Beim Kitzeln sollten Eltern immer genau auf die Signale ihrer Kinder achten.© Foto: Getty Images/Westend61
Beim Kitzeln sollten Eltern immer genau auf die Signale ihrer Kinder achten.

Im ersten Moment klingt es seltsam, dass man kleine Kinder nicht kitzeln sollte – schließlich ist es ein lustiges Spiel, bei dem viel gelacht wird. Das Problem ist, dass häufig Grenzen überschritten werden, die vor lauter Lachen falsch gedeutet werden. Und dann kann so eine Kitzelattacke richtig gemein sein – nicht umsonst wurde Kitzeln im Mittelalter sogar als Foltermethode eingesetzt. 

Übergriffiges Kitzeln: "Stopp" heißt "Stopp"

Kitzelt man Kinder ohne Unterbrechung, kann es passieren, dass sie vor lauter Aufregung keine Luft mehr bekommen. Sie können aber nicht sagen, dass etwas nicht stimmt beziehungsweise dass der Kitzelnde aufhören soll. Und selbst wenn sie ein "Stopp" hervorbringen, wird das Gegenüber im Zweifelsfall nicht reagieren. Das liegt daran, dass wir Lachen mit Spaß gleichsetzen. Wenn ein Kind beim Durchkitzeln aber lacht, heißt das nicht zwangsläufig, dass es dabei auch Spaß empfindet. Jedenfalls nicht, wenn es das Gefühl hat, völlig unterlegen zu sein und dieser Situation nicht entkommen zu können. 

So wird aus einem vermeintlich lustigen Spiel schnell ein übergriffiges Kitzeln. Eltern sollten also immer daran denken, dass ein "Stopp" auch genau das heißt: "Hör auf!" Anderenfalls sendet man Kindern das Signal, dass man ihre Grenzen nicht respektiert. Und ausnutzt, dass man ihnen körperlich überlegen ist. Kinder fühlen sich dabei machtlos, was sie wütend oder auch ängstlich machen kann. Im schlimmsten Fall kann es dann sogar passieren, dass Kinder Angst vorm Kitzeln entwickeln und das Durchkitzeln als Schmerz empfinden. 

Ein weiterer Grund, warum man gerade sehr kleine Kinder nicht zu doll kitzeln sollte: Wenn sie sich winden, kann es passieren, dass sie sich den Kopf stoßen oder vom Sofa fallen, da sie ihre Umgebung nicht klar wahrnehmen können. Und das möchte man mit einer Kitzelattacke ja nun wirklich nicht erreichen! 

Babys bitte nicht unter den Füßen kitzeln!

Bei Babys ist besondere Vorsicht geboten, da sie sich nicht wehren und vor allem noch nicht klar ausdrücken können. Vielen Eltern macht es aber Spaß zu schauen, ob der Nachwuchs an den Füßen kitzelig ist. Ab etwa sechs Monaten erhält man ein erstes Lächeln als Antwort aufs Kitzeln. 

Das Gemeine: Babys können den Reiz von außen nicht einordnen. Sie versuchen, dem seltsamen Gefühl auszuweichen und ziehen reflexartig – als Schutzhaltung – ihre Beinchen an. Selbst wenn das Baby dabei gluckst und lacht, sollten Eltern immer im Hinterkopf haben, dass das Kitzeln trotzdem unangenehm sein. Der verbreitete Mythos, dass Babys vom Kitzeln später mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit anfangen zu stottern, ist medizinisch übrigens nicht belegt.

Kinder kitzeln als liebevolle Berührung

Natürlich muss aufs Kitzeln nicht gänzlich verzichtet werden. Es gibt viele Kinder, die sogar lautstark einfordern: "Papa, kitzel mich!" Es ist nur wichtig, dass das Spiel beiden Seiten Spaß macht und dass Grenzen gewahrt werden.

Behutsam, liebevoll und einfühlsam kitzeln: Ja!

Festhalten, durchkitzeln und ein "Stopp" ignorieren: Nein!

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