Starke Bindung

7 Grundregeln, wie du für dein Kind ein Anker wirst

Kinder brauchen Anker, damit sie die Wirrnisse des Lebens bewältigen – und glücklich werden. Wie es Eltern gelingt, ihnen die Stabilität und Sicherheit zu geben, die sie benötigen:

Mutter trägt Kind auf einer Wiese auf den Schultern.© iStock/South_agency
Als starke Anker begleiten Eltern ihre Kinder in ein glückliches Leben.

"Kinder brauchen immer einen starken Anker – von Geburt an und bis sie als Erwachsene das elterliche Haus verlassen (oder nicht verlassen), und manchmal auch darüber hinaus", erklärt der Psychologe und Autor Haim Omer ("Mutige Eltern: Wie Sie Ihren Kindern ein guter Anker sein können").

Doch wie das so ist auf offener See: Manchmal tobt der Sturm so heftig, dass selbst der stärkste Anker an Halt verliert. "In allen Entwicklungsphasen gibt es Wellen, die drohen, das heranwachsende Kind wegzutreiben", so der emeritierte Professor für Klinische Psychologie an der Universität Tel Aviv. "Kinder sind einem stetigem Strom von Gefahren, Emotionen, Einflüssen und Versuchungen ausgesetzt, und die Eltern sind zumeist der Hauptfaktor, die das Kind sichern und stabilisieren können."

Doch um diese wichtige Aufgabe erfüllen zu können, ist es entscheidend, dass sie zunächst selbst Klarheit und Sicherheit als Eltern gewinnen. "Ein Anker muss zuerst einen eigenen Grund finden, um standzuhalten. Falls nicht, wird es das Schifflein nicht verankern können, sondern nur hinterher treiben und stolpern", weiß Haim Omer.

Doch wie gelingt es Eltern, ein stabiler, sicherer und starker Anker für ihre Kinder zu werden? Die folgenden sieben Grundsätze helfen dabei.

Eltern, die für ihre Kinder ein Anker sind, …

… setzen Grenzen

"Eltern brauchen Mut, um 'Nein!' in einer klaren und entschiedenen Weise zu sagen. Sie brauchen Mut, um imstande zu sein, sich zu wehren. Sie brauchen Mut, um Unterstützung und Hilfe zu holen, statt in ihrer eigenen Blase verschlossen zu bleiben. Sie brauchen Mut, um ihren Werten treu zu bleiben. Sie brauchen auch Mut, um ihren eigenen Bedürfnisse nachzukommen."

… sind präsent

"Präsenz ist das Gefühl, das das Kind bekommt, wenn Eltern ihm die Botschaft vermitteln: 'Ich bin deine Mutter/Vater! Ich bin da und ich bleibe da! Du kannst mich nicht entlassen, wegschieben, lähmen oder ignorieren. Du bist mir zu wichtig, damit ich dich aufgebe!' Es ist das Verhalten der Eltern – nicht nur ihre Worte –, das diese Botschaft klar macht. Wenn sie das tun, dann sind sie immer da wie ein Anker in der Tiefe."

… bewahren einen kühlen Kopf

Haim Omer rät zu dem folgenden Leitsatz: "Schmiede das Eisen, wenn es kalt ist!" Das heißt: "Es ist immer besser, nicht sofort zu reagieren, besonders wenn die Eltern verärgert oder provoziert sind. Sie können dann sagen: 'Ich werde meine Reaktion überlegen. Ich komme darauf zurück.' Wenn sie später mit ihrer Entscheidung kommen, zeigen sie dem Kind, dass sie sich erinnern und dass sie Wort halten."

… verfügen über Selbstkontrolle

Ein weiteres Mantra, das Haim Omer Eltern empfiehlt, lautet: "Du kannst das Kind nicht kontrollieren, aber dich selbst schon!" Eine einfache Wahrheit mit großer Wirkung: "Können sie die Gefühle des Kindes kontrollieren? Bestimmt nicht! Können sie die Gedanken des Kindes kontrollieren? Bestimmt nicht. Und auch das Verhalten des Kindes können sie nicht kontrollieren. Vielleicht können sie das Kind zu etwas zwingen, indem sie ihre Macht ausüben – aber die Resultate werden oft höchst problematisch sein. Bezwingen heißt nicht kontrollieren. In dem Moment, in dem sich das Kind unbeobachtet fühlt, wird es tun, was es will, und sehr oft wird das genau den Gegenteil sein, von dem, was die Eltern wollen. Aber die Eltern können sich selbst kontrollieren – oder zumindest daran arbeiten. Ihre Botschaft wird sich entsprechend ändern. Anstatt zu sagen: 'Du machst, was ich sage!' sagen sie jetzt: 'Wir machen, was wir sagen!' Und dadurch wird sich die ganze Beziehung ändern und das Gefühl von einem Tauziehen nachlassen."

… vermeiden Machtkämpfe

Ein dritter Leitspruch lautet: "Du muss nicht gewinnen, nur beharren!" Statt auf schnelle Siege sollten Eltern auf eine dauerhafte, stabile Bindung setzen: "Wenn Eltern versuchen, ihr Kind zu beugen, kann das sehr schädlich sein. Zeigen sie stattdessen, dass sie bereit sind weiterzumachen in ihrer Elternschaft – heute, morgen und nächste Woche –, beweisen sie damit, dass sie gut verankert sind."

… holen sich Unterstützung

"Unterstützung ist ein weiteres Element der Ankerfunktion. Eltern, die allein bleiben, sind schwächer, neigen mehr zu Eskalation, fühlen sich öfters an die Wand gedrängt und sind leicht zu ignorieren. Ein Anker kann sich und das Kind gut stabilisieren, weil es drei Haken hat. Ein Anker mit nur einem Haken – also einem einsamen Elternteil – wird viel weniger stabil sein." Eltern sollten sich daher nicht scheuen, Freunde oder Verwandte ins Boot zu holen, die mit ihnen an einem Strang ziehen.

… folgen ihrem inneren Kompass

"Damit Eltern aus ihrer Verunsicherung herauskommen können, brauchen sie ein klares Ziel, eine leitende Idee, die ihnen als Kompass dient. Vielen Eltern verleiht es Dynamik, wenn sie sich dafür entscheiden, präsent im Leben ihres Kindes zu sein." Wenn Eltern lernen, auf liebende Weise für ihre Kinder da zu sein, haben sie dadurch einen wichtigen Grundsatz, an dem sie sich orientieren können.