
Es gibt die absonderlichsten Gründe, weshalb Kinder einen Wutanfall bekommen haben. Durchgebrochene Bananen, der falsche Löffel, die Kartoffeln liegen nicht an der richtigen Stelle auf dem Teller – die Liste ist schier unendlich. Und was Eltern im Nachhinein gern als locker-flockige Anekdote erzählen, kann in der Situation selbst ziemlich an die Substanz gehen …
Kindliche Wutanfälle verlangen Eltern einiges an Geduld und Nerven ab. Je willensstärker ein Kind, desto heftiger können die emotionalen Ausbrüche ausfallen. Und auch wenn man im Nachhinein oft darüber lachen kann – im ersten Moment ist es eine gewaltige Herausforderung, die Ruhe zu bewahren. Vor allem, wenn man selbst müde oder gestresst ist.
Willensstarke Kinder können kooperativ sein
Willensstärke ist grundsätzlich eine positive Eigenschaft, von der Kinder profitieren können. Schließlich bedeutet es, dass Kinder für sich und ihre Bedürfnisse einstehen können. Entschlossenheit und Durchsetzungsfähigkeit sind Fähigkeiten, die ein Leben lang von Nutzen sind. Eltern hingegen kann ein willensstarkes Kind mitunter an den Rand des Wahnsinns treiben, und viele fragen sich: Wie reagieren wir denn nun richtig auf die Gefühlsstürme?
Nachgeben und doch noch den gelben statt den blauen Becher aus dem Schrank holen? Oder standhaft bleiben und den Wutanfall ertragen?
Die ideale Lösung liegt – wie so oft – in der Mitte. Denn es ist sowohl wichtig, auf die Wünsche des Kindes einzugehen als auch, die eigenen Grenzen zu wahren. Wie das geht? Kompromissbereitschaft ist das Stichwort. Auch willensstarke Kinder können lernen, kooperativ zu sein.
Das Problem besteht oft darin, dass ein Kind etwas will, von dem Eltern wissen, dass es nicht gut für es ist. In diesen Fällen ist es angebracht, dass Eltern die Entscheidung treffen und auch mal nein sagen – und dabei bleiben.
Wünsche und Bedürfnisse in Einklang bringen
Auf der anderen Seite ist es für Kinder ebenso wichtig, sich durchzusetzen und selbst entscheiden zu dürfen.
Für Erwachsene gilt daher: flexibel bleiben und der Situation angemessen zu reagieren.
Zunächst einmal ist dafür entscheidend, Bedürfnisse von Wünschen zu trennen. Die Erfüllung der Grundbedürfnisse nach Nahrung, Aufmerksamkeit, Trost und Zuneigung ist für Kinder von zentraler Bedeutung. Wenn Eltern also das Gefühl haben, dass ihr Kind ein tiefes Bedürfnis hat, sollten sie genau hinschauen. Manchmal sind Wutanfälle nur ein Mittel, um auszudrücken, dass ihnen etwas fehlt oder ein Bedürfnis nicht erfüllt wird.
Geht es nicht um Grundbedürfnisse, dürfen Eltern durchaus auch mal nein sagen. Dabei macht allerdings der Ton die Musik. Wenn Kinder erleben, dass Grenzen freundlich und ohne schimpfen und schreien gesetzt werden, stärkt das ihr Verantwortungsbewusstsein, sie fühlen sich glücklicher und ausgeglichener.
Hilfreich ist es, wenn Eltern ihr "Nein" mit einer Alternative verbinden, wie zum Beispiel:
- "Ich weiß, dass du noch weiterspielen willst UND es ist Zeit, zu gehen. Willst du mir helfen, das Auto aufzuschließen?"
- "Ich weiß, dass du es allein machen willst UND ich habe Angst, dass etwas kaputt geht. Was können wir jetzt machen? Was ist deine Idee?"
Gefühle annehmen und zulassen
Klar, Tränen lassen sich oft nicht vermeiden. Kinder drücken durch Weinen ihre Enttäuschung aus und verarbeiten so ihre Gefühle. Ablenkung ist deshalb fehl am Platz. Besser ist es, die Gefühle des Kinder zu akzeptieren und zuzulassen. So lernt das Gehirn, mit Enttäuschungen umzugehen. Dieser Prozess hilft, die emotionale Regulierung zu entwickeln, und das Kind entwickelt Flexibilität, Belastbarkeit und die Fähigkeit, mit Frust umzugehen.
Für Eltern können diese Machtkämpfe frustrierend sein. Dennoch brauchen Kinder auch in diesen Situation Liebe, Akzeptanz und Einfühlungsvermögen.
Routinen und Ruhe können zusätzlich helfen, kooperativ zu werden. Wenn ein Kind sich beispielsweise morgens ständig weigert, sich für die Kita fertigzumachen, kann es helfen, mehr Zeit in die Morgenroutine einzubauen. Wenn Kinder sich gehetzt fühlen, sinkt ihre Bereitschaft zu kooperieren enorm.
Machtkämpfe entstehen oft dann, wenn Eltern Gehorsam erwarten und ihr Kind nicht in Entscheidung miteinbeziehen. Fühlt sich ein Kind hingegen eingebunden und behält ein gewisses Maß an Kontrolle, ist es viel eher bereit, mitzumachen.
4 Strategien, durch die willensstarke Kinder lernen zu kooperieren:
- Das Kind darf selbst eine Lösung vorschlagen.
"Was ist denn dein Vorschlag?" Fragen Eltern ihre Kinder nach ihren eigenen Ideen, fühlen sie sich gesehen und sind oft viel eher bereit, einen Kompromiss zu finden. Die Wut verraucht meist viel schneller, wenn Kinder in die Lösungsfindung einbezogen werden. - Die Ideen des Kindes werden ernstgenommen.
Klar: Im tiefsten Winter mit Sandalen rauszugehen, ist vielleicht nicht die beste Idee. Dennoch ist es sinnvoll, auch die unrealistischen Vorschläge nicht einfach abzutun, sondern erstmal wertfrei anzuhören, um dann ggf. gemeinsam eine Alternative zu finden. - Fragen stellen statt Befehle erteilen.
In manchen Situationen ist es nötig, dass die Eltern allein entscheiden. Doch in vielen Alltagssituationen ist es möglich und ratsam, Kindern Mitspracherecht zu gewähren. - Positive Sprache.
Der Grundsatz hier lautet: Erklären, was erlaubt ist, statt aufzuzählen, was alles verboten ist.
Wenn Kinder bei Entscheidungen mitreden dürfen, bedeutet das nicht, dass Eltern nachgeben. In vielen Fällen lohnt es sich nicht, mit Kindern über Kleinigkeiten zu streiten. Nur weil sich Eltern darum bemühen, positiv zu sein, heißt das auf der anderen Seite nicht, dass sie jeder Forderung nachgeben müssen, um den Wünschen Ihres Kindes gerecht zu werden. Das wäre weder positiv noch förderlich für die Entwicklung des Kindes. Verhalten sich Eltern jedoch freundlich, großzügig, nachsichtig, hilfsbereit und flexibel, lassen sich dadurch viele Konflikte schnell aus der Welt schaffen. Kinder lernen so, sich ebenfalls besser an Situationen anzupassen. Entscheidend ist, dass keiner der Beteiligten ständig nachgeben muss oder jedes Mal seinen Willen durchsetzt. Ausgewogenheit ist der Schlüssel.
Wenn die Bedürfnisse und Gefühle aller berücksichtigt werden und die Kommunikation wertschätzend und lösungsorientiert abläuft, herrscht zu Hause mit großer Wahrscheinlichkeit deutlich mehr Harmonie. Und so wachsen willensstarke Kinder zu selbstbewussten, gesunden Erwachsenen heran.
Quelle: positiveparenting.com