Ein kleines Mädchen wird von seiner Mutter auf dem Sofa gekitzelt.© Pexels/Karolina Kaboompics
Beim Kitzeln sollten Eltern immer genau auf die Signale ihrer Kinder achten.

Im ersten Moment klingt es seltsam, dass man kleine Kinder nicht kitzeln sollte – schließlich ist es ein lustiges Spiel, bei dem viel gelacht wird. Das Problem ist, dass häufig Grenzen überschritten werden, die vor lauter Lachen falsch gedeutet werden. Und dann kann so eine Kitzelattacke richtig gemein sein – nicht umsonst wurde Kitzeln im Mittelalter sogar als Foltermethode eingesetzt. 

Warum man Kinder nicht (zu doll) kitzeln sollte ...

Kitzelt man Kinder ohne Unterbrechung, kann es passieren, dass sie vor lauter Aufregung keine Luft mehr bekommen. Sie können aber nicht sagen, dass etwas nicht stimmt beziehungsweise dass der Kitzelnde aufhören soll. Und selbst wenn sie ein "Stopp" hervorbringen, wird das Gegenüber im Zweifelsfall nicht reagieren. Das liegt daran, dass wir Lachen mit Spaß gleichsetzen. Wenn ein Kind beim Durchkitzeln aber lacht, heißt das nicht zwangsläufig, dass es dabei auch Spaß empfindet. Jedenfalls nicht, wenn es das Gefühl hat, völlig unterlegen zu sein und dieser Situation nicht entkommen zu können. 

So wird aus einem vermeintlich lustigen Spiel schnell ein übergriffiges Kitzeln. Eltern sollten also immer daran denken, dass ein "Stopp" auch genau das heißt: "Hör auf!" Anderenfalls sendet man Kindern das Signal, dass man ihre Grenzen nicht respektiert. Und ausnutzt, dass man ihnen körperlich überlegen ist. Kinder fühlen sich dabei machtlos, was sie wütend oder auch ängstlich machen kann. Im schlimmsten Fall kann es dann sogar passieren, dass Kinder Angst vorm Kitzeln entwickeln und das Durchkitzeln als Schmerz empfinden. 

Ein weiterer Grund, warum man gerade sehr kleine Kinder nicht zu doll kitzeln sollte: Wenn sie sich winden, kann es passieren, dass sie sich den Kopf stoßen oder vom Sofa fallen, da sie ihre Umgebung nicht klar wahrnehmen können. Und das möchte man mit einer Kitzelattacke ja nun wirklich nicht erreichen! 

Kinder kitzeln als liebevolle Berührung

Natürlich muss aufs Kitzeln nicht gänzlich verzichtet werden. Es gibt viele Kinder, die sogar lautstark einfordern: "Papa, kitzel mich!" Es ist nur wichtig, dass das Spiel beiden Seiten Spaß macht und dass Grenzen gewahrt werden.

Behutsam, liebevoll und einfühlsam kitzeln: Ja!
Festhalten, durchkitzeln und ein "Stopp" ignorieren: Nein!

Warum darf man Babys nicht kitzeln? 

Kitzeln ist ein komplexer Vorgang. Wissenschaftler gehen davon aus, dass Babys unter sechs Monaten Berührungen auf ihrer Haut nicht der Außenwelt zuordnen können. Sprich der Berührungssinn ist noch nicht mit dem Sehen, Hören und Riechen verknüpft. Wenn das Baby nun also gekitzelt wird, kann es den Reiz von außen nicht zuordnen. Es versucht dem seltsamen Gefühl auszuweichen, indem es reflexartig seine Beinchen nah an den Körper zieht. Was für Eltern süß aussehen mag, ist nichts anderes als eine Schutzhaltung des Babys. 

Warum soll man Babys nicht an den Füßen kitzeln? 

Mit etwa sechs Monaten fangen Babys an, auf Kitzeln mit einem Lächeln zu reagieren. Sie können allmählich zuordnen, dass die Berührungen, die sie spüren, von Mama oder Papa ausgehen. Wenn Eltern sich nun aber nah über das Baby beugen und dabei die Füße kitzeln, kann das Baby nicht sehen, woher der Reiz kommt. Besser ist es daher, dem Baby ganz bewusst die Hände zu zeigen und beispielsweise den Bauch ein bisschen zu kitzeln. So kann man dem Kleinen helfen, die Berührung zuzuordnen. Natürlich dürfen auch die Füße gekitzelt werden – am besten genau auf diese Art. Blickkontakt mit dem Baby aufnehmen und dann ganz bewusst zeigen, wie die Finger die Füßchen berühren. So kann das Kitzeln zu einer liebevollen Interaktion werden. Eltern sollten dennoch im Hinterkopf behalten, dass Babys sich noch nicht wehren oder sagen können, wenn sie etwas unangenehm finden. Das Kitzeln sollte also nicht übertrieben werden und immer ganz behutsam ausfallen.