppe beitreten oder sie eine Freundin besucht, die am ehemaligen Mauerstreifen in Berlin wohnt. "Sind Kinder älter und machen sich beispielsweise Gedanken über Klimakatastrophen oder Tierleid, kann es sicherlich ein gutes Gefühl vermitteln zu wissen: Da sind noch viele andere, denen es ähnlich geht." Auch Bücher können eine hilfreiche Ergänzung sein, um schwierige Themen zu erklären, für die uns Eltern manchmal die richtigen Worte fehlen.
Die Influencerin Johanna Pinkepank war zuletzt bei einer Anti-AfD-Demo in Hamburg, zusammen mit ihren Kindern. Was ihr dabei wichtig war? Sie hat die absichernde Polizei gefragt, ob eine Gegendemo zu erwarten sei, um das Gefahrenpotenzial besser einschätzen zu können. Ihre generelle Erfahrung teilt sie in einem Instagram-Post:
Wir waren schon häufiger mit den Kindern auf Demos und hatten nie Probleme (außer dass den Kindern irgendwann langweilig war). Wir hatten Gehörschutz dabei, eine Möglichkeit zum Sitzen (Lastenrad, Buggy, Schultern), Snacks, Getränke und auch Beschäftigungsmöglichkeiten. Es gibt manchmal extra Familienbereiche auf Demos (diesen Freitag hier in Hamburg auch meine ich), ansonsten ist es eine gute Idee, sich tendenziell Richtung Rand aufzuhalten, damit man schneller raus kommt.
Tatsächlich gibt es bei der Demonstrationen gelegentlich auch Familienschutzräume. Erkundigt euch am besten vorab bei den Organisatoren.
Für dieses Wochenende sind beispielsweise viele Demonstrationen in verschiedenen Städten angesagt, zum Beispiel auch unterstützt von der Initiative "Eltern gegen Rechts":