Umstrittene Erziehungsmethode

Ist die "Stille Treppe" eine sinnvolle Erziehungsmethode?

Die "Stille Treppe" soll trotzenden Kindern die Möglichkeit geben, sich zu beruhigen. Doch wie effektiv ist diese Erziehungsmethode wirklich? Ist sie reine Strafe oder kann sie dem Kind tatsächlich helfen, sein Verhalten zu reflektieren?

Die "Stille Treppe" bezeichnet eine Erziehungsmethode, bei der das Kind als Strafe oder zur Beruhigung für eine gewisse Zeit an einem ruhigen Ort,oftmals auf der Treppe, isoliert wird. Die Idee dahinter ist, dem Kind Zeit zum Nachdenken über sein Verhalten zu geben und ihm gleichzeitig Reize zu entziehen, die es weiter aufregen könnten.

In den letzten Jahren ist die Methode jedoch stark in die Kritik geraten. Auch Kyra, Pädagogin und selber Mama, spricht sich in diesem Gastbeitrag gegen diese Strafe aus. 

Die stille Treppe kann für Kinder psychische Folgen haben

Augenscheinlich haben diese Auszeiten, alias "Geh in dein Zimmer und beruhige dich" oder "der stille Stuhl/die stille Treppe/die stille Ecke" keine körperlichen Folgen. Doch was ist mit den seelischen? Was bedeutet eine solche Strafe fürs Kind wirklich?

Verbannen wir das Kind, in einer Situation der größten Not, in sein Zimmer, wird hier die elementare Angst vor dem Verlassenwerden oder der Trennung der primären Bezugspersonen geschürt. Junge Kinder sind absolut abhängig von ihren Eltern – gerade in Situationen, in denen sie starke Gefühle empfinden. Sie fühlen sich im Stich gelassen, wenn wir sie zu einer Auszeit zwingen.

Wenn sich ein Kind im Streit/einem Wutanfall selberzurückzieht, spricht nichts dagegen. Für manche ist es DIE Strategie, um sich zu regulieren und die eigenen Emotionen zu verarbeiten. Es entscheidet aber selber, wie lange es von den Eltern getrennt sein will – nicht wir!

Auszeiten manipulieren die Kinder

Dieses Verlassen werden, ohne die Möglichkeit zu folgen löst in kleinen Kindern massive Ängste aus. Viele trauen sich nicht, der Mama/dem Papa hinterher zu laufen, aus Angst vor weiteren Sanktionen. "Mit Auszeiten manipulieren Eltern ihre Kinder, indem sie diese Ängste quasi unbewusst ausnutzen!"

Häufig steigern sich Kinder dann erst recht in ihre Wut hinein – bis hin zu einem panischen Zustand. Das wiederum überfordert häufig noch die Eigenregulation des Gehirns. Es kann sein, dass es zunächst wild um sich schlägt, Dinge wirft und kaputt macht. Es versucht Stress abzubauen. Stress, für den es uns bräuchte.

Die stille Treppe ist schlecht fürs Selbstwertgefühl – egal, ob zu Hause oder im Kindergarten

Manche Kinder schalten aber auch einfach ab. Sie geben auf. Sie werden von jetzt auf gleich ruhig, weil das Gehirn abschaltet. Zum Schutz. Meist sind sie ruhig im Zimmer und die Eltern denken, dass die Erziehungsmethode funktioniert hat.

"Kinder, die mit Auszeiten diszipliniert werden, entwickeln in der Regel ein geringeres Selbstwertgefühl – was nicht erstaunlich ist, wenn die elterliche Macht dergestalt verstärkt eingesetzt wird!"

Negative Auswirkungen der "Stillen Treppe"

  • Angst und Scham: Die Isolation kann beim Kind Angst und Schamgefühle hervorrufen, die zu einem gestörten Selbstwertgefühl führen können.
  • Verlust von Vertrauen: Die Maßnahme kann das Vertrauen des Kindes in die Bezugspersonen erschüttern und die Beziehung negativ beeinträchtigen.
  • Fehlendes Lernen: Die "Stille Treppe" fördert nicht das Erlernen konstruktiver Konfliktlösungsstrategien. Das Kind lernt lediglich, seine Gefühle zu unterdrücken, anstatt sie angemessen auszudrücken.
  • Ineffektivität: Studien zeigen, dass die Methode langfristig nicht effektiv ist und das Problemverhalten sogar verstärken kann.

Alternativen zur "Stillen Treppe" 

Es gibt verschiedene alternative Erziehungsmethoden, die sich als effektiver und förderlicher für die Entwicklung des Kindes erwiesen haben. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Ruhiges Gespräch: Ein ruhiges Gespräch mit dem Kind, in dem die Situation besprochen und gemeinsam nach Lösungen gesucht wird.
  • Positive Verstärkung: Die Verstärkung von positivem Verhalten durch Lob und Anerkennung.
  • Time-out in einem sicheren Raum: Wenn das Kind sich nicht beruhigen kann, kann es in einen sicheren Raum gebracht werden, wo es sich abkühlen kann. Der Raum sollte frei von Ablenkungen sein, aber dem Kind ein Gefühl von Sicherheit vermitteln.
  • Konsequenzen: Die Einführung von altersgerechten Konsequenzen, die klar mit dem Fehlverhalten verbunden sind.